Entscheidungsstichwort (Thema)
Monopolverlust des TÜV wegen Änderung des Gerätesicherheitsgesetzes
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Der beschwerdeführende Technische Überwachungsverein, der derzeit hinsichtlich der Prüfung der überwachungsbedürftigen Anlagen noch Inhaber eines faktischen Monopols ist, wendet sich gegen den Verlust dieses Monopols durch die Änderung des Gerätesicherheitsgesetzes (GSG).
I.
1. Die Prüfung überwachungsbedürftiger Anlagen oblag bisher amtlichen oder amtlich für diesen Zweck anerkannten Sachverständigen, die in technischen Überwachungsorganisationen zusammengefasst waren. Das Gesetz zur Änderung des Gerätesicherheitsgesetzes und des Chemikaliengesetzes vom 27. Dezember 2000 (BGBl I S. 2048) löst dieses personenbezogene Prüf- und Sachverständigenwesen ab. Die Prüfungen der überwachungsbedürftigen Anlagen werden künftig von zugelassenen Überwachungsstellen vorgenommen (§ 14 GSG). § 19 Abs. 4 bis 7 GSG enthält Übergangsvorschriften.
2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG durch die Neuregelungen des § 14 in Verbindung mit § 19 Abs. 4 bis 7 GSG. Durch die Einführung des Wettbewerbs für den Bereich der Prüfung überwachungsbedürftiger Anlagen werde verfassungswidrig in seine Rechtsstellung als anerkannte technische Überwachungsorganisation eingegriffen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde (§ 93 a Abs. 2 BVerfGG) liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung des von dem Beschwerdeführer als verletzt gerügten Grundrechts angezeigt. Denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Sie ist jedenfalls unbegründet.
1. Es liegt kein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG vor.
a) Eigentumsrechtlich gesehen ist ein Unternehmen die tatsächliche – nicht aber rechtliche – Zusammenfassung der zu seinem Vermögen gehörenden Sachen und Rechte, die an sich schon vor verfassungswidrigen Eingriffen geschützt sind, weshalb fraglich ist, ob der Gewerbebetrieb als solcher Eigentum im Sinne des Art. 14 GG ist (BVerfGE 51, 193 ≪221 f.≫; 68, 193 ≪222 f.≫). Das kann auch hier offen bleiben. Die Eigentumsgarantie schützt nämlich nur Rechtspositionen, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen, nicht dagegen in der Zukunft liegende (Umsatz- und Gewinn-)Chancen und Verdienstmöglichkeiten (vgl. BVerfGE 28, 119 ≪141 f.≫; 68, 193 ≪222 f.≫; 102, 197 ≪211≫). Auch vermag Art. 14 Abs. 1 GG nicht gegen eine mögliche Konkurrenz zu schützen (vgl. BVerfGE 11, 192 ≪202 f.≫; 34, 252 ≪257≫; 55, 261 ≪273≫).
Trifft die Rechtsordnung Regelungen, durch die wirtschaftliche Lagen und Verhaltensweisen verrechtlicht werden, die ohne eine rechtliche Regelung der getroffenen Art innerhalb der allgemeinen Rechtsordnung bloße Erwerbschancen darstellen, kann die Einbeziehung dadurch begründeter öffentlich-rechtlicher Rechtsstellungen in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie allenfalls dann in Betracht kommen, wenn schon bislang in den Schutzbereich des Art. 14 GG fallende Rechtsstellungen inhaltlich umgestaltet werden oder wenn eine durch die Neuregelung geschaffene Rechtsstellung sich speziell als Ausgleich für eine zugleich auferlegte, neuartige vermögenswerte Verpflichtung oder Belastung darstellt (vgl. BVerfGE 45, 142 ≪170 f.≫; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats, NVwZ 2002, S. 197).
b) Nach diesen Maßstäben kann sich der Beschwerdeführer nicht auf Art. 14 Abs. 1 GG berufen.
aa) Die Gesetzesänderung entzieht dem Beschwerdeführer nicht das Recht zur Prüfung überwachungsbedürftiger Anlagen. Seine Rechtsstellung und sein Tätigkeitsfeld bleiben ihm erhalten. Allein dadurch, dass der Gesetzgeber in Zukunft Konkurrenten auch für die Prüfung überwachungsbedürftiger Anlagen zulässt, sofern es sich um zugelassene Überwachungsstellen handelt, greift er nicht in eine durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition des Beschwerdeführers ein.
Zwar hat der Beschwerdeführer aufgrund seiner bisherigen tatsächlichen Monopolstellung im Bereich der gewerberechtlichen Aufgabenerfüllung Dispositionen als Privatrechtssubjekt getroffen und aufgrund der Gesetzeslage wirtschaftliche Vorteile gehabt. Dies allein begründet aber keine schützenswerten Positionen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG. Entscheidend für die Bewertung einer Rechtsstellung als Eigentum ist insoweit, ob sie sich als Äquivalent eigener Leistung erweist oder lediglich auf staatlicher Gewährung beruht. Der wirtschaftliche Vorteil durch ein staatlich angeordnetes Monopol beruht aber nicht auf der Eigenleistung der Begünstigten.
bb) Allerdings entsprach es einer langen historischen Entwicklung, die hier relevanten Überwachungsaufgaben bei den Technischen Überwachungsvereinen zu konzentrieren (BVerwG, DVBl 1985, S. 1382). Die bisherigen Regelungen des Gerätesicherheitsgesetzes beeinflussten daher die wirtschaftliche Lage der Technischen Überwachungsvereine. Jedoch enthielt die bisherige Gesetzeslage keine dauerhafte Gewährleistung der entstandenen faktischen Vorteile. Der Beschwerdeführer konnte auf den Fortbestand der Rechtslage nicht vertrauen; seine Position war insoweit rechtlich nicht gesichert.
Im Übrigen hat der Gesetzgeber den in der Verfassungsbeschwerde dargestellten wirtschaftlichen Problemen der Technischen Überwachungsvereine im Zusammenhang mit der Umstellung auf einen Anbietermarkt mit Konkurrenz auch Rechnung getragen, indem er zuvor bestehende Vergütungspflichten reduzierte und die Übergangszeit großzügig bemaß.
2. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93 d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
Unterschriften
Jaeger, Hömig, Bryde
Fundstellen
Haufe-Index 771813 |
GewArch 2002, 372 |
JuS 2003, 87 |
DVBl. 2002, 1291 |