Entscheidungsstichwort (Thema)
Beteiligung eines Kapitalanlegers an einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft: Schadensersatzes wegen eines vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens; Pflicht zur Aufklärung über Innenprovisionen; Haftung des Gründungsgesellschafters für Aufklärungsmängel des mit den Beitrittsverhandlungen beauftragten Vertriebsunternehmens; fristlose Kündigung
Normenkette
BGB §§ 278, 399, 717 S. 1
Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 08.05.2013) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin und des Drittwiderbeklagten wird das am 8.5.2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des LG Potsdam teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten, die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Beklagten sowie die Hälfte der Gerichtskosten zu tragen. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Drittwiderbeklagten, die Hälfte ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten sowie die Hälfte der Gerichtskosten zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche in Zusammenhang mit dem Beitritt des Drittwiderbeklagten zur Beklagten. Die Beklagte warb für die Investition in gewerblich genutzte Immobilien (im Logistikbereich) stille Gesellschafter ein.
Der Drittwiderbeklagte zeichnete am 29.11.2005 seinen Beitritt als stiller Gesellschafter der Beklagten und zwar in der Beteiligungsform "C." mit einer Einmaleinlage von 50.000 EUR zzgl. 3.000 EUR Agio sowie der Beteiligungsform "S." mit einer Rateneinlage von 102.000 EUR zzgl. eines Agios i.H.v. 6.120 EUR (Bl. 21).
Die Beteiligung vermittelte die selbständige Vermittlerin B. K., die für die A. A... GmbH (A.) tätig war. Die A. übernahm auf der Grundlage eines Rahmenvertrages mit der R. AG die Vermittlung atypischer stiller Gesellschafter an die Beklagte.
Die Beitrittserklärung enthielt folgenden Hinweis:
"Hinweis der G. AG: Bei diesem Angebot zur Beteiligung als atypisch stiller Gesellschafter an der G. AG handelt es sich nicht um eine sog. mündelsichere Kapitalanlage, sondern um eine unternehmerische Beteiligung. Daher ist für die zutreffende Beurteilung die Beachtung des im Emissionsprospekt abgedruckten Kapitels "Wesentliche tatsächliche und rechtliche Risiken" (Seite 12 bis 16) von wesentlicher Bedeutung."
Ferner unterzeichnete der Drittwiderbeklagte folgende Erklärung:
"Ich bestätige, dass mein nachfolgender Beitritt vorbehaltlos und ausschließlich aufgrund der Darstellungen im Prospekt und der im Prospekt enthaltenen Verträge sowie dieser Beitrittserklärung erfolgt und mir keine hiervon abweichenden oder darüber hinausgehenden Erklärungen oder Zusicherungen gegeben worden sind.
Ich, der/die Unterzeichnende, beteilige mich hiermit als atypischer stiller Gesellschafter an der G. AG. für meine Beteiligung gilt der auf den Seiten 112 bis 122 abgedruckte atypische stille Gesellschaftsvertrag."
Streitig ist, wann der Drittwiderbeklagte den Emissionsprospekt der Beklagten erhalten hat, ob bei der Zeichnung, so die Klägerin, oder bereits zuvor.
Insgesamt zahlte der Drittwiderbeklagte EUR 107.400 an die Beklagte und erhielt Ausschüttungen von EUR 9.041,67. In Höhe der Differenz von EUR 98.358,33 beanspruchte er mit Schreiben vom 13.6.2012 Schadensersatz und forderte die Beklagte zur Zahlung bis zum 27.6.2012 auf (Bl. 26).
Am 12.7.2012 trat er sodann "sämtliche Schadensersatzansprüche, die ihm gegen die G. AG im Zusammenhang mit den Beteiligungen ... vom 29.11.2005 ... zustehen" an die Klägerin ab und erklärte: "Der Zedent berühmt sich aufgrund der erfolgten Abtretung keinerlei Ansprüche mehr aus den oben bezeichneten Beteiligungen gegen die G. AG." (Bl. 20). In zweiter Instanz trat er am 2.6.2014 ein weiteres Mal "sämtliche Schadensersatzansprüche, die ihm gegen die G. AG im Zusammenhang mit den Beteiligungen ... vom 29.11.2005 ... zustehen, insbesondere solche auf Ermittlung des Abfindungsguthabens der vorbenannten Beteiligung, aber auch solche auf Schadenersatz ab" (Bl. 569).
Die Klägerin beansprucht im Wege des Schadensersatzes die Rückgängigmachung des Beitritts des Drittwiderbeklagten durch Zahlung von EUR 98.358,33 gegen Abtretung der stillen Beteiligung, die Freistellung von weiteren Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Beklagten, entgangenen Gewinn von 3 % p. a., insgesamt EUR 10.326,30, sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten von EUR 2.440,69. Sie macht ausdrücklich keine Ansprüche aus Prospekthaftung geltend.
Sie behauptet, der Drittwiderbeklagte sei bei der Zeichnung seiner Beteiligung als atypischer stiller Gesellschafter durch die Vermittlerin lediglic...