Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung der Feuerwehr für bei Schneeabschlagen beschädigte Reklame
Normenkette
GG Art. 34; BGB § 839 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 10.11.2010; Aktenzeichen 4 O 84/10) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Potsdam vom 10.11.2010 - 4 O 84/10, abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 628 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 1.5.2010 und weitere 101,40 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit 8.7.2010 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin wendet sich gegen die Abweisung ihrer Klage auf Schadensersatz nach einem Feuerwehreinsatz.
Die Klägerin ist Eigentümerin des in der ... Straße ... in P. gelegenen Geschäftshauses. Sie betreibt dort im Erdgeschoss ein Ladengeschäft. Über den Schaufernstern befindet sich eine Leuchtreklame mit ihrem Namenszug. Zu Jahresbeginn 2010 hatte sich aufgrund starken Schneefalls auf dem Dach des Hauses ein verharschtes Schneebrett gebildet, das sich aufgrund der Witterungsverhältnisse am 11.1.2010 ca. 30 cm über den äußeren Rand der Dachtraufe geschoben hatte. Die Klägerin befürchtete, dass das Schneebrett sich ablösen und - möglicherweise erst zu einem späteren Zeitpunkt - herabstürzen könnte. Sie rief die Feuerwehr, die den Fußgängerweg absperrte und eine Drehleiter mit einem Arbeitskorb vor dem Schneebrett in Stellung brachte. Der in dem Arbeitskorb stehende Feuerwehrmann, der Zeuge Ko ..., schlug mit einer langen Stange oder Schaufel von oben auf das Schneebrett, das sich löste und in Teilen herabfiel. In zeitlichem Zusammenhang hierzu fielen Schneeteile auf die Leuchtreklame der Klägerin, die vor der Gebäudewand angebracht ist, und beschädigten diese so, dass der Buchstabe "m" entzweibrach. Für die Reparatur dieses Schadens soll ein Aufwand von 628 EUR netto erforderlich sein. Die Klägerin verlangte von der Beklagten vergeblich den Ersatz der geforderten Reparaturkosten. Die Beklagte stellte der Klägerin den Feuerwehreinsatz nicht in Rechnung, nachdem sie wegen der Ende Dezember 2009 bis Januar 2010 herrschenden Witterungsverhältnisse festgelegt hatte, nur solche Einsätze durchzuführen, bei denen Gefahr im Verzug sei und diese dann nicht kostenpflichtig zu machen.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von 628 EUR nebst Zinsen als Schadensersatz sowie weitere 101,40 EUR nebst Zinsen an vorgerichtlichen Anwaltskosten.
Die Klägerin meint, die Feuerwehrleute hätten beim Entfernen des Schneebretts vorwerfbar ihre Leuchtreklame beschädigt. Die eingesetzten Feuerwehrleute hätten das überstehende Schneebrett so vorsichtig ablösen müssen, dass ein Herabfallen von Schneebrocken auf die Leuchtschrift vermieden worden wäre. Dafür hätten sie mit dem Arbeitskorb auch bis direkt unter das Schneebrett fahren können, so dass der Schnee in den Korb gefallen wäre. Wenn überhaupt, hätte auf das Schneebrett nur von unten geschlagen werden dürfen, damit es senkrecht zu Boden fällt. Jedenfalls hätte sie auf die Gefahr hingewiesen werden müssen, da sie sonst einen Dachdeckerbetrieb beauftragt hätte. Sie behauptet, das die Leuchtreklame zerschlagende Schneebrett habe sich gelöst, als der Mitarbeiter der Feuerwehr mit einer Eisenstange von oben schräg in Richtung der Leuchtreklame grob daraufgeschlagen habe.
Die Beklagte dagegen behauptet, dass der Schneebrocken, der den Leuchtbuchstaben zerschlagen habe, in keiner Weise von dem Feuerwehrmann berührt worden sei, sondern sich etwa 1 m jenseits seines Arbeitsfeldes, als er dabei war, die gefrorenen Massen nach und nach abzutragen, von alleine gelöst habe.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass eine Amtspflichtverletzung gem. § 839 BGB, Art. 34 GG nicht vorliege. Die Haftung sei zudem analog § 680 BGB auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Eine solche Pflichtwidrigkeit aber sei den Feuerwehrleuten, die beim Abschlagen auch die Eigensicherung hätten beachten müssen, nicht vorzuwerfen.
Mit der Berufung rügt die Klägerin, ihr Beweisantritt zu der Frage, ob sich das Schneebrett von selber gelöst habe oder aber durch das Schlagen des Feuerwehrmanns auf die Leuchtreklame gefallen sei, sei vom LG übergangen worden. Auch habe angesichts der Witterungsverhältnisse von konstant minus 15 Grad gerade keine Gefahr im Verzug vorgelegen, die das LG für die Haftungsprivilegierung unterstellt. Sie trägt unwidersprochen vor, die Beklagte habe aufgrund einer Vielzahl derartiger Feuerwehreinsätze im fraglichen Zeitraum eine Verwaltungsanweisung herausgegeben, wonach auf die Einforderung von Kosten auch dann verzichtet wurde, wenn keine Gefahr im Verzug vorlag. Die vom LG angenommene Eigengefährdung sei von keiner Partei vorgetragen gewesen, es handele sich insoweit um eine Überraschungsen...