Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde betrifft Fragen des rechtlichen Gehörs im Zusammenhang mit der Nichterhebung eines angebotenen Beweises.
1. Der Beschwerdeführer hatte für die Beklagte des Ausgangsverfahrens als Handelsvertreter vier Autovermietungen betrieben, bevor er die entsprechenden Agenturverträge selbst kündigte. Mit seiner Klage begehrte er eine Ausgleichszahlung und berief sich im Rahmen des § 89b Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 HGB darauf, ihm sei die gesamte Tätigkeit als Handelsvertreter aufgrund näher bezeichneter gesundheitlicher Beschwerden unzumutbar. Hierzu legte er ein ärztliches Attest vor, in dem ihm die Einstellung seiner Handelsvertretertätigkeit dringend angeraten wurde, und beantragte die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Die Fachgerichte wiesen seine Klage ab, ohne das Gutachten einzuholen. Der Beschwerdeführer habe trotz entsprechender gerichtlicher Hinweise nicht dargelegt, welche Tätigkeiten er konkret selbst wahrnehme. Der bloße Vortrag, ihm sei die gesamte Tätigkeit als Handelsvertreter unzumutbar, sei nicht hinreichend substantiiert und biete daher keinen Anlass für die Einholung eines Gutachtens.
2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ablehnung seines Beweisantrages finde im Prozessrecht keine Stütze und sei darüber hinaus willkürlich.
3. Die Verfassungsbeschwerde ist gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Beschwerdeführer ist in seinem Recht auf rechtliches Gehör nicht verletzt.
a) Art. 103 Abs. 1 GG gebietet es, dass sowohl die normative Ausgestaltung des Verfahrensrechts als auch das gerichtliche Verfahren im Einzelfall ein Ausmaß an rechtlichem Gehör eröffnen, das sachangemessen ist, um dem in bürgerlichrechtlichen Streitigkeiten aus dem Rechtsstaatsprinzip (vgl. BVerfGE 54, 277 ≪291≫) folgenden Erfordernis eines wirkungsvollen Rechtsschutzes gerecht zu werden, und das den Beteiligten die Möglichkeit gibt, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten. Die nähere Ausgestaltung des rechtlichen Gehörs bleibt den einzelnen Verfahrensordnungen überlassen (vgl. BVerfGE 67, 208 ≪211≫; 74, 228 ≪233 f.≫). Eine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts liegt erst dann vor, wenn das Gericht bei der Auslegung oder Anwendung der Verfahrensvorschriften die Bedeutung oder Tragweite des Anspruchs auf rechtliches Gehör verkannt hat (vgl. BVerfGE 60, 305 ≪310 f.≫; 74, 228 ≪233≫).
Dies gilt auch im Fall vom Gericht nicht erhobener Beweise. Art. 103 Abs. 1 GG gewährt zwar keinen Schutz dagegen, dass das Gericht das Vorbringen oder den Beweisantrag eines Beteiligten aus Gründen des materiellen oder formellen Rechts unberücksichtigt lässt (vgl. BVerfGE 69, 145 ≪148 f.≫ m.w.N.). Die Nichtberücksichtigung eines vom Gericht als erheblich angesehenen Beweisangebots verstößt aber dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. BVerfGE 69, 141 ≪143 f.≫ m.w.N.).
Ob der Sachvortrag eines Prozessbeteiligten hinreichend substantiiert ist, um das Gericht zur Erhebung eines angebotenen Beweises zu zwingen, oder ob es sich nicht eher um einen Beweisermittlungsantrag handelt, bei dem die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts Behauptungen „aufs Geratewohl” oder „ins Blaue hinein” aufstellt (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 1995 – VI ZR 178/94 –, NJW 1995, S. 2111 ≪2112≫), ist wesentlich eine einfachrechtliche Frage, zu deren Beantwortung das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich nicht berufen ist, solange nicht die Schwelle einer Verletzung spezifischen Verfassungsrechts überschritten ist (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫; 60, 305 ≪310 f.≫; 74, 228 ≪233≫; 75, 302 ≪313 f.≫). Bei der Anwendung der Grundsätze, die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der Frage entwickelt worden sind, wie detailliert die Sachdarstellung sein muss, um bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen zur Beweiserhebung zu nötigen, können Abgrenzungsschwierigkeiten auftreten. Selbst wenn in einem solchen Fall das Gericht zu einem zivilprozessual fehlerhaften Ergebnis kommt, verletzt dies den Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht ohne weiteres, sondern erst dann, wenn spezifisches Verfassungsrecht verletzt ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 5. November 2008 – 1 BvR 1822/08 –, juris Rn. 7).
b) Gemessen an diesen Maßstäben verletzen die angegriffenen Entscheidungen noch nicht den verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör.
Zwar ist nicht ohne weiteres auszuschließen, dass aus einfachrechtlicher Sicht das Oberlandesgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht von weiteren Angaben des Beschwerdeführers zu dessen spezifischer Tätigkeit abhängig machen durfte (kritisch zur hier vorliegenden Entscheidung des Oberlandesgerichts Döpfer, EWiR 2010, S. 459 f.; vgl. zu den Anforderungen an die Darlegung der Unzumutbarkeit der Fortführung eines Handelsgewerbes i.S.d. § 89b Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 HGB a. F. BGH, Urteil vom 29. April 1993 – I ZR 150/91 –, NJW-RR 1993, S. 996 ≪997 f.≫). Denn nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. nur BGH, Urteil 19. November 2008 – VIII ZR 138/07 –, NJW 2009, S. 502 ≪505≫ m.w.N.) ist ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs schlüssig und damit erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nur dann erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind. Zergliederungen der Sachdarstellung in Einzelheiten können allenfalls bedeutsam werden, wenn der Gegenvortrag dazu Anlass bietet. Dennoch ist derjenige, der ein Recht beansprucht, nicht schon deshalb gezwungen, den behaupteten Sachverhalt in allen Einzelheiten wiederzugeben, weil der Gegner ihn bestreitet (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 1991 – X ZR 77/89 –, NJW 1991, S. 2707 ≪2709≫).
Unabhängig davon handelt es sich aber bei der Einschätzung des Oberlandesgerichts, der Vortrag des Beschwerdeführers biete mangels hinreichender Substantiierung keinen Anlass zur Beweiserhebung, um eine einfachrechtliche Würdigung, die die Schwelle einer Verletzung spezifischen Verfassungsrechts nicht überschreitet. Dass das Oberlandesgericht die Bedeutung oder Tragweite des Anspruchs auf rechtliches Gehör verkannt oder die Anforderungen an den Sachvortrag in willkürlicher Weise überspannt hätte, wird mit der Verfassungsbeschwerde nicht dargelegt und ist auch sonst nicht zu ersehen. Die Auffassung des Oberlandesgerichts, die Zumutbarkeit der Fortführung des Handelsgewerbes im Sinne von § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB könne nur im Hinblick auf eine konkrete umschriebene Tätigkeit beurteilt werden, was eine nähere Darlegung der Tätigkeit des Beschwerdeführers erfordere, entbehrt – auch angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer weiter berufstätig blieb und der Beklagten des Ausgangsverfahrens bei einem wirtschaftlichen Entgegenkommen die Fortführung der Handelsgewerbe angeboten hatte – nicht jeglicher sachlichen Rechtfertigung, zumal der Beschwerdeführer frühzeitig auf die aus der Sicht der Fachgerichte notwendigen Angaben zu seiner beruflichen Tätigkeit hingewiesen wurde und solche Angaben ihm auch ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen wären.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Lübbe-Wolff, Huber, Kessal-Wulf
Fundstellen