Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft Äußerungen einer Landesregierung über die Bewegung des Rajneesh Chandra Mohan und die ihr angehörenden Gemeinschaften.
I.
Der Beschwerdeführer ist ein – als eingetragener Verein des bürgerlichen Rechts geführter – Meditationsverein der so genannten Osho-Bewegung. Er wandte sich im Ausgangsverfahren gegen die Nennung dieser Bewegung in einem „Bericht über Aufbau und Tätigkeit der sogenannten Jugendsekten” des Ministeriums für Kultus und Sport Baden-Württemberg, der 1987 im Auftrag der Landesregierung veröffentlicht, 1988 nachgedruckt und unter anderem in Schulen verbreitet wurde (näher zu dem Bericht: Entscheidungen in Kirchensachen ≪im Folgenden: KirchE≫ 30, S. 270 ≪270 ff.≫). Das Verwaltungsgericht hat der Unterlassungsklage stattgegeben (vgl. KirchE ebd., S. 273 ff.), der Verwaltungsgerichtshof hat sie dagegen mit dem angegriffenen Urteil im Wesentlichen abgewiesen (vgl. KirchE 30, S. 270). Das Bundesverwaltungsgericht hat die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss zurückgewiesen (vgl. NVwZ 1994, S. 162).
Entscheidungsgründe
II.
Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG. Daneben macht er insbesondere einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG geltend.
III.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen.
1. Der Verfassungsbeschwerde kommt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung nicht zu. Die verfassungsrechtlichen Grundsatzfragen, die nach Auffassung des Beschwerdeführers auch das vorliegende Verfassungsbeschwerdeverfahren prägen, hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts in dem Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 670/91 – entschieden (vgl. auch den Beschluss vom selben Tage in den Verfahren 1 BvR 558/91 und 1428/91 – Glykol). Das gilt sowohl, was den Prüfungsmaßstab des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG und die Bedeutung des staatlichen Neutralitätsgebots in religiös-weltanschaulichen Fragen für die Bestimmung des Schutzbereichs dieses Grundrechts angeht, als auch, was das grundsätzliche Recht der Bundesregierung anbelangt, im Rahmen der Wahrnehmung der ihr unmittelbar in der Verfassung zugewiesenen Aufgabe der Staatsleitung durch Informationshandeln zu aktuellen Geschehnissen und Entwicklungen im Bereich von Staat und Gesellschaft Stellung zu nehmen, dabei den Bürgern Verhaltensempfehlungen zu geben und erforderlichenfalls auch Warnungen auszusprechen, und zwar ohne weitere einfachgesetzliche Ermächtigung auch dann, wenn das Informationshandeln zu mittelbar-faktischen Grundrechtsbeeinträchtigungen führt. Auch die begrenzenden Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei Inanspruchnahme der Kompetenz zur staatsleitenden Informationstätigkeit sind für die Zukunft in grundsätzlicher Weise geklärt worden.
Dabei hat das Bundesverfassungsgericht – in beiden unter dem 26. Juni 2002 ergangenen Entscheidungen – ausdrücklich vorausgesetzt, dass im Rahmen ihres Verantwortungsbereichs auch die Landesregierungen unmittelbar von Verfassungs wegen zum Informationshandeln ermächtigt sein können. Ob dies der Fall ist, ist nach Landesverfassungsrecht zu beurteilen. Es ist deshalb aus der Sicht des Bundesverfassungsrechts nicht zu beanstanden, dass im Ausgangsverfahren angenommen worden ist, die gegenüber der Osho-Bewegung und den ihr angehörenden Gemeinschaften kritischen Äußerungen und Bewertungen in dem vom baden-württembergischen Kultusministerium herausgegebenen Bericht seien im Grundsatz durch das unmittelbar aus Art. 45 der Landesverfassung folgende Äußerungs- und Informationsrecht der Landesregierung gedeckt.
Mehr an Grundsätzlichem wird – wohl auch nach Auffassung des Beschwerdeführers – im vorliegenden Verfahren nicht aufgeworfen. Dieser hat in der Beschwerdeschrift immer wieder darauf hingewiesen, dass die verfassungsrechtliche Problematik derjenigen gleiche, über die in dem – vom Beschwerdeführer mit betriebenen – Verfahren 1 BvR 670/91 entschieden worden ist.
2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung ist auch nicht zur Durchsetzung der vom Beschwerdeführer als verletzt gerügten Verfassungsrechte angezeigt. Denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.
a) Das ergibt sich, soweit der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen die Gewährleistung des rechtlichen Gehörs in Art. 103 Abs. 1 GG geltend macht, schon daraus, dass diese Rüge den Begründungserfordernissen des § 92 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BVerfGG nicht genügt. Der Beschwerdevortrag erschöpft sich insoweit in der Behauptung, dass die vom Beschwerdeführer im Ausgangsverfahren gestellten Beweisanträge abgelehnt oder nicht berücksichtigt worden seien. Dass dies in verfassungswidriger Weise geschehen sei, wird damit nicht aufgezeigt.
b) Auch die weiteren Rügen bleiben ohne Erfolg.
aa) Dazu kann, soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geltend macht, auf die Ausführungen in der Senatsentscheidung 1 BvR 670/91 vom 26. Juni 2002 verwiesen werden. Dass Gruppierungen, die wie der Beschwerdeführer zumindest weltanschauliche Ziele verfolgen und sich deshalb auf Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berufen können, es hinnehmen müssen, dass sich der Staat und seine Organe mit ihnen in der Öffentlichkeit – auch kritisch – auseinander setzen, wird in jener Entscheidung näher begründet. Aus ihr lässt sich auch entnehmen, dass die Landesregierung – im Lichte der vorstehenden Ausführungen unter III 1 – zu der Herausgabe des streitgegenständlichen Berichts dem Grunde nach ohne weitere gesetzliche Ermächtigung berechtigt war und in diesem Bericht die Begriffe „Jugendsekte”, „Sekte” und „Jugendreligion” mit Bezug auf Gruppen wie den Beschwerdeführer in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise verwendet hat. Dass die Verwaltungsgerichte insoweit Beanstandungen nicht vorgenommen haben, begegnet deshalb aus der Sicht des Bundesverfassungsrechts ebenfalls keinen Bedenken.
Soweit der Beschwerdeführer außerdem rügt, dem Selbstverständnis der Osho-Bewegung sei in dem Bericht des Landesministeriums wie in den angegriffenen Entscheidungen nicht ausreichend Rechnung getragen worden, lässt er unberücksichtigt, dass Art. 4 GG religiösen und weltanschaulichen Gemeinschaften – wie Art. 12 Abs. 1 GG Wirtschaftsunternehmen nach der dazu ergangenen Senatsentscheidung 1 BvR 558/91 und 1428/91 vom 26. Juni 2002 – nicht das Recht vermittelt, von anderen nur so dargestellt zu werden, wie sie sich selbst sehen. Denn auch der in religiös-weltanschaulichen Angelegenheiten zur Neutralität verpflichtete Staat ist nicht gehindert, das tatsächliche Verhalten einer religiösen oder weltanschaulichen Gruppierung oder das ihrer Mitglieder nach weltlichen Kriterien zu beurteilen, selbst wenn dieses Verhalten letztlich religiös oder weltanschaulich motiviert ist (vgl. BVerfGE 102, 370 ≪394≫; BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 670/91 –, Umdruck S. 23).
Das übrige Vorbringen des Beschwerdeführers ist nicht derart fassbar, dass es Anlass für weitergehende verfassungsrechtliche Prüfungen am Maßstab des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG bieten könnte.
bb) Wie im Verfahren 1 BvR 670/91 sind andere Verfassungsrechte nicht verletzt worden. Von einer Begründung wird insoweit gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93 d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
Unterschriften
Jaeger, Hömig, Bryde
Fundstellen
Haufe-Index 841108 |
NVwZ-RR 2002, 801 |