Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Behandlung von Entschädigungsversprechen, die im Zusammenhang mit Enteignungen auf besatzungshoheitlicher oder besatzungsrechtlicher Grundlage in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands (SBZ) gegeben worden sind, sowie deren Einordnung im Regelungssystem des Rechts der offenen Vermögensfragen nach der Herstellung der Deutschen Einheit.
I.
1. Die Beschwerdeführerin ist Rechtsnachfolgerin der R. AG. Deren in Berlin (Ost) belegenes Vermögen wurde durch die vom Magistrat von Groß-Berlin erlassene Konzernverordnung vom 10. Mai 1949 enteignet und in Volkseigentum überführt. Die Verordnung diente der Umgestaltung der Eigentumsverhältnisse an Banken und Versicherungen im Sowjetischen Sektor von Berlin und beruhte auf einem Gesetzentwurf, der im Jahr 1947 noch am Widerspruch der Alliierten Kommandantur gescheitert war. In dem betreffenden Magistratsbeschluss heißt es:
„Eine Enteignung kann nur zum Wohle der Allgemeinheit und nur auf gesetzlicher Grundlage vorgenommen werden. Sie erfolgt gegen eine angemessene Entschädigung, soweit nicht das Gesetz etwas anderes bestimmt.”
§ 4 der Konzernverordnung lautet:
„Kriegsverbrecher und Naziaktivisten (…) erhalten keine Entschädigung. Art und Höhe der Entschädigung in den übrigen Fällen werden vom Magistrat von Groß-Berlin nach Recht und Billigkeit festgesetzt. Der Entschädigungsanspruch ruht bis zur gesamtdeutschen Regelung des inneren Lastenausgleichs.”
2. Der Gesetzgeber hatte im Zuge der Herstellung der Deutschen Einheit die rechtliche Behandlung derjenigen Entschädigungsansprüche zunächst noch nicht geregelt, die die DDR im Falle von Enteignungen zwar vorgesehen, aber nicht erfüllt hatte. Die hierfür maßgeblichen Grundsätze sind zuerst von der Rechtsprechung entwickelt worden. Sie knüpfen im Wesentlichen an die Regelung des § 1 Abs. 1 Buchstabe a VermG und die Vermögenszuordnungsvorschriften des Einigungsvertrages sowie die dazu ergangenen gesetzlichen Bestimmungen an. Ausgangspunkt war dort die Erwägung, dass Restitutionsansprüche nur dann gegeben sein sollten, wenn eine Enteignung entschädigungslos erfolgt war. Die Annahme einer solchen entschädigungslosen Enteignung (im Sinne des § 1 Abs. 1 Buchstabe a VermG) wird nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dadurch ausgeschlossen, dass nach der Rechtsordnung der DDR Entschädigungsansprüche bestanden; dies wiederum ist unabhängig davon, ob diese Ansprüche (zutreffend) festgesetzt oder dem Betroffenen tatsächlich zugeflossen sind (vgl. BVerwGE 95, 284 ≪286 f.≫). Als Kehrseite dieser normativen Betrachtungsweise hat die Rechtsprechung der Fachgerichte indessen auch anerkannt, dass ein restitutionsschädlicher, „steckengebliebener” Anspruch auf Erfüllung einer normativen Entschädigungszusage mit dem Beitritt der DDR nicht untergegangen, sondern als zugehörige Verbindlichkeit von demjenigen Verwaltungsträger zu erfüllen ist, dem der enteignete Vermögenswert nach den dafür maßgeblichen Vorschriften zugeordnet wurde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. Juli 1999 – BVerwG 7 B 2/99 –, NJW 1999, S. 3354 ≪3355≫; Beschluss vom 9. Mai 2005 – BVerwG 7 B 144/04 –, juris; BGHZ 145, 145 ≪146 ff.≫; Neuhaus, in: Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, VermG § 1 Rn. 45 f.). Gesetzlich geregelt wurde die Behandlung in der früheren DDR unerledigt gebliebener („steckengebliebener”) Entschädigungsansprüche und -verfahren erst durch das DDR-Entschädigungserfüllungsgesetz aus dem Jahr 2003. Der Gesetzgeber hat darin in materiell-rechtlicher Hinsicht bewusst und ausdrücklich an die erwähnte Rechtsprechung angeknüpft (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, BTDrucks 15/1180, S. 4, 16).
Das Gesetz gilt auch für Entschädigungen bei Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage. § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG ordnet an:
„Dieses Gesetz ist entsprechend auf Entschädigungen anzuwenden, die im Beitrittsgebiet bei Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage vorgesehen waren.”
3. Die von der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin beantragte Restitution eines Grundstücks in Berlin-Weißensee, das vor der Enteignung im Eigentum der R. AG stand, wurde wegen des Restitutionsausschlusses bei besatzungshoheitlichen und besatzungsrechtlichen Enteignungen (§ 1 Abs. 8 Buchstabe a VermG) abgelehnt. Der Antrag auf Gewährung von Ausgleichsleistungen blieb ebenfalls erfolglos, da diese nur natürlichen Personen zustehen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AusglLeistG).
Daraufhin beantragte die Beschwerdeführerin im Juni 2004 die Gewährung von Entschädigung nach dem DDR-Entschädigungserfüllungsgesetz. Auch diesen Antrag lehnte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg.
4. Die Beschwerdeführerin erhob Klage, die das Verwaltungsgericht abwies. Ein Anspruch aus § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG sei nicht gegeben, da in § 4 der Konzernverordnung vom 10. Mai 1949 keine Enteignungsentschädigung im Sinne dieser Vorschrift des DDR-Entschädigungserfüllungsgesetzes „vorgesehen” gewesen sei. Schon dem Wortlaut nach sei dies nicht der Fall, weil die Entschädigung nach Art und Höhe völlig unbestimmt gewesen sei und zugleich bis zu einer gesamtdeutschen Regelung habe ruhen sollen. Dies habe bedeutet, dass in absehbarer Zeit keine Entschädigung zu erwarten gewesen sei. Es habe sich um einen bloßen Programmsatz gehandelt. Gesetzgebungsgeschichte und systematische Gründe bestätigten, dass der Fall nicht von § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG erfasst werde. Der Gesetzgeber habe bei dessen Erlass im Jahr 2003 eine langjährige Rechtsprechungs- und Gesetzgebungsentwicklung vorgefunden und lediglich Lücken füllen, aber keine neuen Ansprüche begründen wollen. Hinsichtlich der Enteignungen in der Besatzungszeit habe ein geschlossenes Regelwerk bestanden, nach dem auch entschädigungslose Enteignungen nicht rückgängig gemacht werden, aber natürliche Personen insoweit Wiedergutmachung in Form von Ausgleichsleistungen hätten erhalten sollen. Bereits bei Erlass des Ausgleichsleistungsgesetzes sei bekannt gewesen, dass in einigen Fällen Enteignungen in der Besatzungszeit durch konkrete Entschädigungsregelungen ergänzt worden seien. Diese habe der Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialen beim Erlass des DDR-Entschädigungserfüllungsgesetzes benannt. Die Enteignungen auf Grund der Konzernverordnung fielen nicht darunter. Auch eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung liege nicht vor. Sie ergebe sich nicht daraus, dass § 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG den Anwendungsbereich des Gesetzes auf ausländische Gesellschafter enteigneter Unternehmensträger erstrecke, obwohl deren Entschädigung zunächst zwar gleichfalls zugesagt, aber durch die DDR nie abschließend geregelt, sondern einer völkervertraglichen Regelung vorbehalten worden sei. Beide Fallgestaltungen unterschieden sich dadurch, dass es einerseits um enteignetes Unternehmensvermögen und andererseits um unter besonderen Schutz gestellte Unternehmensbeteiligungen gehe.
5. Das Bundesverwaltungsgericht wies den Antrag der Beschwerdeführerin auf Zulassung der Revision zurück. Mit der Vorschrift des § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG solle eine zuvor nicht befriedigend geregelte Schutzlücke geschlossen werden. Die dort vorgesehene Rechtsfolge könne nur ausgelöst werden, wenn ein bestehender gesetzlicher Entschädigungsanspruch nicht erfüllt worden sei. Eine solche Schutzlücke liege dann nicht vor, wenn – wie im vorliegenden Verfahren – eine Enteignung auf besatzungshoheitlicher Grundlage erfolgt sei und kein Anhalt dafür ersichtlich sei, dass deutsche Stellen in der Besatzungszeit oder später DDR-Behörden mittels normativer Entschädigungsregeln eine Entschädigung belegbar beabsichtigt oder eine solche konkret begonnen hätten. Nur bei Erfüllung dieser Voraussetzungen sei ein Entschädigungsverfahren vor dem Beitritt der DDR „steckengeblieben” und daher vom vereinigungsbedingten Recht zu vollenden. Für die Fälle der Enteignung durch die Konzernverordnung vom 10. Mai 1949 gebe es eine hinreichende vermögensrechtliche Folgenbewältigung: Entweder sei eine Restitution möglich, weil der besatzungshoheitliche Zurechnungszusammenhang im Einzelfall unterbrochen worden sei, oder diese sei ausgeschlossen und der Betroffene sei auf die Geltendmachung von Ausgleichsleistungen beschränkt. Eine Lücke bestehe nur in den Fällen, in denen deutsche Stellen schon in der damaligen SBZ oder Behörden der DDR Enteignungen als problematisch und deswegen normativ als entschädigungsbedürftig bewertet hätten. Dass es solche Fälle auch bei den besatzungshoheitlichen Enteignungen gegeben habe, sei dem Gesetzgeber bekannt gewesen und gelte gerade auch für ausländische Beteiligungen an enteigneten Unternehmen. Es sei verfehlt, solche Enteignungen als entschädigungslos im Sinne des § 1 Abs. 1 Buchstabe a VermG zu betrachten. Für die Fälle des § 4 der Konzernverordnung sei nicht ersichtlich, dass dieses äußerst unbestimmte, ruhende Entschädigungsversprechen normativ oder in der Verwaltungspraxis in der Weise umgesetzt worden wäre, dass Entschädigungsbegehren zumindest als bescheidungsfähig entgegengenommen worden seien.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerdeführerin hat fristgerecht Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie rügt eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 14 und Art. 3 Abs. 1 GG.
1. Ihr Eigentumsgrundrecht (Art. 14 GG) sei verletzt, weil der in § 4 der Konzernverordnung vom 10. Mai 1949 zugesprochene Entschädigungsanspruch eine Rechtsposition sei, die von der gesamtdeutschen Rechtsordnung beachtet werden müsse; diese sei über den Einigungsvertrag und Art. 143 GG Bestandteil der gesamtdeutschen Rechtsordnung geworden. Die Auslegung des § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG durch das Bundesverwaltungsgericht führe zu einer entschädigungslosen Enteignung dieses Anspruchs. Deshalb sei die Vorschrift entweder verfassungswidrig oder verfassungskonform dahin auszulegen, dass der hier in Rede stehende Entschädigungsanspruch entweder durch § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG erfasst oder durch diese Bestimmung jedenfalls nicht ausgeschlossen werde, der Gesetzgeber dann aber verpflichtet sei, Regelungen für seine Erfüllung zu treffen.
Die Entschädigungsregelung in § 4 der Konzernverordnung sei der Überprüfung durch deutsche Gerichte entzogen; denn diese sei Teil der besatzungshoheitlichen Industriereform, deren Legitimität nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht in Frage gestellt werden dürfe. Unterstelle man aber der damaligen sowjetischen Besatzungsmacht, eine von ihr zu verantwortende Regelung (gemeint: die in § 4 der Konzernverordnung erwähnte Entschädigung) sei nicht ernst gemeint gewesen, impliziere dies einen Unrechtsvorwurf. An dem Entschädigungswillen der sowjetischen Besatzungsmacht ändere sich auch nichts dadurch, dass die Erfüllung des Entschädigungsanspruchs verschoben und einer gesamtdeutschen Regelung überlassen worden sei. Im Übrigen verlange § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG nicht, dass den Entschädigungsanspruch konkretisierende Vorschriften hätten erlassen sein müssen. Der Gesetzgeber habe sich von der Erkenntnis leiten lassen, dass es bei Enteignungen in der SBZ nur allgemeine Entschädigungszusagen gegeben habe, die rechtlich noch nicht durchsetzbar gewesen seien. Dass dies für die Anspruchsentstehung habe genügen sollen und nicht ein vollständiges, anwendbares Entschädigungsregime verlangt sei, habe er dadurch zum Ausdruck gebracht, dass es nach dem Wortlaut der Vorschrift ausreichend sei, wenn eine Entschädigung „vorgesehen” gewesen sei. Schließlich schaffe auch § 1 Abs. 3 DDR-EErfG für Fälle eines in der DDR nicht festgesetzten Entschädigungsanspruchs überhaupt erst eine Grundlage für eine Berechnung der Höhe eines solchen Anspruchs. Dies zeige auch die Regelung über freigestellte Ansprüche von Ausländern in § 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG, bei denen es gleichfalls nur unbestimmte Entschädigungszusagen gegeben habe, ohne dass insbesondere Regelungen zur Entschädigungshöhe bestanden hätten. Das Gesetz müsse deshalb auch auf unvollständige Anspruchsgrundlagen wie § 4 der Konzernverordnung anwendbar sein. Zumindest liege hier eine seinerzeit als problematisch eingestufte Enteignung vor, für die es auch ein Entschädigungsbedürfnis gebe. Die gegenteilige Auffassung der Verwaltungsgerichte überschreite den zulässigen Rahmen richterlicher Rechtsfortbildung.
2. Die Nichtanwendung des DDR-Entschädigungserfüllungsgesetzes auf die Konzernverordnung durch die Verwaltungsgerichte verletze zudem den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Die Verwaltungsgerichte wollten die Anwendung des Gesetzes auf die in den Gesetzesmaterialien benannten Beispielsfälle detaillierter Entschädigungsregeln beschränken und damit gleichgelagerte Fälle von vornherein ausschließen. Auch in jenen Beispielsfällen habe es, etwa bei der Enteignung von Bergwerken, in den betreffenden besatzungsrechtlichen oder besatzungshoheitlichen Vorschriften nur allgemeine Entschädigungsversprechen gegeben. Außerdem gingen die Gerichte davon aus, dass juristische Personen grundsätzlich vom Anwendungsbereich des DDR-Entschädigungserfüllungsgesetzes ausgeschlossen seien. Zudem würden besatzungshoheitliche oder besatzungsrechtliche Enteignungen in der SBZ, bei denen grundsätzlich nur allgemeine Entschädigungszusagen gegeben worden seien, schlechter behandelt als spätere Enteignungen nach Gründung der DDR. Schließlich würden auch natürliche Personen ungleich behandelt, die trotz vergleichbarer Enteignungssachverhalte statt der nach § 1 Abs. 3 DDR-EErfG berechneten Entschädigung auf die sehr viel ungünstigeren Ausgleichsleistungen verwiesen würden, wenn das Gesetz nicht auf alle Entschädigungsversprechen im Zusammenhang mit besatzungshoheitlichen Enteignungen Anwendung finde.
III.
Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung liegen nicht vor (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde wirft keine Frage von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung auf (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG), die sich nicht ohne weiteres aus dem Grundgesetz und anhand der bisherigen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung beantworten ließe (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24 f.≫). Auch ist ihre Annahme nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Grundrechte der Beschwerdeführerin angezeigt (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).
1. Die Auslegung und Anwendung des § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG durch die Verwaltungsgerichte verletzen die Beschwerdeführerin nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 14 GG. Schon der Schutzbereich ist nicht berührt, da das in Rede stehende Enteignungsentschädigungsversprechen aus § 4 der Konzernverordnung vom 10. Mai 1949 keine grundrechtlich geschützte Eigentumsposition ist.
Durch Recht der DDR oder durch besatzungshoheitliche wie besatzungsrechtliche Regelungen begründete Ansprüche unterfallen nur dann dem Schutz des Art. 14 GG, wenn sie als schutzfähige Position Bestandteil der gesamtdeutschen Rechtsordnung geworden sind (vgl. BVerfGE 91, 294 ≪307 f.≫; 126, 331 ≪358 f.≫). Dies ist bei der in § 4 der Konzernverordnung bezeichneten Entschädigung nicht der Fall.
a) Ein Anspruch auf Erfüllung einer besatzungsrechtlichen oder besatzungshoheitlichen oder nach dem Recht der DDR ergangenen Entschädigungszusage wird durch Art. 14 GG allenfalls in dem Umfang geschützt, der sich aus dem DDR-Entschädigungserfüllungsgesetz ergibt (vgl. zum eigentumsrechtlichen Schutz von Restitutionsansprüchen nach dem Vermögensgesetz BVerfGE 95, 48 ≪58≫). Die Frage, ob im Einzelfall eine Rechtsposition entstanden ist, die dem Eigentumsgrundrecht unterfallen kann, ist also zunächst einfachrechtlicher Natur. Ihre Beantwortung ist, da damit nicht der Fortbestand des betreffenden Rechts angesprochen ist, nicht an Art. 14 GG selbst, sondern grundsätzlich nur an Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Bedeutung als Willkürverbot zu messen (vgl. BVerfGE 97, 89 ≪98 f.≫; BVerfGK 16, 207 ≪228≫). Die Annahme der Verwaltungsgerichte, bei der hier in Rede stehenden Entschädigung aus § 4 der Konzernverordnung handele es sich nicht um eine in die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland überführte Entschädigungszusage im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG, ist nicht unhaltbar in dem Sinne, dass sie unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar wäre (vgl. zum Maßstab BVerfGE 83, 82 ≪84≫; stRspr).
b) Die Auslegung und Anwendung des § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG im vorliegenden Fall durch die Verwaltungsgerichte ist vielmehr nachvollziehbar und in sich folgerichtig. Diese stellen darauf ab, ob angesichts normativer Entschädigungsregeln eine Entschädigung belegbar beabsichtigt war oder eine solche sogar konkret begonnen hatte. Sie verneinen dies bei äußerst unbestimmten, ruhenden Entschädigungsversprechen, die nicht weiter normativ konkretisiert und auch in der Verwaltungspraxis nicht ins Werk gesetzt worden sind. Eine noch zu erfüllende Entschädigungszusage nach DDR- oder Besatzungsrecht im Sinne des DDR-Entschädigungserfüllungsgesetzes liegt damit umgekehrt dann vor, wenn sich diese derart verdichtet hatte, dass es – wie es das Bundesverwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung formuliert – verfehlt wäre, die ihr zugrundeliegende Enteignung als entschädigungslos im Sinne des § 1 Abs. 1 Buchstabe a VermG anzusehen.
aa) Diese Sichtweise berücksichtigt, dass sich die normative Struktur des Enteignungsentschädigungsrechts in der SBZ und der DDR nur schrittweise, mit erheblichen zeitlichen Abständen und nicht umfassend ausgebildet hat (vgl. Zimmermann, in: RVI, B 125, DDR-EErfG § 1 Rn. 3). So wurden oft zunächst nur allgemeine Entschädigungszusagen gegeben, die praktisch aber nicht durchführbar waren. Die hierfür notwendigen Bestimmungen wurden, wenn überhaupt, erst später erlassen. Würde man vor diesem Hintergrund schon das Vorliegen einer bloßen allgemeinen Entschädigungszusage im Rahmen des § 1 DDR-EErfG genügen lassen, ohne dass diese rechtlich konkretisiert gewesen oder auch nur in Ansätzen praktisch realisiert worden wäre, müsste man konsequenterweise umgekehrt in solchen Fällen zu der für die Betroffenen regelmäßig nachteiligen Annahme eines Restitutionsausschlusses nach § 1 Abs. 1 Buchstabe a VermG kommen, obwohl diese allgemeinen Entschädigungszusagen vor dem Jahr 1990 von vornherein keine konkrete Aussicht auf die tatsächliche Leistung einer Entschädigung eröffneten.
bb) Die von den Verwaltungsgerichten in diesem Sinne vorgenommene Differenzierung ist ihnen entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht deshalb verwehrt, weil § 4 der Konzernverordnung besatzungsrechtlicher Natur ist. Dabei kann offen bleiben, ob eine solche Sperrwirkung entsprechend dem Ausschluss der Überprüfung besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Enteignungen (vgl. dazu BVerfGE 94, 12 ≪33 ff., 40 f.≫) überhaupt besteht. Denn die hier in Rede stehende Unterscheidung stellt – anders als die Beschwerdeführerin meint – nicht darauf ab, ob ein von der Besatzungsmacht zu verantwortendes Entschädigungsversprechen „ernst gemeint” war oder nicht, unterzieht es also keiner rechtlichen Prüfung. Sie deutet das Entschädigungsversprechen lediglich und hebt darauf ab, ob es bereits zureichend konkret war oder zumindest bis zur Wiedervereinigung in der Rechtsordnung der DDR zureichend konkretisiert worden ist und deshalb als „vorgesehene Entschädigung” im Sinne des § 1 Abs. 2 DDR-EErfG verstanden werden kann.
cc) Auch Wortlaut und Systematik des DDR-Entschädigungserfüllungsgesetzes stehen nicht der Anforderung entgegen, ein Entschädigungsanspruch müsse sich hinreichend verdichtet haben, um von einer „vorgesehenen Entschädigung” im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG ausgehen zu können. Die Regelungen in § 1 Abs. 1 und 2 DDR-EErfG stehen in einem inneren Zusammenhang und stellen darauf ab, ob Enteignungsentschädigungen nach den vor der Wiedervereinigung anwendbaren und umsetzbaren Bestimmungen vorgesehen waren. Die Vorschriften über die Bestimmung der Entschädigungshöhe in Absatz 3 des § 1 DDR-EErfG stehen der Annahme eines bloß allgemeinen Entschädigungsversprechens in § 1 Abs. 2 DDR-EErfG nicht entgegen; denn Absatz 3 zielt auf diejenigen Fälle ab, in denen die Entschädigungsbeträge trotz Vorhandenseins entsprechender Vorschriften von den DDR-Behörden lediglich im Verwaltungsvollzug nicht mehr festgesetzt worden sind (vgl. Zimmermann, in: RVI, B 125, DDR-EErfG § 1 Rn. 94).
Der Verfassungsbeschwerde lässt sich schließlich nicht in substantiierter Weise entnehmen, dass die Regelung in Bezug auf die freigestellten Beteiligungen von ausländischen Gesellschaftern in § 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG dem Erfordernis einer hinreichenden Verdichtung des Entschädigungsanspruchs entgegenstehen könnte. Für eine solche Verdichtung verlangen die Verwaltungsgerichte entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht zwingend, dass bereits Vorschriften über die Berechnung der Entschädigungshöhe hätten bestehen müssen. Sie lassen es vielmehr genügen, dass – wie es das Bundesverwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung ausführt – eine Entschädigung durch DDR-Stellen zumindest in der Verwaltungspraxis ernsthaft ins Auge gefasst war, etwa indem Entschädigungsanträge Betroffener als bescheidungsfähige Begehren wenigstens entgegengenommen wurden. Dass in dieser Weise auch in den Fällen des § 1 Abs. 2 Satz 2 DDR-EErfG, also der freigestellten ausländischen Beteiligungen, vorgegangen wurde, nimmt das Bundesverwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung wohl ebenso an wie es jedenfalls in der Kommentarliteratur vertreten wird (Broschat, in: Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, DDR-EErfG § 1 Rn. 38; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 13. Dezember 2010 – BVerwG 5 B 20/10 –, ZOV 2011, S. 44 ≪45≫). Die Beschwerdeführerin setzt sich hiermit nicht näher auseinander.
c) Ebenso wenig ist die Annahme der Verwaltungsgerichte unvertretbar, § 4 der Konzernverordnung begründe keinen im vorstehenden Sinne hinreichend verdichteten Entschädigungsanspruch. Dessen Einordnung als äußerst unbestimmtes, ruhendes Entschädigungsversprechen ist nachvollziehbar. Im Übrigen zieht auch die Beschwerdeführerin nicht in Zweifel, dass bis zum Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland nichts geschehen ist, was als Umsetzung der in Rede stehenden Entschädigungszusage hätte verstanden werden können.
2. Die Auslegung des § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG durch die Verwaltungsgerichte bewirkt keinen Gleichheitsverstoß zu Lasten der Beschwerdeführerin (Art. 3 Abs. 1 GG).
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist diese Auslegung nicht beschränkt auf diejenigen Fallgruppen, die im Gesetzgebungsverfahren als Beispiele für Entschädigungsregelungen mit Blick auf besatzungsrechtliche oder besatzungshoheitliche Enteignungen benannt worden sind (vgl. BTDrucks 15/1180, S. 26). Die in § 4 der Konzernverordnung erwähnte Entschädigung bleibt nicht deshalb im Rahmen des § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG unberücksichtigt, weil sie nicht in der Gesetzesbegründung aufgeführt ist, sondern weil sie nicht hinreichend konkretisiert und umsetzbar ausgestaltet worden ist. Umgekehrt beruht die Berücksichtigung von Entschädigungsregelungen für derartige Enteignungen in den in den Materialien genannten Fallgruppen trotz einer ursprünglich nur allgemeinen Entschädigungszusage darauf, dass in diesen Fällen später konkretisierende Regelungen für eine Entschädigung erlassen oder angewendet wurden. Dies gilt gerade für die von der Beschwerdeführerin genannten Enteignungen von Bergbaubetrieben (vgl. Zimmermann, in: RVI, B 125, DDR-EErfG § 1 Rn. 18). Besatzungsrechtliche oder besatzungshoheitliche Enteignungen werden in diesem Rahmen durch das DDR-Entschädigungserfüllungsgesetz nicht schlechter behandelt als Enteignungen, die durch Behörden der DDR vorgenommen wurden.
Nicht zutreffend ist auch die Annahme der Beschwerdeführerin, juristische Personen seien gleichheitswidrig grundlos von Ansprüchen nach § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG ausgeschlossen. Eine derartige Aussage enthalten die angegriffenen Entscheidungen nicht. Liegt trotz eines Entschädigungsversprechens eine im vorstehenden Sinne entschädigungslose besatzungshoheitliche oder besatzungsrechtliche Enteignung vor, stehen auch natürlichen Personen keine Leistungen nach § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG zu. Die Verwaltungsgerichte weisen zutreffend darauf hin, dass in derartigen Fällen juristische Personen auf Grund des Zusammenspiels der Regelungen in § 1 Abs. 8 Buchstabe a VermG und § 1 Abs. 1 Satz 1 AusglLeistG gänzlich von Wiedergutmachungsleistungen ausgeschlossen sind. Dies ist jedoch verfassungsgemäß (vgl. BVerfGE 102, 254 ≪319 ff.≫) und zwingt demgemäß in solchen Fällen auch nicht von Verfassungs wegen zu einer großzügigeren Auslegung des § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG. Soweit die Beschwerdeführerin schließlich Ungleichbehandlungen unter verschiedenen Gruppen natürlicher Personen rügt, wenn das DDR-Entschädigungserfüllungsgesetz nicht auf alle Entschädigungsversprechen im Zusammenhang mit besatzungshoheitlichen Enteignungen Anwendung finde, ist dies hier schon deshalb unerheblich, weil sie selbst als juristische Person davon nicht betroffen ist.
3. Auf der Grundlage des Vorbringens der Verfassungsbeschwerde ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die mittelbar angegriffene Vorschrift des § 1 Abs. 2 Satz 1 DDR-EErfG selbst Grundrechte der Beschwerdeführerin verletzen könnte.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Kirchhof, Schluckebier, Baer
Fundstellen