1. Ein ehemaliger leitender Angestellter hat das puertoricanische Tochterunternehmen der Beschwerdeführerin vor dem für Puerto Rico zuständigen Bundesgericht der Vereinigten Staaten von Amerika auf Schadensersatz und Strafschadensersatz in Höhe von mindestens 11.114.500,00 US-Dollar verklagt. Er macht wegen seiner Entlassung und Nichtberücksichtigung bei der Besetzung einer Führungsposition eine Verletzung des Altersdiskriminierungsgesetzes im Angestelltenverhältnis des Abschnitts VII des Bundesgesetzes von 1964 über die Bürgerrechte geltend. Zusätzlich zu seinem direkten Arbeitgeber richtet sich die Klage auch gegen die Beschwerdeführerin sowie ihr U.S.-amerikanisches und ihr mexikanisches Tochterunternehmen.
Die U.S.-amerikanische Klageschrift vom 19. September 2003 wurde der Beschwerdeführerin im Wege der Rechtshilfe auf der Grundlage des Haager Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15. November 1965 – HZÜ (BGBl 1977 II S. 1452) – durch den Präsidenten des Amtsgerichts Darmstadt als der für das Land Hessen zuständigen Behörde auf der Grundlage seiner Zustellungsanordnung vom 22. März 2004 zugestellt. Der Zustellungsnachweis wurde vom Amtsgericht noch nicht an die ersuchende Behörde herausgegeben.
2. Mit Schriftsatz vom 29. April 2004 stellte die Beschwerdeführerin beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main einen Antrag nach §§ 23 ff. EGGVG mit dem Ziel, die Entscheidung über die Zustellung aufzuheben.
Das Oberlandesgericht wies den Antrag mit Beschluss vom 1. Juni 2004 zurück. Die Voraussetzungen des ordre-public-Vorbehalts aus § 13 HZÜ lägen nicht vor. Die Vorschrift könne nur angewendet werden, wenn die Zustellung besonders schwere Beeinträchtigungen der Wertungsgrundlagen der Rechtsordnung des ersuchten Staates mit sich bringen würde. Diese enge Auslegung des § 13 HZÜ sei auch von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gedeckt, insbesondere mit den im Beschluss des Zweiten Senats vom 25. Juli 2003 (NJW 2003, S. 2598) enthaltenen Maßstäben vereinbar. Im vorliegenden Fall könne nicht von einer exorbitant hohen und jeglicher sachlicher Grundlage entbehrenden Schadensersatzforderung gesprochen werden. Vielmehr habe der Kläger des U.S.-amerikanischen Ausgangsverfahrens die geltend gemachte Klagesumme im Einzelnen substantiiert dargelegt. Auch bestünden keine Hinweise, dass das Verfahren in den Vereinigten Staaten nicht zum Zwecke der Rechtsverfolgung betrieben werde. Für einen offensichtlichen Rechtsmissbrauch gebe es keine ausreichenden Anhaltspunkte. Dass die Beschwerdeführerin ihre Argumente gegen den klagweise geltend gemachten Anspruch nunmehr in einem Gerichtsverfahren in den Vereinigten Staaten geltend machen müsse, könne daran – auch im Hinblick auf ein möglicherweise drohendes pre-trial discovery-Verfahren – nichts ändern.
3. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG sowie – hilfsweise – aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 GG.
Die gegen sie in den Vereinigten Staaten erhobene Klage sei evident unzulässig, weil deren Prozessvoraussetzungen nicht vorlägen. Die Klage sei vielmehr mit dem Ziel erhoben worden, den “Abkauf eines spezifischen Lästigkeitswerts” zu erpressen. Die Höhe der Klage sei insoweit unerheblich, weil Grundrechtsschutz unabhängig von der Existenzbedrohung eines Unternehmens zu gewähren sei. Insbesondere durch die Zustellung einer U.S.-amerikanischen Zivilklage und deren Rechtsfolgen werde bereits in die grundrechtlich geschützte Freiheitssphäre des Zustellungsempfängers eingegriffen.
Für die Eilbedürftigkeit ihres Antrags verweist sie auf die vom Amtsgericht für den Zeitraum ab dem 15. Juni 2004 angekündigte Übermittlung des Zustellungszeugnisses an die ersuchende Behörde. Die Güterabwägung im Rahmen des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung falle zu ihren Gunsten aus, weil mit den an die Zustellung geknüpften Folgen wahrscheinlich Schäden einträten, die rückwirkend nicht mehr beseitigt werden könnten. So drohe durch die pre-trial discovery eine Störung ihres Betriebsablaufes. Würde die Erteilung des Zustellungszeugnisses dagegen vorerst verweigert, so käme es lediglich zu einer Verfahrensverzögerung von höchstens ein paar Monaten.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unbegründet.
1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln. Dabei müssen die Gründe, welche für die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme sprechen, außer Betracht bleiben, es sei denn, die Hauptsache erwiese sich als von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist jedoch nur begründet, wenn eine vorläufige Regelung zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum allgemeinen Wohl dringend geboten ist.
Für eine einstweilige Anordnung ist kein Raum, wenn der in der Hauptsache gestellte Antrag sich von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet erweist oder das Bundesverfassungsgericht die Hauptsache so rechtzeitig zu entscheiden vermag, dass hierdurch die absehbaren schweren Nachteile vermieden werden können.
Ist der Antrag in der Hauptsache weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet, so wägt das Bundesverfassungsgericht die Nachteile, die einträten, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Maßnahme aber später für verfassungswidrig erklärt würde, gegen diejenigen Nachteile ab, die entstünden, wenn die Maßnahme nicht in Kraft träte, sie sich aber im Hauptsacheverfahren als verfassungsgemäß erwiese (vgl. BVerfGE 86, 390 ≪395≫; 88, 173 ≪179 f.≫; 99, 57 ≪66≫; 104, 23 ≪28 f.≫; Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juli 2003 – 2 BvR 1198/03 –, NJW 2003, S. 2598 f.; stRspr).
2. a) Das Begehren in der Hauptsache ist weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Das folgt bereits aus der beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Hauptsache in dem Verfassungsbeschwerde-Verfahren 2 BvR 1198/03, in dem u.a. zu klären ist, unter welchen Umständen die Zustellung einer Klage nach dem Haager Zustellungsübereinkommen mit Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar ist, wenn das mit der ausländischen Klage angestrebte Ziel offensichtlich gegen unverzichtbare Grundsätze eines freiheitlichen Rechtsstaats verstößt.
b) Die danach erforderliche Folgenabwägung fällt im vorliegenden Fall zu Lasten der Beschwerdeführerin aus. Der Zustellung ist in diesem Fall Vorrang einzuräumen.
aa) Bei einer Folgenabwägung sind gegeneinander abzuwägen die Nachteile, die für die Beschwerdeführerin einträten, wenn die begehrte einstweilige Anordnung abgelehnt wird, in der Hauptsache sich aber später herausstellt, dass die Zustellung der Klage deren grundrechtlich geschützte Positionen verletzt, mit denjenigen Nachteilen, die sich ergäben, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen wird, sich später aber herausstellt, dass die Zustellung mit dem Grundgesetz vereinbar war.
bb) Unterbliebe der Erlass der einstweiligen Anordnung, erwiese sich die Gewährung der Rechtshilfe im Hauptsacheverfahren dagegen als verfassungswidrig, so wäre davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin in das U.S.-amerikanische Verfahren einbezogen ist und dieses vor dem Bundesgericht auch gegen die Beschwerdeführerin als beklagte Prozesspartei durchgeführt wird.
Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden hat, dass die Gewährung von Rechtshilfe durch die Zustellung einer Klage, mit der Ansprüche auf Strafschadensersatz nach U.S.-amerikanischem Recht geltend gemacht werden, in der Regel nicht gegen die allgemeine Handlungsfreiheit in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verstößt (vgl. BVerfGE 91, 335 ≪340≫).
Erginge die beantragte einstweilige Anordnung, stellte sich die Verfassungsbeschwerde später aber als unbegründet heraus, hätte sich die Zustellung der Klage im Wege der Rechtshilfe verzögert. Es ist zwar nicht erkennbar, dass der Kläger des U.S.-amerikanischen Ausgangsverfahrens bereits dadurch unwiederbringliche Rechtsnachteile erleiden würde. Die gegenseitige Rechtshilfe im Rahmen multilateraler Übereinkommen funktioniert allerdings auf der Grundlage, dass die technische Abwicklung der Zusammenarbeit vereinfacht und beschleunigt wird. Deshalb müssen die Gründe für eine Verzögerung der Rechtshilfe durch den ersuchten Staat von erheblichem Gewicht sein. In Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falles und des Vortrags der Beschwerdeführerin ist nicht davon auszugehen, dass die in den Vereinigten Staaten erhobene Zivilklage auf Grund der Höhe der Klagesumme bereits existenzbedrohende Folgen für sie hat, oder dass die Zustellung zu einem signifikanten Reputationsverlust der Beschwerdeführerin führen würde.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.