Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Beschluss vom 29.01.2008; Aktenzeichen 1 A 2886/06) |
VG Köln (Urteil vom 01.06.2006; Aktenzeichen 15 K 7720/04) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
A.
Der Beschwerdeführer ist Zollbetriebsinspektor und wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen den Wegfall der Polizeizulage nach seiner Versetzung in einen neuen Arbeitsbereich mit der Bezeichnung “Verwaltung technischer Ausstattung/Gerätepool”. Seine gegen den Wegfall der Zulage gerichtete Klage blieb ebenso erfolglos wie der gegen das klageabweisende Urteil gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner verfassungsmäßigen Rechte aus Art. 33 Abs. 5 GG sowie des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG.
Entscheidungsgründe
B.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Sie ist unbegründet.
I.
Art. 33 Abs. 5 GG lässt dem Gesetzgeber bei der Konkretisierung der Verpflichtung zur angemessenen Alimentierung der Beamten einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerfGE 26, 141 ≪158≫; 56, 87 ≪95≫; 61, 43 ≪62 f.≫; 65, 141 ≪148 ff.≫; 81, 363 ≪375 f.≫; 103, 310 ≪320 f.≫; 117, 330 ≪352≫). Der Gesetzgeber muss lediglich sicherstellen, dass die Besoldung dem Beamten einen amtsangemessenen Lebensunterhalt (Alimentation) gewährleistet, der dem Dienstrang, der Verantwortung des Amtes, der Bedeutung des Berufsbeamtentums, den allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen sowie dem allgemeinen Lebensstandard entspricht (vgl. BVerfGE 44, 249 ≪263, 265≫; 83, 89 ≪98≫; 99, 300 ≪314≫). Er kann die Struktur der Besoldungsordnung, die Struktur des Beamtengehalts sowie die Zahlungsmodalitäten innerhalb des Rahmens, den die verfassungsrechtlich garantierte Alimentierungspflicht zieht, pro futuro ändern, insbesondere auch die Gehaltsbeträge kürzen, solange sie nicht an der unteren Grenze der amtsangemessenen Alimentierung liegen. Die Grenzen des gesetzgeberischen Spielraums sind selbst dann nicht überschritten, wenn eine Stellenzulage gänzlich wegfällt, denn Art. 33 Abs. 5 GG gewährt keinen Anspruch auf unveränderte Beibehaltung der Struktur der Besoldungsordnungen und des Beamtengehalts außerhalb des Rahmens, den die verfassungsrechtlich garantierte Alimentierungspflicht zieht (BVerfGE 44, 249 ≪263≫; stRspr, z.B. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Juli 1999 – 2 BvR 544/97 –, DVBl 1999, S. 1421; Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Dezember 2000 – 2 BvR 1457/96 –, DVBl 2001, S. 719).
Die “Polizeizulage” im Sinne der Nr. 9 der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A… und B… ist nicht nur nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut, sondern auch nach ihrem Zweck eine Stellenzulage im Sinne des § 42 Abs. 4 BBesG, die für eine nicht auf Dauer angelegte Funktion gewährt wird und grundsätzlich widerruflich ist. Als solche gehört sie – im Unterschied zum Grundgehalt sowie zur Amtszulage, die ein Zwischenamt darstellt – nicht zum Kernbereich beamtenrechtlicher Alimentation (angelehnt an BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Dezember 2000 – 2 BvR 1457/96 –, DVBl 2001, S. 719).
II.
Auch der vom Beschwerdeführer gerügte Verstoß der gerichtlichen Entscheidungen und der Nr. 9 der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A… und B… gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor.
1. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln (BVerfGE 74, 9 ≪24≫), und verpflichtet die Grundrechtsadressaten, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Verschiedenheit und Eigenart ungleich zu behandeln (vgl. bereits BVerfGE 1, 14 ≪52≫; stRspr). Er ist verletzt, wenn die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, wenn also bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung fehlt, kurzum, wenn die Maßnahme als willkürlich bezeichnet werden muss (vgl. BVerfGE 1, 14 ≪52≫; 83, 89 ≪107 f.≫ m.w.N.).
In diesem Rahmen hat der Gesetzgeber insbesondere bei Regelungen des Besoldungsrechts nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine verhältnismäßig weite Gestaltungsfreiheit (vgl. BVerfGE 26, 141 ≪158≫). Aufgrund des weiten Spielraums politischen Ermessens, innerhalb dessen der Gesetzgeber das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen darf, kontrolliert das Bundesverfassungsgericht nicht, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat. Das Bundesverfassungsgericht kann, sofern nicht von der Verfassung selbst getroffene Wertungen entgegenstehen, nur die Überschreitung äußerster Grenzen beanstanden, jenseits derer sich gesetzliche Vorschriften bei der Abgrenzung von Lebenssachverhalten als evident sachwidrig erweisen (vgl. BVerfGE 65, 141 ≪148 f.≫; 110, 353 ≪364≫; 117, 330 ≪353≫). Dem Gesetzgeber steht es insbesondere frei, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen (vgl. BVerfGE 71, 39 ≪53≫; 76, 256 ≪295, 330≫). Ihm muss zugestanden werden, auch das gesamte Besoldungsgefüge und übergreifende Gesichtspunkte in den Blick zu nehmen (vgl. BVerfGE 26, 141 ≪158≫; 103, 310 ≪320≫; 117, 330 ≪353≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. April 1995 – 2 BvR 794/91, 831/91 und 1288/91 –, ZBR 1995, S. 233).
Jede Regelung des Besoldungsrechts ist dabei unvollkommen, muss zwangsläufig generalisieren und typisieren und wird in der Abgrenzung unvermeidbare Härten mit sich bringen; sie wird insoweit unter irgendeinem Gesichtspunkt für die unmittelbar Betroffenen fragwürdig erscheinen (vgl. BVerfGE 26, 141 ≪159≫). Die vielfältigen hier vom Gesetzgeber zu berücksichtigenden Gesichtspunkte werden nicht immer miteinander in Einklang zu bringen sein. Die sich daraus ergebenden Unebenheiten, Friktionen und Mängel sowie gewisse Benachteiligungen in besonders gelagerten Einzelfällen müssen hingenommen werden, sofern sich für die Gesamtregelung ein vernünftiger Grund anführen lässt (vgl. BVerfGE 26, 141 ≪159≫; 49, 260 ≪273≫; 65, 141 ≪148≫; 76, 256 ≪295≫; 103, 310 ≪320≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. April 1995 – 2 BvR 794/91, 831/91 und 1288/91 –, ZBR 1995, S. 233).
2. Unter Berücksichtigung dieses Prüfungsmaßstabs verstößt Nr. 9 der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A… und B… ebenso wenig gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG wie die fachgerichtliche Anwendung und Auslegung dieser Vorschrift:
Nr. 9 der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A… und B… knüpft die Zulageberechtigung an die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen an, wobei die Tätigkeit der begünstigten Beamten bei typisierender Betrachtung auf die Wahrnehmung vollzugspolizeilicher Aufgaben ausgerichtet ist (vgl. dazu auch Tintelott, Vbm. Nr. 9 zu BBesO A…/B… Rn. 6, in: Schwegmann/Summer (Hrsg.), BBesG, Bd. III [März 2008]). Davon ist – wie an der Stellenbeschreibung des Beschwerdeführers ersichtlich – bei der Tätigkeit von Beamten der Zollverwaltung nicht ohne weiteres auszugehen. Diese Differenzierung nach einer im Schwerpunkt vollzugspolizeilichen Tätigkeit stellt einen hinreichenden sachlichen Grund dar und verstößt damit nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz im Besoldungsrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Voßkuhle, Osterloh, Mellinghoff
Fundstellen