Leitsatz (amtlich)
1. Der Gesetzgeber darf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen einzelvertraglich zu vereinbaren, durch zwingendes Gesetzesrecht begrenzen, um sozialen oder wirtschaftlichen Ungleichgewichten entgegenzuwirken.
2. Eine Regelung im Urheberrecht, die einen Anspruch auf gerichtliche Kontrolle der Angemessenheit vertraglich vereinbarter Vergütungen für die Werknutzung gewährt, ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Tatbestand
A.
Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen eine im Jahr 2002 novellierte Regelung im Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz – UrhG) vom 9. September 1965 (BGBl I S. 1273), die eine gerichtliche Überprüfung von Vergütungsvereinbarungen in Werkverwertungsverträgen ermöglicht, sowie zwei darauf beruhende Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Angemessenheit von Übersetzerhonoraren im Verlagswesen.
I.
1. Der neu gefasste § 32 UrhG gibt Urhebern die Möglichkeit, Verträge über die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung auf die Angemessenheit der in ihnen vereinbarten Vergütung gerichtlich überprüfen zu lassen. Grundlage des Gesetzgebungsverfahrens waren ein Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (BTDrucks 14/6433) und ein gleichlautender Regierungsentwurf (BTDrucks 14/7564). Danach sollte in § 32 Abs. 1 UrhG n.F. ein gesetzlicher Anspruch des Urhebers „auf eine nach Art und Umfang der Werknutzung angemessene Vergütung” gegen jeden Werknutzer begründet werden. Als Übergangsregelung sah § 132 Abs. 3 Satz 2 UrhG in der Fassung des Entwurfs vor, dass der gesetzliche Vergütungsanspruch nur für Nutzungshandlungen nach Verkündung der Neuregelung gelten sollte, soweit die Rechteeinräumung nicht mehr als zwanzig Jahre vor diesem Zeitpunkt erfolgt war (BTDrucks 14/6433, S. 6, 20). In der abgeänderten Fassung des Rechtsausschusses (BTDrucks 14/8058) wurde der Gesetzentwurf vom Bundestag nahezu einstimmig angenommen; der Bundesrat rief den Vermittlungsausschuss nicht an. Die beschlossene Fassung führte statt eines gesetzlichen Vergütungsanspruchs einen Anspruch des Urhebers gegenüber dem Werknutzer auf Anhebung der vertraglichen Vergütung auf ein angemessenes Maß ein und beschränkte die Anwendbarkeit der Neuregelung in einer geänderten Übergangsregelung.
2. Das Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern vom 22. März 2002 (BGBl I S. 1155) trat am 1. Juli 2002 in Kraft. Die für das vorliegende Verfahren wesentlichen Neuregelungen finden sich in den §§ 11, 32, 36 und 132 UrhG.
§ 11 UrhG wurde durch einen Satz 2 ergänzt:
§ 11 Allgemeines
Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werkes. Es dient zugleich der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werkes.
Die für das vorliegende Verfahren zentrale Vorschrift des § 32 UrhG wurde neu gefasst:
§ 32 Angemessene Vergütung
(1) Der Urheber hat für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt die angemessene Vergütung als vereinbart. Soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird.
(2) Eine nach einer gemeinsamen Vergütungsregel (§ 36) ermittelte Vergütung ist angemessen. Im Übrigen ist die Vergütung angemessen, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer und Zeitpunkt der Nutzung, unter Berücksichtigung aller Umstände üblicher- und redlicherweise zu leisten ist.
(…)
Der in Absatz 2 Satz 1 in Bezug genommene, ebenfalls neu gefasste § 36 UrhG lautet auszugsweise:
§ 36 Gemeinsame Vergütungsregeln
(1) Zur Bestimmung der Angemessenheit von Vergütungen nach § 32 stellen Vereinigungen von Urhebern mit Vereinigungen von Werknutzern oder einzelnen Werknutzern gemeinsame Vergütungsregeln auf. Die gemeinsamen Vergütungsregeln sollen die Umstände des jeweiligen Regelungsbereichs berücksichtigen, insbesondere die Struktur und Größe der Verwerter. In Tarifverträgen enthaltene Regelungen gehen gemeinsamen Vergütungsregeln vor.
(…)
Der an Stelle des § 36 UrhG a.F. neu eingefügte § 32a UrhG räumt dem Urheber einen ergänzenden Vergütungsanspruch ein, wenn sich aufgrund der faktischen Entwicklung nach Vertragsschluss ein auffälliges Missverhältnis zwischen der vereinbarten Vergütung und den Erträgen und Vorteilen des Werkverwerters aus der Nutzung des Werks ergibt („Bestseller-Paragraph”).
§ 132 UrhG enthält unter anderem eine Übergangsregelung für die Neufassung des § 32 UrhG:
§ 132 Verträge
(…)
(3) Auf Verträge oder sonstige Sachverhalte, die vor dem 1. Juli 2002 geschlossen worden oder entstanden sind, sind die Vorschriften dieses Gesetzes vorbehaltlich der Sätze 2 und 3 in der am 28. März 2002 geltenden Fassung weiter anzuwenden. § 32a findet auf Sachverhalte Anwendung, die nach dem 28. März 2002 entstanden sind. Auf Verträge, die seit dem 1. Juni 2001 und bis zum 30. Juni 2002 geschlossen worden sind, findet auch § 32 Anwendung, sofern von dem eingeräumten Recht oder der Erlaubnis nach dem 30. Juni 2002 Gebrauch gemacht wird.
(…)
Satz 3 dieses Absatzes bewirkt mithin eine Anwendung der am 1. Juli 2002 in Kraft getretenen Neufassung des § 32 UrhG auf Vertragsschlüsse ab dem 1. Juni 2001, also dem Zeitpunkt, zu dem der Gesetzentwurf der Bundesregierung dem Bundesrat zugeleitet worden war (vgl. BTDrucks 14/8058, S. 22).
3. Nach der Gesetzesbegründung beruht das Urheberrecht auf dem Grundgedanken, Urheber angemessen an dem wirtschaftlichen Nutzen ihrer Arbeit und ihrer Werke zu beteiligen (Beteiligungsgrundsatz). Dieser Gedanke sei zum Teil umgesetzt, nicht aber dort, wo freiberuflichen Urhebern, etwa literarischen Übersetzern, strukturell überlegene Verwerter gegenüber stünden. Die Gesetzesreform stärke die Rechtsstellung der Urheber als regelmäßig schwächerer Partei gegenüber den Verwertungsunternehmen, indem sie einen Ordnungsrahmen schaffe, innerhalb dessen die Parteien eigenverantwortlich zu angemessenen Absprachen kommen könnten, die auch der heterogenen Struktur der Kulturwirtschaft, zum Beispiel für den Bereich der Kleinverlage, Rechnung trügen (BTDrucks 14/6433, S. 7-12).
4. Im Jahr 2005 einigten sich der Verband deutscher Schriftsteller in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und eine Vielzahl von Verlagen gemäß § 36 UrhG auf „Gemeinsame Vergütungsregeln für Autoren belletristischer Werke in deutscher Sprache” (im Folgenden: Vergütungsregeln für Autoren). Demgegenüber scheiterte der Versuch des Verbands deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke e.V. und der deutschen Verlage, Vergütungsregeln für die Honorierung von Übersetzungsleistungen aufzustellen (vgl. näher von Rom, Der Schutz des Übersetzers im Urheberrecht, 2007, S. 128 f.).
II.
1. Nach Inkrafttreten der Neuregelung gelangten die in verschiedenen Verfahren angerufenen Instanzgerichte bei der Ermittlung einer angemessenen Vergütung für Übersetzungsleistungen auf der Grundlage des § 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG zu unterschiedlichen Ergebnissen (vgl. insbesondere OLG München, Urteil vom 14. Dezember 2006 – 29 U 1728/06 –, ZUM 2007, S. 142 ≪149 f.≫; Urteil vom 8. Februar 2007 – 6 U 5748/05 –, ZUM 2007, S. 308 ≪315 f.≫; OLG Hamburg, Urteil vom 23. Juli 2008 – 5 U 143/06 –, BeckRS 2011, 04008; Kammergericht, Urteil vom 6. März 2009 – 5 U 113/05 –, ZUM 2009, S. 407 ff.).
2. Der Bundesgerichtshof befasste sich erstmals in seiner Entscheidung im Fall „Talking to Addison” vom 7. Oktober 2009 (BGHZ 182, 337 ff.) mit der Frage der angemessenen Vergütung von Übersetzungsleistungen gemäß § 32 UrhG. Einer angemessenen Beteiligung des Urhebers entspreche am ehesten eine Vergütung, die mit den Erträgen aus dem Absatz der Vervielfältigungsstücke verknüpft sei. Auch eine Kombination von Pauschalvergütung – etwa in Form eines Normseitenhonorars – und Absatzvergütung könne angemessen sein, wobei in diesem Fall eine Wechselwirkung zwischen beiden Komponenten bestehe.
III.
Die Beschwerdeführerin ist ein Hardcoververlag. Sie hält eine Minderheitsbeteiligung an der Deutschen Taschenbuchverlag GmbH & Co. KG (dtv), an die sie Taschenbuchlizenzen vergibt.
1. Der Kläger des Ausgangsverfahrens 1 BvR 1843/11 („Destructive Emotions”) war Übersetzer. Aufgrund eines Vertrags mit der Beschwerdeführerin verpflichtete er sich zur Übersetzung des Sachbuchs „Destructive Emotions – Dialog mit dem Dalai Lama”. Er erhielt ein Normseitenhonorar von 19 EUR pro Normseite; ferner wurden ein prozentuales Absatzhonorar bei Verkauf von mehr als 15.000 Exemplaren und eine Beteiligung an Lizenzerlösen aus der Verwertung von Nebenrechten vereinbart. Die Beschwerdeführerin zahlte ein Seitenhonorar von insgesamt 12.901 EUR und – aufgrund des Verkaufs der Taschenbuchrechte an die dtv – eine Lizenzerlösbeteiligung von 575,20 EUR.
a) Der Kläger hielt die Vergütung für unangemessen und klagte auf Einwilligung in eine Vertragsänderung mit dem Ziel einer höheren Vergütung, hilfsweise auf Anpassung der Vergütung durch das Gericht im Wege der Schätzung, ferner auf Auskunft und auf Zahlung des über die bereits gezahlte Vergütung hinausgehenden Betrags. Das Landgericht wies die Klage ab.
Das Oberlandesgericht wies die Berufung zurück (Urteil vom 27. November 2008 – 29 U 5320/07 –, ZUM-RD 2009, S. 268). Im Zusammenwirken von Normseitenhonorar, Absatzvergütung und Lizenzerlösbeteiligung sei die Übersetzervergütung nicht unangemessen.
b) Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Oberlandesgerichts teilweise auf (Urteil vom 20. Januar 2011 – I ZR 19/09 –, GRUR 2011, S. 328). Er verurteilte die Beschwerdeführerin zur Einwilligung in die Abänderung der Vergütungsklausel des Übersetzervertrags, zur Auskunftserteilung und zu einer dementsprechenden Nachzahlung in Höhe von 6.841,22 EUR. Soweit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren von Bedeutung, führte der Bundesgerichtshof aus, die Übersetzungen des Klägers stellten persönliche geistige Schöpfungen dar, die nach § 2 Abs. 2, § 3 Satz 1 UrhG Urheberrechtsschutz genössen. Der Kläger könne von der Beschwerdeführerin nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG die Einwilligung in die Änderung des Übersetzungsvertrags beanspruchen, weil die vereinbarte Vergütung nicht angemessen im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG sei. Im Hinblick auf das Seiten- und Absatzhonorar verwies der Bundesgerichtshof auf sein Urteil in der Sache „Talking to Addison” aus dem Jahr 2009 (BGHZ 182, 337) (aa). Für die Beteiligung des Übersetzers an Lizenzerlösen stellte der Bundesgerichtshof im angegriffenen Urteil neue Grundsätze auf (bb).
aa) Die Angemessenheit der Vergütung sei ex ante, bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, zu beurteilen. Eine Vergütung sei nur dann redlich, wenn sie die Interessen des Urhebers neben den Interessen des Verwerters gleichberechtigt berücksichtige. Dafür müsse der Urheber grundsätzlich an jeder wirtschaftlichen Nutzung seines Werks angemessen beteiligt sein. Es entspreche dem Beteiligungsgrundsatz am ehesten, die Vergütung des Urhebers mit dem Absatz der Vervielfältigungsstücke zu verknüpfen. Der wirtschaftlichen Situation des Verlags sei zwar bei der Bemessung der Höhe der Absatzvergütung Rechnung zu tragen; sie könne es aber nicht rechtfertigen, Übersetzern das angemessene Entgelt für die Nutzung ihrer Werke vorzuenthalten. Für die Bestimmung der angemessenen Vergütung könnten die Vergütungsregeln für Autoren als Orientierungshilfe herangezogen werden. Den Unterschieden zwischen Autoren und Übersetzern könne durch Modifikation der Vergütungsregeln hinreichend Rechnung getragen werden.
Entsprechend den im Fall „Talking to Addison” entwickelten Grundsätzen sei hiernach als Absatzvergütung für die Einräumung des Rechts zur Vervielfältigung und Verbreitung der Übersetzung in Buchform grundsätzlich eine Beteiligung am Nettoladenverkaufspreis jedes verkauften, bezahlten und nicht remittierten Exemplars in Höhe von 2 % bei Hardcoverausgaben und in Höhe von 1 % bei Taschenbuchausgaben angemessen. Diese Werte ergäben sich durch Ermäßigung der für Autoren vorgesehenen Vergütungssätze auf ein Fünftel. Denn verglichen mit dem Originalwerk sei der schöpferische Gehalt der Übersetzung, die für das Erscheinen des fremdsprachigen Werks in deutscher Sprache zwar unverzichtbar sei, jedoch von diesem Werk abhänge und ihm diene, in aller Regel geringer. Soweit Übersetzer das Seitenhonorar als nicht rückzahlbares Garantiehonorar erhielten, sei die Absatzvergütung mangels besonderer Umstände für Hardcoverausgaben auf 0,8 % und für Taschenbuchausgaben auf 0,4 % herabzusetzen und jeweils erst ab dem fünftausendsten Exemplar zu zahlen. Das Seitenhonorar sei hingegen nicht mit der Absatzvergütung zu verrechnen. Ansonsten würde das gesetzgeberische Ziel, die wirtschaftliche Situation insbesondere der literarischen Übersetzer zu verbessern, nicht erreicht, weil es in 85 % der Fälle zu keinen höheren Zahlungen an Übersetzer käme.
Bei der Festsetzung einer angemessenen Vergütung nach billigem Ermessen seien alle zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbaren Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, allerdings nur insoweit, als sie die Dauer oder den Umfang der Verwertung des Werks beeinflussten. Denn die angemessene Vergütung nach § 32 Abs. 1 Satz 1 UrhG werde nicht für die erbrachte Leistung und für die damit verbundene Arbeit, sondern für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung geschuldet. Der Arbeitsaufwand für die Erstellung der Übersetzung könne sich jedoch mittelbar auf die Bemessung der Nutzungsvergütung auswirken, da die Höhe der Absatzvergütung von der Höhe des Seitenhonorars und diese wiederum vom Arbeitsaufwand bei der Erstellung der Übersetzung abhänge. So könne die Zahlung eines niedrigeren als des angemessenen Seitenhonorars eine entsprechende Erhöhung der Absatzvergütung – und umgekehrt – rechtfertigen. Im vorliegenden Fall komme dies jedoch nicht in Betracht, da das vereinbarte Seitenhonorar nicht außergewöhnlich weit vom Durchschnitt abweiche. Auch andere besondere Umstände, die eine niedrigere als die normalerweise angemessene Absatzvergütung rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. Im Ergebnis bezog der Bundesgerichtshof die Absatzbeteiligung in die Verurteilung zur Zahlung mit einem Betrag von 1.600,42 EUR ein.
bb) Im Hinblick auf die Beteiligung des Übersetzers an Lizenzerlösen änderte der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung. Auch hier sei grundsätzlich die Übersetzervergütung auf ein Fünftel der Vergütung des Autors des fremdsprachigen Werks festzusetzen. Der Erlösanteil des Übersetzers dürfe allerdings nicht höher sein als der Erlösanteil, der dem Verlag verbleibe. Eine Beteiligung des Übersetzers an den Erlösen aus der Einräumung von Nebenrechten sei nur angebracht, soweit bei der Verwertung der Nebenrechte von der Leistung des Übersetzers Gebrauch gemacht werde; dies sei bei einer Taschenbuchlizenz vollständig der Fall.
Der Einwand, eine derart hohe Beteiligung der Übersetzer an Nebenrechtserlösen sei für die Verlage wirtschaftlich nicht tragbar und nicht kostendeckend, sei unbegründet. Bei der Vergabe von Lizenzen an übersetzten Werken handle der Verlag mit den Rechten, die ihm der Autor und der Übersetzer zur Nutzung eingeräumt hätten. Es treffe daher nicht zu, dass die Höhe der Lizenzeinnahmen nichts mit der schöpferischen Leistung des Übersetzers zu tun habe. Die Verlage beteiligten die Autoren in beträchtlicher Höhe an den Nebenrechtserlösen. Sie könnten sich daher einer Beteiligung der Übersetzer an diesen Erlösen nicht verweigern, die in ihrer Höhe – gemessen an der Beteiligung des Autors – deren schöpferischer Leistung entspreche. Im Ergebnis bezog der Bundesgerichtshof die Lizenzerlösbeteiligung in die Verurteilung zur Zahlung mit einem Fünftel des „Autorenanteils” ein, mithin nach seiner Berechnung mit 14 % oder 5.368,44 EUR, abzüglich des bereits vorgerichtlich bezahlten Betrags.
c) Mit ihrer Anhörungsrüge machte die Beschwerdeführerin geltend, der Bundesgerichtshof habe in drei Punkten ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Mit Beschluss vom 7. April 2011 wies der Bundesgerichtshof die Anhörungsrüge vollumfänglich als unbegründet zurück (GRUR-RR 2011, S. 293).
Mit ihrer Anhörungsrüge trug die Beschwerdeführerin unter anderem vor, der Bundesgerichtshof habe bei der Verurteilung zur Einwilligung in eine Vertragsänderung hinsichtlich der Nebenrechtsbeteiligung nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Bemessungsgrundlage der Nebenrechtsbeteiligung des Übersetzers – der Autorenanteil – nicht vollständig dem fremdsprachigen Originalautor zufließe, sondern im konkreten Fall zu 30 % dessen Verlag und zu weiteren 15 % dessen Agentur. Die Anhörungsrüge bezog sich demgegenüber nicht ausdrücklich auch auf die Höhe des an den Kläger zu zahlenden Betrags.
Der Bundesgerichtshof wies diesen Vortrag mit der Begründung zurück, das als übergangen gerügte Vorbringen zum Autorenanteil bei der Lizenzbeteiligung sei nicht entscheidungserheblich für die Verurteilung zur Einwilligung in die Vertragsänderung gewesen. Der Senat habe deutlich gemacht, dass die Beteiligung des Übersetzers an den Nettoerlösen aus der Vergabe von Nebenrechten mit dem Grundsatz im Einklang stehen müsse, dass es erforderlich, aber auch ausreichend sei, die Übersetzervergütung auf ein Fünftel der Autorenvergütung zu ermäßigen, um der gegenüber dem Originalwerk in aller Regel nachgeordneten schöpferischen und wirtschaftlichen Bedeutung der Übersetzung gerecht zu werden.
2. Der Kläger im Ausgangsverfahren 1 BvR 1842/11 („Drop City”) ist ebenfalls Übersetzer.
Aufgrund eines Vertrags mit der Beschwerdeführerin vom Februar/März 2002 verpflichtete er sich zur Übersetzung des Romans „Drop City” von T. C. Boyle. Er erhielt ein Garantiehonorar von 18,50 EUR pro Normseite; ferner wurden ein prozentuales Absatzhonorar bei Verkauf von mehr als 20.000 Exemplaren und eine Beteiligung an Lizenzerlösen vereinbart. Die Beschwerdeführerin zahlte letztlich ein Seitenhonorar von insgesamt 13.264,50 EUR, eine Absatzvergütung von 3.144,62 EUR und eine Lizenzerlösbeteiligung von 1.560 EUR. Die Rechte für eine Taschenbuch- und eine Buchgemeinschaftsausgabe hatte sie an dritte Verlage verkauft.
a) Der Kläger verlangte beim Landgericht die Einwilligung in eine Vertragsänderung mit dem Ziel einer höheren Vergütung, hilfsweise die Anpassung der Vergütung durch das Gericht im Wege der Schätzung, ferner Auskunft und Zahlung des über die bereits gezahlte Vergütung hinausgehenden Betrags. Nachdem das Landgericht der Klage zu einem kleinen Teil stattgegeben hatte, wies das Oberlandesgericht auf die Berufung der Beschwerdeführerin die Klage aus den gleichen Gründen wie im Verfahren „Destructive Emotions” insgesamt ab (Urteil vom 27. November 2008 – 29 U 5319/07 –, ZUM 2009, S. 300).
b) Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Oberlandesgerichts teilweise auf (Urteil vom 20. Januar 2011 – I ZR 20/09 –, ZUM 2011, S. 403 ff.). Er verurteilte die Beschwerdeführerin zur Einwilligung in die Abänderung der Vergütungsklausel des Übersetzervertrags, zur Auskunftserteilung und zur Zahlung von 13.073,04 EUR.
Nach § 132 Abs. 3 Satz 3 UrhG sei § 32 UrhG in der neuen Fassung auf den im Februar/März 2002 geschlossenen Übersetzungsvertrag anzuwenden, da von dem eingeräumten Recht nach dem 30. Juni 2002 Gebrauch gemacht worden sei. Habe der Vertragspartner nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG in die Änderung des Vertrags einzuwilligen, könne der Urheber die angemessene Vergütung auf der Grundlage des geänderten Vertrags auch für Nutzungen verlangen, die vor Inkrafttreten der Bestimmung am 1. Juli 2002 gezogen worden seien. Gemäß § 132 Abs. 3 Satz 3 UrhG sei § 32 UrhG anwendbar nicht „soweit”, sondern „sofern” von dem eingeräumten Recht nach dem 30. Juni 2002 Gebrauch gemacht werde.
Im Hinblick auf die Auslegung von § 32 UrhG verwies der Bundesgerichtshof auf sein Urteil vom selben Tag in der Sache „Destructive Emotions”. Auch im Streitfall sei die vereinbarte Normseitenvergütung von 18,50 EUR nicht unangemessen hoch.
Im Ergebnis gingen die Absatzbeteiligung in die Verurteilung zur Zahlung mit 7.562,41 EUR ein sowie die Lizenzerlösbeteiligung mit 12 % des „Autorenanteils” oder 9.360 EUR, jeweils abzüglich des bereits vorgerichtlich bezahlten Betrags.
c) Die Beschwerdeführerin rügte mit ihrer Anhörungsrüge wie im Verfahren „Destructive Emotions” eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs. Der Bundesgerichtshof wies die Anhörungsrüge aus den gleichen Gründen zurück.
IV.
Mit ihren Verfassungsbeschwerden rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG, hilfsweise aus Art. 2 Abs. 1 GG, sowie aus Art. 3 Abs. 1 GG; außerdem rügt sie der Sache nach eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG durch unzulässige Rechtsfortbildung. Mit der Verfassungsbeschwerde in dem Verfahren 1 BvR 1842/11 rügt sie daneben eine Verletzung ihres grundrechtlich geschützten Vertrauens in die alte Rechtslage.
Die Beschwerdeführerin wendet sich unmittelbar gegen die Urteile des Bundesgerichtshofs in den Verfahren „Destructive Emotions” und „Drop City” (3.). Mittelbar richten sich die Verfassungsbeschwerden gegen § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 UrhG (1.) sowie in dem Verfahren 1 BvR 1842/11 („Drop City”) außerdem gegen § 132 Abs. 3 Satz 3 UrhG (2.).
1. Die Beschwerdeführerin sieht sich durch § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG in ihrer durch die Berufsfreiheit geschützten Vertragsfreiheit und Privatautonomie verletzt. Die Vorschrift erlaube den nachträglichen Eingriff in bestehende, in Ausübung des Berufs der Beschwerdeführerin geschlossene Übersetzerverträge. Der Eingriff wiege schwer, da er sich auf die synallagmatische Hauptleistungspflicht des Verwerters beziehe, nämlich auf die Höhe des vereinbarten Entgelts. Dieses sei wesentlicher Bestandteil der Kalkulation des Verlags und beeinflusse damit bereits die Entscheidung, ob ein Werk überhaupt übersetzt werden solle. § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG erlaube eine Änderung dieser Kalkulationsgrundlage ausschließlich zu Lasten des Verwerters und bedeute bis zur Verjährungsgrenze eine schwerwiegende Rechtsunsicherheit. Der Verlag habe keine Möglichkeit, die daraus resultierenden höheren Übersetzungskosten zu kompensieren.
Damit verfehle das Gesetz das verfassungsrechtliche Gebot praktischer Konkordanz zwischen den kollidierenden Grundrechten der Übersetzer einerseits und der Verwerter andererseits. Der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien lasse in der Regel auf einen durch Vertrag hergestellten sachgerechten Interessenausgleich schließen, den der Staat grundsätzlich zu respektieren habe. Nicht jedes mögliche, sondern nur ein fundamentales, ungewöhnlich belastendes Ungleichgewicht zwischen den Vertragspartnern rechtfertige einen Eingriff in die übereinstimmend getroffene Regelung.
Vor diesem Hintergrund sei die angegriffene Vorschrift unverhältnismäßig. Sie setze nicht voraus, dass zwischen Urheber und Verwerter tatsächlich eine erheblich ungleiche Verhandlungsposition bestanden habe, noch dass hieraus eine ungewöhnliche Benachteiligung des Urhebers resultiere; vielmehr genüge bereits die Unangemessenheit des vereinbarten Honorars. Damit könne sich der Urheber noch Jahre nach Vertragsschluss von der Vergütungsvereinbarung lösen, auch wenn diese gar nicht Ausdruck gestörter Vertragsparität gewesen sei. Zwar enthalte das Recht auch ansonsten Schutzvorschriften zugunsten der bei typisierter Betrachtung als unterlegen angesehenen Seite; eine Regelung wie § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG sei der deutschen Rechtsordnung hingegen fremd. Dies zeige ein Vergleich mit der Generalklausel des § 138 BGB, die stets ein auffälliges Missverhältnis der versprochenen Leistungen als Voraussetzung für die Nichtigkeitsfolge verlange. Dementsprechend hätte es genügt, im Urhebervertragsrecht eine Vergütungsanpassung in Fällen eines auffälligen Missverhältnisses vorzusehen.
2. § 132 Abs. 3 Satz 3 UrhG sei verfassungswidrig, weil die dadurch angeordnete unechte Rückwirkung gegen den verfassungsrechtlich gewährleisteten Vertrauensschutz der Beschwerdeführerin verstoße. Die belastende Folge der Angemessenheitsprüfung werde gemäß § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 UrhG auch an Verträge geknüpft, die bis zum 30. Juni 2002 geschlossen worden seien. Die Neuregelung trage den Interessen der Verlage nicht hinreichend Rechnung. Weder die rechtspolitische Diskussion seit der Übersendung des Gesetzentwurfs an den Bundesrat am 1. Juni 2001 (BTDrucks 14/8058, S. 22) noch die Übersendung an den Bundestag ließen im vorliegenden Fall den Vertrauensschutz entfallen, da die dort eingebrachten Entwürfe (BTDrucks 14/6433; 14/7564) ganz erheblich von der schließlich Gesetz gewordenen Fassung abgewichen seien.
3. Die Gesetzesauslegung und -anwendung durch den Bundesgerichtshof sei gleichheitswidrig und willkürlich, was mit einer Verletzung ihrer Wettbewerbsfreiheit einhergehe. Darin liege zugleich eine unzulässige Rechtsfortbildung.
a) Es liege ein Verstoß sowohl gegen den allgemeinen Gleichheitssatz als auch gegen die Wettbewerbsfreiheit vor, weil die Beschwerdeführerin als reiner Hardcoververlag bei der Nebenrechtsbeteiligung des Übersetzers gegenüber solchen Verlagen ungerechtfertigt benachteiligt werde, die auch Taschenbücher in eigener Regie herausgäben. Der Bundesgerichtshof hätte auf eine hypothetische eigene Taschenbuchverwertung und nicht auf die eigene Verwertung als Hardcoverausgabe durch die Beschwerdeführerin abstellen müssen. Für diese Ungleichbehandlung sei eine sachliche Rechtfertigung nicht zu erkennen.
b) Der Bundesgerichtshof habe die sachlich und zeitlich für den Vertragsschluss einschlägigen Honorarempfehlungen 1999/2000 der Mittelstandsgemeinschaft literarische Übersetzerinnen und Übersetzer in der IG Medien und im Verband deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke e.V. (VdÜ) („Mittelstandsempfehlungen”) willkürlich außer Acht gelassen. Stattdessen habe er die erst nach Vertragsschluss im Jahr 2005 in Kraft getretenen Vergütungsregeln für Autoren herangezogen. Es sei ferner willkürlich, den Vergütungsanspruch zu fragmentieren, anstatt im Rahmen einer Gesamtbetrachtung das überdurchschnittliche Seitenhonorar auf die Absatzvergütung anzurechnen.
c) Unvertretbar sei auch die Anknüpfung des Übersetzerhonorars an den Anteil des ausländischen Autors bei der Nebenrechtsbeteiligung. Die Fünftel-Regelung lasse sich auf die meist höheren Sätze fremdsprachiger Autoren – im Fall „Destructive Emotions” 70 % und im Fall „Drop City” 60 % der Lizenzerlöse – nicht übertragen. In dem vom Bundesgerichtshof herangezogenen „Autorenanteil” seien im Fall „Destructive Emotions” 15 % für die Agentur und 30 % von dem danach verbleibenden Betrag für den ausländischen Verlag sowie im Fall „Drop City” 15 % für die schweizerische Agentur und 15 % von dem verbleibenden Betrag für die beteiligte US-amerikanische Agentur enthalten, die der Bundesgerichtshof ebenfalls der Berechnung der Übersetzerbeteiligung zugrunde lege.
d) Das ausgeurteilte Ergebnis zeige die Unangemessenheit der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs. Der Übersetzer erhalte demnach als Honorar nicht etwa ein Fünftel der Vergütung des Autors, sondern im Fall „Destructive Emotions” rund 56 % und im Fall „Drop City” über ein Viertel der Vergütung des Autors.
V.
Zu den Verfassungsbeschwerden haben die Bundesregierung, die Deutsche Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht e.V., die Kläger der Ausgangsverfahren, der Verband deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke e.V., der Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer e.V., der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und der Berufsverband Kinematografie e.V. Stellung genommen. Sie gehen mit Ausnahme des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels davon aus, dass die Neuregelung den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht.
1. Das Bundesministerium der Justiz vertritt für die Bundesregierung die Auffassung, der Gesetzgeber sei bei der Verabschiedung der Neuregelung im Jahr 2002 zu Recht bei einer typisierenden Betrachtung von einer strukturellen Störung des Verhandlungsgleichgewichts zwischen Urhebern und Verwertern ausgegangen. Die Einholung von Stellungnahmen betroffener Verbände habe zu der Schlussfolgerung geführt, dass eine solche Störung des Verhandlungsgleichgewichts weiter vorliege. Die konkrete Ausgestaltung des Anspruchs des Urhebers auf angemessene Vergütung verstoße nicht gegen das Übermaßverbot. Im Gesetzgebungsverfahren sei man den Einwänden der Verwerterseite entgegengekommen. Die Feststellung einer kausalen Störung der Vertragsparität in jedem Einzelfall sei nicht erforderlich.
Die durch § 132 Abs. 3 Satz 3 UrhG bewirkte unechte Rückwirkung sei gerechtfertigt, da das Vertrauen der Werkverwerter auf den Fortbestand der damaligen Rechtslage nicht besonders schützenswert sei und hinter das mit der Neuregelung verfolgte, berechtigte Anliegen zurücktreten müsse. Die Übergangsregelung trage dem Umstand Rechnung, dass von vertraglich eingeräumten Nutzungsrechten meist über Jahre hinweg Gebrauch gemacht werde und unangemessene Vertragsbedingungen fortwirkten. Demgegenüber erfasse die Rückwirkung maximal einen Zeitraum von 13 Monaten. Bereits vor der Einbringung des Gesetzentwurfs in den Bundestag am 28. Juni 2001 sei das Vertrauen durch die intensive Diskussion der geplanten Neuregelung in den Medien maßgeblich erschüttert gewesen.
2. Auch nach Auffassung der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht e.V. ist in der Regel der Urheber die gegenüber dem Verwerter schwächere Vertragspartei. Ohne die in § 32 UrhG vorgesehene Korrekturmöglichkeit würde das unter der Eigentumsgarantie stehende Prinzip der angemessenen Vergütung nicht hinreichend gesichert. Der Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregelungen hätten sich die Verwerter bisher tendenziell entzogen, gerade auch im Verhältnis zu den Übersetzern.
3. Die Kläger der Ausgangsverfahren teilen in ihren im Wesentlichen inhaltsgleichen Stellungnahmen die Auffassung, dass zwischen Verlagen und Übersetzern weiterhin eine gestörte Vertragsparität bestehe. Verlage verwendeten üblicherweise Vertragsmuster als Allgemeine Geschäftsbedingungen. Verhandlungen über die Höhe des Normseitenhonorars seien nur in engen Grenzen möglich. De facto habe die Entwicklung der Honorare zu einem erheblichen Kaufkraftrückgang bei den Übersetzern geführt. Bei den Normseitenhonoraren sei zu berücksichtigen, dass das werkvertragliche Element dominiere und der arbeitsreiche Schöpfungsakt entlohnt werde.
Eine Prüfung der Störung der Vertragsparität im Einzelfall lehnen die Kläger ab. Der Gesetzgeber habe die Vergütung der Literaturübersetzer insgesamt nicht hinnehmen wollen. Eine Schlechterstellung reiner Hardcoververlage durch eine höhere Nebenrechtsvergütung für Taschenbücher im Vergleich zu der Absatzbeteiligung beim Eigenverlag der Taschenbuchausgabe sei nicht zu erkennen. Der Eigenverlag sei mit einem höheren unternehmerischen Risiko verbunden, der Verlag müsse hierfür eine eigene Infrastruktur unterhalten sowie die Herstellungs- und Vertriebskosten tragen.
Die Zugrundelegung des ausländischen Autorenanteils im Rahmen der Nebenrechtsvergütung führe das System des Fünftelanteils fort. Das Abstellen auf den ausländischen Autor könne damit begründet werden, dass die Vergütungsregeln für Autoren in diesem Punkt keine Orientierung gäben, da sie nur für deutsche Autoren gälten.
4. Der Verband deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke e.V. gelangt auf der Grundlage einer Online-Umfrage unter seinen Mitgliedern und der Auswertung interner Daten zu dem Ergebnis, dass sich die Vergütungssituation der Übersetzer seit der Neuregelung bisher nicht verbessert habe. Die durchschnittliche Normseitenvergütung sei zwar im Zeitraum 2004 bis 2008 gegenüber dem Zeitraum 2002 bis 2004 sowohl im Hardcover- als auch im Taschenbuchbereich nominal leicht gestiegen, gemessen an der Kaufkraft aber gefallen. Es zeichne sich ab, dass die vom Bundesgerichtshof vorgegebene Absatzbeteiligung von keinem der größeren Verlage vollständig umgesetzt werde.
Darüber hinaus merken der Verband deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke e.V. und der Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer e.V. an, dass die Branche seit jeher mit dem Begriff „Autorenanteil” operiere und darunter den an den Rechtegeber im Ausland abzuführenden Anteil verstehe, ohne sich um die dortige Aufteilung zu kümmern. Es sei unsachgemäß und urheberrechtswidrig, wenn die Höhe des Übersetzeranteils davon abhängig gemacht würde, ob und zu welchen Kosten ein Autor einen Agenten beschäftige oder dem Originalverlag eine Beteiligung schulde.
5. Nach Auffassung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels liegt zwischen Urhebern und Werkverwertern keine gestörte Vertragsparität vor. Eine solche würde sich wirtschaftlich typischerweise in überproportional hohen Unternehmergewinnen der Verleger im Verhältnis zu den Honoraren der Urheber niederschlagen. Gerade dies sei aber bei übersetzten Publikumstiteln nicht der Fall. Vielmehr würden die Verlage mit 87 % der übersetzten Titel Verluste oder eine Umsatzrendite unter 5 % erwirtschaften. Die schlechte wirtschaftliche Situation vieler Übersetzer sei nicht auf Ausbeutung durch die Verlage, sondern auf die traditionell schwierige Gesamtsituation im Bereich der Publikumsliteratur zurückzuführen.
Der Verlust an Rechts- und Kalkulationssicherheit aufgrund der durch § 32 UrhG ermöglichten nachträglichen Anpassung der Werkvergütung erschwere die bisher praktizierte Mischkalkulation der Verlage und zwinge sie, sich auf sichere Produkte zu konzentrieren. Man werde den Verhältnissen im zu entscheidenden Einzelfall auch dann nicht zwangsläufig gerecht, wenn man eine Feststellung des Vorliegens gestörter Vertragsparität im konkreten Fall verlange. § 32 UrhG lasse nicht die Prüfung zu, ob der Werknutzer die betroffenen Urheber in Summe angemessen beteiligt habe. Es sei deshalb nicht vorstellbar, wie § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG im Wege verfassungskonformer Auslegung „gerettet” werden könne. Der Gesetzgeber müsse sich darauf beschränken, unabhängig vom Kriterium der Vertragsparität Äquivalenzstörungen zu korrigieren, die zu einer offenkundigen, groben Benachteiligung des Urhebers durch den Werknutzer führten. Mit § 32 UrhG habe der Gesetzgeber der Entwicklung alternativer Vergütungsmodelle einen Riegel vorgeschoben.
Bezüglich der Übergangsregelung in § 132 Abs. 3 Satz 3 UrhG ist der Börsenverein der Auffassung, dass wegen eines von ihm als chaotisch bezeichneten Verlaufs des Gesetzgebungsverfahrens das Ergebnis der Neuregelung in hohem Maße unvorhersehbar gewesen sei.
Bei der Nebenrechtsvergütung führe die vom Bundesgerichtshof entwickelte Fünftelformel nach Berechnungen des Börsenvereins dazu, dass die Übersetzervergütung bei einer Lizenzierung der Taschenbuchrechte um 213 % über der hypothetischen Vergütung einer Eigenverwertung als Taschenbuch liege. Dies sei nicht gerechtfertigt, da in beiden Fällen für den Verlag wirtschaftliche Chancen und Risiken bestünden.
Schließlich sei die Heranziehung des ausländischen Verlagsanteils im Rahmen der Anwendung der Fünftelformel von vornherein ungeeignet. Damit würden nicht nur die Leistung des ausländischen Schriftstellers, sondern auch die wirtschaftlichen Leistungen der in seinem Lager stehenden Partner entgolten.
Entscheidungsgründe
B.
Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig, aber unbegründet. Weder die Regelungen des § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 UrhG (I.) noch die des § 132 Abs. 3 Satz 3 UrhG (II.) noch die angegriffenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (III.) verletzen die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten.
I.
§ 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 UrhG ist mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht gehindert, eine Regelung zu treffen, die den Urhebern einen Anspruch auf gerichtliche Kontrolle der von ihnen geschlossenen Verträge auf die Angemessenheit der vereinbarten Vergütung gewährt.
1. Die angegriffenen Regelungen betreffen die Berufsfreiheit der Verwerter. Art. 12 Abs. 1 GG schützt die Freiheit der Berufsausübung als Grundlage der persönlichen und wirtschaftlichen Lebensführung. Das Grundrecht umschließt auch die Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen verbindlich auszuhandeln (vgl. BVerfGE 101, 331 ≪347≫; 117, 163 ≪181≫ m.w.N.). Vergütungsregeln und hierauf gründende Entscheidungen, die auf die Einnahmen, welche durch eine berufliche Tätigkeit erzielt werden können, und damit auch auf die Existenzerhaltung von nicht unerheblichem Einfluss sind, beschränken die Freiheit der Berufsausübung (vgl. BVerfGE 101, 331 ≪347≫). Auf den Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG kann sich die Beschwerdeführerin als juristische Person gemäß Art. 19 Abs. 3 GG berufen (vgl. BVerfGE 106, 275 ≪298≫ m.w.N.; stRspr).
Die Vertragsfreiheit wird zwar auch durch das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG geschützt (vgl. BVerfGE 65, 196 ≪210≫; 74, 129 ≪151 f.≫). Betrifft eine gesetzliche Regelung jedoch die Vertragsfreiheit – wie hier – gerade im Bereich beruflicher Betätigung, die ihren speziellen Schutz in Art. 12 Abs. 1 GG gefunden hat, tritt die allgemeine Handlungsfreiheit als Prüfungsmaßstab zurück (vgl. BVerfGE 68, 193 ≪223 f.≫; 77, 84 ≪118≫; 95, 173 ≪188≫; 116, 202 ≪221≫).
2. Der Gesetzgeber darf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen einzelvertraglich zu vereinbaren, jedoch durch zwingendes Gesetzesrecht begrenzen, um sozialen oder wirtschaftlichen Ungleichgewichten entgegenzuwirken (vgl. BVerfGE 81, 242 ≪255≫). Wie auch bei sonstigen privatrechtlichen Regelungen, die der freien Vertragsgestaltung Grenzen setzen, geht es bei privatrechtlichen Preisregelungen um den Ausgleich widerstreitender Interessen (vgl. BVerfGE 97, 169 ≪176≫). Insoweit handelt es sich nicht um einseitige Eingriffe des Staates in die Freiheitsausübung Privater, sondern um einen Ausgleich, bei dem die Freiheit der einen mit der Freiheit der anderen in Einklang zu bringen ist. Dabei kollidierende Grundrechtspositionen sind hierfür in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und – unter Berücksichtigung des sozialstaatlichen Auftrags – nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz so in Ausgleich zu bringen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden (vgl. BVerfGE 89, 214 ≪232≫; 97, 169 ≪176≫; 129, 78 ≪101 f.≫).
Entsprechend kann die hierbei vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsprüfung und Abwägung nicht allein aus der Perspektive eines einzelnen Grundrechts vorgenommen werden, sondern hat sich auf den Ausgleich zwischen gleichberechtigten Grundrechtsträgern zu beziehen. Will der Gesetzgeber einen solchen Ausgleich den Gerichten im Einzelfall überantworten, genügt es, wenn diese auf der Grundlage der maßgeblichen Vorschriften die Möglichkeit haben, zu einer der Verfassung entsprechenden Zuordnung der kollidierenden Rechtsgüter zu gelangen (vgl. BVerfGE 115, 205 ≪235≫).
Für die Herstellung eines solchen Ausgleichs verfügt der Gesetzgeber über einen weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfGE 97, 169 ≪176≫; 129, 78 ≪101≫). Die Einschätzung der für die Konfliktlage maßgeblichen ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen liegt in seiner politischen Verantwortung, ebenso die Vorausschau auf die künftige Entwicklung und die Wirkungen seiner Regelung. Dasselbe gilt für die Bewertung der Interessenlage, das heißt die Gewichtung der einander entgegenstehenden Belange und die Bestimmung ihrer Schutzbedürftigkeit (vgl. BVerfGE 81, 242 ≪255≫; 97, 169 ≪176 f.≫). Der Gesetzgeber ist nicht daran gehindert, jenseits allgemein-zivilrechtlicher Generalklauseln spezielle Schutzmechanismen einzuführen, auch wenn er hierzu nicht aufgrund des Eingreifens grundrechtlicher Schutzpflichten angehalten sein mag. Insbesondere kann er durch spezielle Schutzvorschriften zugunsten des typischerweise unterlegenen Vertragsteils einen stärkeren Schutz vorsehen, als ihn die Gerichte durch Anwendung der bestehenden Generalklauseln im konkreten Fall gewähren könnten. Eine Grundrechtsverletzung kann in einer solchen Lage nur festgestellt werden, wenn eine Grundrechtsposition den Interessen des anderen Vertragspartners in einer Weise untergeordnet wird, dass in Anbetracht der Bedeutung und Tragweite des betroffenen Grundrechts von einem angemessenen Ausgleich nicht mehr gesprochen werden kann (vgl. BVerfGE 97, 169 ≪176 f.≫).
3. In der Regelung des § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG liegt keine übermäßige Beeinträchtigung der Berufsfreiheit der Verwerter.
a) Die Regelung des § 32 UrhG soll die Interessen des Verwerters – hier des beschwerdeführenden Verlags – einerseits und die Interessen des Urhebers andererseits dadurch in Einklang bringen, dass der Urheber vom Verwerter eine angemessene Vergütung für die Einräumung der Nutzungsrechte verlangen kann und das Recht erhält, die Angemessenheit der Vergütung gerichtlich überprüfen zu lassen. Bei der Regelung der Vergütung der Urheber durch § 32 Abs. 1 UrhG steht der Berufsfreiheit der Verwerter die ebenfalls grundrechtlich geschützte Vertragsfreiheit der Urheber sowie deren Recht auf die Verwertung ihres geistigen Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG gegenüber. Zu den konstituierenden Merkmalen des Urheberrechts als Eigentum im Sinne der Verfassung gehören dabei die grundsätzliche Zuordnung des vermögenswerten Ergebnisses der schöpferischen Leistung an den Urheber im Wege privatrechtlicher Normierung sowie seine Freiheit, in eigener Verantwortung darüber verfügen zu können (vgl. BVerfGE 31, 229 ≪240 f.≫; 79, 1 ≪25≫).
b) Die vom Gesetzgeber gewählte Lösung genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Sie bringt die sich gegenüberstehenden Grundrechte in einen schonenden Ausgleich, der Verhältnismäßigkeitsanforderungen gerecht wird. Indem diese Vorschriften sozialen und wirtschaftlichen Ungleichgewichten entgegenwirken, verwirklichen sie zudem die objektiven Grundentscheidungen des Grundrechtsabschnitts und damit zugleich das grundgesetzliche Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 8, 274 ≪329≫; 81, 242 ≪255≫).
aa) Der Gesetzgeber hat den Interessenkonflikt zwischen Verwertern und Urhebern angesichts der gestörten Vertragsparität berechtigterweise für regelungsbedürftig gehalten.
§ 32 UrhG soll insbesondere Urhebern mit schwacher Verhandlungsposition und niedrigem Einkommen helfen, ihr Urheberrecht auch wirtschaftlich zu realisieren. Die Gesetzesnovelle kann damit den Schutzzweck des Art. 14 Abs. 1 GG und des Sozialstaatsprinzips für sich in Anspruch nehmen (vgl. Dietz, IIC 2002, S. 828 ≪832≫; Loewenheim, in: Schricker/ders., Urheberrecht, 4. Aufl. 2010, Einleitung Rn. 14). Außerdem erfordert der grundrechtliche Schutz der Privatautonomie aus Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, dass sich die in einem Vertragsschluss liegende Selbstbestimmung nicht aufgrund des starken Übergewichts einer Partei in Fremdbestimmung der anderen Partei verkehrt (vgl. BVerfGE 81, 242 ≪255≫; 89, 214 ≪232≫; 103, 89 ≪100 f.≫).
Das Verhältnis von Urhebern und Verwertern ist von gegenseitiger Abhängigkeit geprägt (vgl. Bayreuther, UFITA 2002, S. 623 ≪632 f.≫), da die höchstpersönlichen Leistungen von Urhebern der Vermarktung bedürfen. Der Gesetzgeber ist in nachvollziehbarer Weise davon ausgegangen, dass die angemessene Beteiligung der Urheber am wirtschaftlichen Nutzen ihrer Arbeit und Werke (Beteiligungsgrundsatz) nur teilweise gewährleistet ist (vgl. BTDrucks 14/6433, S. 7 ff.; vgl. auch Voß, Der Anspruch des Urhebers auf die angemessene Vergütung und die weitere angemessene Beteiligung, 2005, S. 11 ff. m.w.N.; Wandtke/Grunert, in: Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 32 Rn. 30 m.w.N.; Nies/Rehberg, Zur Honorar- und Einkommenssituation der Übersetzerinnen und Übersetzer, Studie des Instituts für Medienforschung und Urbanistik e.V. im Auftrag des Verbands deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke e.V., Juni 2004, S. 8 ff.). Urheber stellen nach der Begründung des Gesetzentwurfs regelmäßig die schwächere Partei dar, ihre wirtschaftliche Lage sei häufig schwierig. Freiberufliche literarische Übersetzer erhielten zumeist nur kärgliche Pauschalhonorare. Manche freiberuflich tätigen Urheber befänden sich in einer arbeitnehmerähnlichen Abhängigkeit von ihren Auftraggebern. Auf der Seite der Verwerter agierten Unternehmen unterschiedlicher Größe, darunter auch global handelnde Großunternehmen. Die für eine mehrstufige Vermarktung erforderlichen Rechte übertrügen die Urheber häufig bereits im ersten Vertrag, um dessen Abschluss nicht zu gefährden; die Nebenrechte würden dann häufig ohne angemessene Beteiligung der Urheber verwertet (vgl. BTDrucks 14/6433, S. 9 f.).
Dem Gesetzgeber kann nicht vorgehalten werden, er hätte das Vorliegen struktureller Ungleichgewichte zwischen Urhebern und Verwertern vorab durch eine rechtstatsächliche Untersuchung weiter aufklären müssen (so aber Gounalakis, in: ders./Heinze/Dörr, Urhebervertragsrecht. Verfassungs- und europarechtliche Bewertung des Entwurfs der Bundesregierung vom 30. Mai 2001, 2001, S. 97-105). Deutliche, einige Jahre vor der Novelle auch rechtstatsächlich aufgearbeitete Anzeichen für solche Ungleichgewichte in Teilbereichen der Medienwirtschaft (vgl. Voß, a.a.O., S. 13 m.w.N.; vgl. auch Bayreuther, a.a.O., S. 641; von Rom, a.a.O., S. 140) und die Vielzahl einschlägiger Stellungnahmen aus interessierten Kreisen und der Wissenschaft (vgl. BTDrucks 14/6433, S. 7 f.) bereiteten dafür die Grundlage.
bb) Die gerichtliche Angemessenheitskontrolle nach § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 UrhG ist ein geeignetes Mittel, um den vom Gesetzgeber erstrebten Ausgleich zu erreichen.
Ein Mittel ist bereits dann im verfassungsrechtlichen Sinne geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann, wobei die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt. Auf dem Gebiet der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Wirtschaftsordnung verfügt der Gesetzgeber über einen besonders weitgehenden Einschätzungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerfGE 63, 88 ≪115≫; 67, 157 ≪175≫; 96, 10 ≪23≫; 103, 293 ≪307≫). Zu diesem Gebiet zählt das Urhebervertragsrecht jedenfalls insoweit, als die Regelung – wie hier – in Bereichen Anwendung finden soll, die teilweise von arbeitnehmerähnlichen Abhängigkeitsverhältnissen und strukturellen Disparitäten der Vertragspartner geprägt sind (vgl. BVerfGE 129, 78 ≪102≫).
cc) Es sind keine gleich wirksamen Mittel zur Erreichung des angestrebten Schutzes der Urheber ersichtlich, mit denen eine weitergehende Schonung der Interessen der Verwerter einherginge.
Eine gesetzliche Regelung, die ein gerichtliches Einschreiten davon abhängig machte, ob im konkreten Fall eine erheblich ungleiche Verhandlungsposition und eine hierauf beruhende ungewöhnliche Benachteiligung des Urhebers oder ein auffälliges Missverhältnis besteht, könnte das vom Gesetzgeber angenommene strukturelle Ungleichgewicht zwischen Urhebern und Verwertern nicht in ebenso wirksamer Weise korrigieren; zudem wären die Urheber mit dem im Einzelfall schwer zu führenden Beweis einer „erheblich ungleichen Verhandlungsposition” belastet.
Gleiches gilt für die im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens von Seiten der Verwerterverbände vorgeschlagene „kleine Lösung”, die auf einen weniger weitgehenden Schutz des Urhebers etwa im Rahmen des „Bestseller-Paragraphen” in der früheren Fassung des § 36 UrhG oder durch die Anwendung von § 138 BGB zielte (vgl. auch Bayreuther, a.a.O., S. 644 ff.; Grzeszick, AfP 2002, S. 383 ≪387 f.≫). Mit der Reform beabsichtigte der Gesetzgeber nicht einen Schutz der Urheber nur in Fällen eines krassen Missbrauchs der Verhandlungsmacht durch die Verwerter, sondern eine gesetzliche Regelung, mit der sich hinsichtlich der Vergütung ein allgemeiner und umfassender Interessensausgleich zwischen Urhebern und Werknutzern herstellen lässt (vgl. BTDrucks 14/6433, S. 8; Schlink/Poscher, Verfassungsfragen der Reform des Urhebervertragsrechts, S. 43 (Januar 2002)).
dd) Die Regelung der gerichtlichen Angemessenheitsprüfung von Urhebervergütungen bringt die Grundrechte der Betroffenen zu einem angemessenen Ausgleich.
(1) Dem steht nicht entgegen, dass der unbestimmte Rechtsbegriff der „Angemessenheit” der Auslegung durch die Gerichte überantwortet ist.
Die Annahme des Gesetzgebers, die Gerichtspraxis werde in der Lage sein, den Begriff der Angemessenheit unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände hinreichend rechtssicher auszulegen (vgl. Gounalakis, a.a.O., S. 62 ff. ≪63≫; skeptisch Schricker/Haedicke, in: Schricker/Loewenheim, a.a.O., § 32 Rn. 29), kann nicht schon deswegen als widerlegt gelten, weil die Instanzgerichte im Vorfeld der „Talking to Addison”-Entscheidung des Bundesgerichtshofs unterschiedliche Vergütungsmodelle favorisiert haben. Es ist Aufgabe des Bundesgerichtshofs als höchstem Zivilgericht, eine einheitliche Rechtsprechung zu sichern (vgl. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
Der Begriff der angemessenen Vergütung ist im Urheberrecht auch nicht gänzlich neu (vgl. § 22 Abs. 2 VerlagsG; Schlink/Poscher, a.a.O., S. 31). Bei Urheberrechtsverletzungen und Verletzungen anderer Schutzrechte ist in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass Urheber oder anderweitige Rechteinhaber Schadensersatz in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr verlangen können (siehe nur BGH, Urteil vom 30. Mai 1995 – X ZR 54/93 –, GRUR 1995, S. 578 f.; vgl. nunmehr § 97 Abs. 2 UrhG). Der Begriff der angemessenen Vergütung wird darüber hinaus in zahlreichen anderen urheberrechtlichen Bestimmungen aufgegriffen (siehe nur § 46 Abs. 4, § 47 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 Satz 2, § 53a Abs. 2 UrhG). In § 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG und der Begründung des Gesetzentwurfs finden sich zudem Anhaltspunkte für die Auslegung der Vorschrift.
(2) (a) Die Gründe, die den Gesetzgeber zu der zur Prüfung gestellten Regelung veranlasst haben, haben erhebliches Gewicht. Grundgedanke des deutschen Urheberrechts ist die angemessene Beteiligung der Urheber am wirtschaftlichen Nutzen ihrer Werke (vgl. BGHZ 11, 135 ≪143≫; 17, 266 ≪282≫; 141, 13 ≪35≫), was inzwischen in § 11 Satz 2 UrhG auch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung gefunden hat. Die grundsätzliche Zuordnung des vermögenswerten Ergebnisses der schöpferischen Leistung an den Urheber sowie die Freiheit, in eigener Verantwortung darüber verfügen und seine Leistung wirtschaftlich zu angemessenen Bedingungen verwerten zu können, genießen den Schutz des Eigentumsgrundrechts; sie machen den grundgesetzlich geschützten Kern des Urheberrechts aus (vgl. BVerfGE 31, 229 ≪240 f.≫; 79, 1 ≪25≫; 129, 78 ≪101≫; zur früheren naturrechtlichen Begründung vgl. BGHZ 17, 266 ≪278≫ – Magnettonband).
Der Anspruch des Urhebers auf eine angemessene Vergütung ist auch Gegenstand völker- und europarechtlicher Gewährleistungen. So ist bereits in Art. 27 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ein Anspruch auf Schutz der ideellen und Vermögensinteressen der Urheber verankert, die sich aus ihrer wissenschaftlichen, literarischen oder künstlerischen Urheberschaft ergeben. Der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966 (International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights, UNTS 993, S. 3, BGBl 1973 II S. 1570) enthält in Art. 15 Abs. 1 Buchstabe c das Recht, „den Schutz der geistigen und materiellen Interessen zu genießen, die (jedem) Urheber von Werken der Wissenschaft, Literatur oder Kunst erwachsen”. Der für die Auslegung und die Anwendung des Pakts zuständige Ausschuss leitet daraus die Notwendigkeit der Erhaltung eines angemessenen Lebensstandards für Autoren und eines adäquaten finanziellen Ausgleichs für die Nutzung geistigen Eigentums ab (vgl. Committee on Economic, Social and Cultural Rights, General Comment No. 17 (2005), 35th session, UN Doc E/C.12/GC/17 (2006), Ziffern 23 f.). Die Erforderlichkeit einer angemessenen Vergütung findet sich auch in Erwägungsgrund 10 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10).
(b) Allerdings wird durch die Regelung in § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG die Berufsausübungsfreiheit der Verwerter nicht unerheblich beeinträchtigt. Die Freiheit, den Inhalt der Vergütungsvereinbarungen mit Urhebern aushandeln zu können, ist ein wesentlicher Bestandteil der Berufsausübung von Verwertern urheberrechtlich geschützter Werke, weil diese Vertragsbedingungen ihren wirtschaftlichen Erfolg mitbestimmen und damit für die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte, der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Lebensgrundlage dienende Tätigkeit kennzeichnend sind (vgl. BVerfGE 116, 202 ≪226≫). Zugleich gehört die Vereinbarung des geschuldeten Preises für eine Leistung zum Kern der Privatautonomie und wird in der Regel dem Marktmechanismus überlassen. Grundsätzlich ist es daher nicht Aufgabe der Fachgerichte, vertraglich festgelegte Bewertungs- und Preisfindungsmaßstäbe daraufhin zu überprüfen, ob sie zu einem „angemessenen” Preis führen (vgl. BGHZ 143, 128 ≪140≫). Von diesem Grundsatz weicht der Gesetzgeber hier ab und überträgt den Zivilgerichten diese Aufgabe.
Zudem wird die Funktion eines Vertrags, für beide Seiten Rechts- und Planungssicherheit zu schaffen, beeinträchtigt (vgl. Ory, AfP 2006, S. 9 ≪12≫; Ritgen, JZ 2002, S. 114 ≪120≫). Verwerter können bis zum Eintritt der Verjährung eines etwaigen Anspruchs aus § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG nicht sicher sein, ob ihre Kalkulationsgrundlage, in die das Honorar für den Übersetzer Eingang findet, Bestand hat. Ein durch eine nachträgliche Vertragsänderung bewirktes höheres Übersetzerhonorar kann in aller Regel dann nicht mehr durch höhere Einnahmen oder geringere Ausgaben an anderer Stelle aufgefangen werden.
(c) Bei einer Gesamtbetrachtung der durch die Regelung des § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 UrhG tangierten Interessen und Rechtspositionen steht die Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit der Verwerter nicht außer Verhältnis zu dem Schutz des Interesses der Urheber an einer angemessenen Beteiligung am wirtschaftlichen Nutzen ihrer Werke. § 32 UrhG nimmt den Verwertern nicht jeglichen Verhandlungsspielraum hinsichtlich Höhe und Modalitäten der Urhebervergütung, sondern schließt lediglich eine Ausnutzung ihrer Verhandlungsstärke durch Vereinbarung einer unangemessen niedrigen Vergütung aus (vgl. Schlink/Poscher, a.a.O., S. 45).
Dabei handelt es sich nicht um eine allgemeine Beschränkung der Vertragsfreiheit im Wirtschaftsleben, sondern um eine Ausnahmeregelung für einen Bereich, in dem der Gesetzgeber von einem typischerweise bestehenden Verhandlungsungleichgewicht der Parteien ausgehen durfte.
Die Möglichkeit der Festsetzung der angemessenen Vergütung im Einzelfall durch die Gerichte lässt ausreichenden Spielraum für die Berücksichtigung der Interessen der Verwerter. Der Wortlaut von § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 UrhG fordert insofern eine umfassende Berücksichtigung aller Umstände, soweit sich diese auf Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit auswirken (vgl. BGHZ 182, 337 ≪358 f.≫). Ein verfahrensrechtlicher Schutz gegen unberechtigte Änderungsverlangen wird dadurch bewirkt, dass es dem Urheber obliegt, die Voraussetzungen des Anspruchs auf eine Korrektur des Vertrags darzulegen und zu beweisen (vgl. nur Kotthoff, in: Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl. 2013, § 32 Rn. 13 m.w.N.).
Darüber hinaus tragen auch die Möglichkeit, mit den Urhebern gemeinsame Vergütungsregeln im Sinne von § 36 UrhG aufzustellen, sowie die unwiderlegliche Vermutung der Angemessenheit der dadurch festgelegten Vergütung (vgl. BTDrucks 14/8058, S. 18) den Interessen der Verwerter Rechnung. Dies vermag zwar die Einbuße an individueller Freiheit des einzelnen Verwerters nicht vollständig zu kompensieren (vgl. Grzeszick, a.a.O., S. 385), angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers stellt die gefundene Gesamtregelung aber einen angemessenen Ausgleich der widerstreitenden Interessen dar.
(d) Von Verfassungs wegen ist nicht zu beanstanden, dass nur die Urheber, nicht aber die Verwerter eine Angemessenheitskontrolle nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG erreichen können. Die Vorschrift soll eine typischerweise bestehende strukturelle Disparität korrigieren. Der Gesetzgeber durfte – bei generalisierender Betrachtung des betreffenden Wirtschaftszweigs (vgl. BVerfGE 68, 193 ≪219≫; 70, 1 ≪30≫) – mit der angegriffenen Vorschrift typisierend auf das von ihm angenommene strukturelle Ungleichgewicht zwischen Urhebern und Verwertern in vielen Bereichen der Medienlandschaft reagieren (vgl. BVerfGE 75, 108 ≪159≫; zur Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers unter Gleichheitsaspekten BVerfGE 100, 138 ≪174≫; 103, 310 ≪319≫; 112, 268 ≪280≫). Da diese Disparität nach der vertretbaren Annahme des Gesetzgebers typischerweise zu Lasten der Urheber geht (vgl. BTDrucks 14/6433, S. 7 ff.), war der Gesetzgeber nicht gehalten, auch eine zugunsten der Verwerter anwendbare Preiskontrolle vorzusehen. Schutzmechanismen, die nur eine Partei begünstigen, sind dem Zivilrecht nicht fremd (vgl. § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB; § 495 Abs. 1 BGB; zum arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz s. BVerfGE 97, 169 ≪176 ff.≫). Zudem schließt die Definition der Angemessenheit in § 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG nicht aus, gegebenenfalls auch die Schutzbedürftigkeit von Unternehmen auf Verwerterseite im Rahmen der gerichtlichen Angemessenheitsprüfung zu berücksichtigen (vgl. BTDrucks 14/6433, S. 8 f.).
II.
Soweit die Übergangsregelung des § 132 Abs. 3 Satz 3 UrhG anordnet, dass § 32 UrhG auch auf Verträge anwendbar ist, die vor Inkrafttreten der Neuregelung geschlossen wurden, verstößt dies im hier zu entscheidenden Fall nicht gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot aus Art. 20 Abs. 3 GG. Gemäß § 132 Abs. 3 Satz 3 UrhG findet § 32 UrhG auch auf Verträge Anwendung, die zwischen dem 1. Juni 2001 und dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Juli 2002 geschlossen wurden, sofern von dem eingeräumten Recht nach dem 30. Juni 2002 Gebrauch gemacht wurde. Am Stichtag des 1. Juni 2001 wurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung für die Neuregelung an den Bundesrat übersandt (vgl. BTDrucks 14/8058, S. 22).
1. Die Frage, ob die Regelung des § 132 Abs. 3 Satz 3 UrhG in der Auslegung des Bundesgerichtshofs – derzufolge § 32 UrhG bei vor dem 30. Juni 2002 geschlossenen Verträgen auch auf Verwertungshandlungen vor diesem Datum Anwendung findet, wenn in der Zeit danach noch Verwertungshandlungen stattgefunden haben (vgl. BGHZ 182, 337 ≪344 f.≫; BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 – I ZR 20/09 –, „Drop City”, ZUM 2011, S. 403 ≪405≫) – eine echte Rückwirkung entfaltet (zur Unterscheidung vgl. BVerfGE 98, 17 ≪39≫; 101, 239 ≪263≫; 132, 302 ≪318≫ m.w.N.), bedarf hier keiner Entscheidung, weil das übersetzte Werk „Drop City” erst 2003 erschienen ist und auch die Taschenbuchlizenzierung erst 2003 erfolgte. Somit können im Streitfall vor Inkrafttreten von § 32 UrhG n.F. keine vergütungsauslösenden Verkäufe stattgefunden haben.
2. Nach den Maßstäben zur Beurteilung von Regelungen mit unechter Rückwirkung (vgl. BVerfGE 95, 64 ≪86≫; 101, 239 ≪263≫; 122, 374 ≪394 f.≫; 132, 302 ≪318≫) verstößt § 132 Abs. 3 Satz 3 UrhG nicht gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot. Abgesehen davon, dass die verfassungsrechtliche Schutzwürdigkeit des Vertrauens in die Anwendbarkeit einer unangemessen niedrigen Vergütungsregelung bereits zweifelhaft ist, ist die geringfügig belastende Rückwirkung der Berufsausübungsregelung des § 32 UrhG jedenfalls durch das mit ihr verfolgte gesetzgeberische Ziel gerechtfertigt (vgl. BVerfGE 123, 186 ≪261≫).
a) Die durch § 132 Abs. 3 Satz 3 UrhG bewirkte Rückwirkung soll verhindern, dass die Neuregelung des § 32 UrhG erst in ferner Zukunft Wirkung entfaltet und Werke, bei denen nach bereits geschlossenen Verträgen keine zusätzliche Vergütung zu zahlen wäre, mit jenen in Konkurrenz treten, deren Nutzungsrechte nach der Neuregelung übertragen wurden (vgl. BTDrucks 14/6433, S. 19 f.).
b) Die dem § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 UrhG zugrunde liegende Konzeption des Gesetzgebers ist von ausreichendem Gewicht, um auch die angeordnete, sich über einen nur kurzen Zeitraum erstreckende Rückwirkung der Neuregelung zu rechtfertigen. Die Regelung versagt Vergütungsabreden in Werkverwertungsverträgen den Schutz durch die Rechtsordnung, sofern sie in den 13 Monaten vor Inkrafttreten des Gesetzes (1. Juli 2002) – also einem überschaubaren Zeitraum – getroffen wurden und den Urheber als Vertragspartner unangemessen benachteiligen. Als Schöpfer geistigen Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) bedarf der Urheber auch des Schutzes gegen Klauseln, die in früheren Verträgen die Einräumung von Nutzungsrechten an seiner Schöpfung ohne angemessene Vergütung vorsehen, zumal Nutzungsverträge wegen der urheberrechtlichen Schutzdauer regelmäßig langjährige Auswirkungen entfalten (vgl. BTDrucks 14/7564, S. 13).
III.
Die Gesetzesauslegung und -anwendung durch den Bundesgerichtshof in beiden Urteilen hält der verfassungsgerichtlichen Kontrolle stand. Das gilt im Hinblick auf das Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG, das vorliegend in seiner Ausprägung als Willkürverbot heranzuziehen ist (1.), im Hinblick auf die Wettbewerbsfreiheit (2.) sowie auf die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung (3.). Auf die entsprechenden Grundrechte kann sich die Beschwerdeführerin nach Art. 19 Abs. 3 GG berufen.
1. Die angegriffenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs verletzen die Beschwerdeführerin nicht durch objektiv willkürliche Rechtsanwendung in ihrem Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG.
Regelmäßig ist es nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, den Zivilgerichten vorzugeben, wie sie im Ergebnis zu entscheiden haben (vgl. BVerfGE 129, 78 ≪102≫). Die Schwelle eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, ist erst erreicht, wenn die Auslegung der Zivilgerichte Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der betroffenen Grundrechte beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind, insbesondere weil darunter die Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen im Rahmen der privatrechtlichen Regelung leidet (vgl. BVerfGE 89, 1 ≪9 f.≫; 95, 28 ≪37≫; 97, 391 ≪401≫; 112, 332 ≪358 f.≫; 129, 78 ≪102≫).
a) Nach diesem Maßstab begegnet es keinen Bedenken, dass der Bundesgerichtshof nicht die „Mittelstandsempfehlungen” des Übersetzerverbands, sondern die Vergütungsregeln für Autoren als Orientierungshilfe zur Bemessung der angemessenen Vergütung im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG herangezogen hat (vgl. auch BTDrucks 14/8058, S. 18). Aus dem Umstand allein, dass die Vergütungsregeln für Autoren erst knapp drei Jahre nach dem Abschluss des streitgegenständlichen Vertrags in Kraft traten, lässt sich ihre Ungeeignetheit als Orientierungshilfe für früher abgeschlossene Verträge nicht ableiten, zumal keine Anhaltspunkte vorliegen, dass zwischen 2002 und 2005 nennenswerte Honorarsteigerungen erfolgten. Die Mittelstandsempfehlungen beruhten demgegenüber auf einer früheren, von § 32 UrhG gerade modifizierten Rechtslage.
b) Ebenfalls ohne Verfassungsverstoß durfte der Bundesgerichtshof zwischen dem Seitenhonorar einerseits sowie der nach § 32 UrhG geschuldeten Vergütung für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis der Werknutzung andererseits differenzieren. Das Modell des Bundesgerichtshofs zur Berechnung der Absatzbeteiligung ist jedenfalls ebenso vertretbar wie das von der Beschwerdeführerin vertretene Modell einer Gesamtschau der beiden Komponenten. Der Bundesgerichtshof trägt dabei insbesondere dem Umstand Rechnung, dass das nicht rückzahlbare, nach Normseiten berechnete Honorar des Übersetzers im Wesentlichen Werklohncharakter hat (vgl. Berger, ZUM 2003, S. 521 ≪522≫; Czychowski, GRUR 2010, S. 793 ≪794≫; Jacobs, GRUR 2011, S. 306 ≪307≫; Wandtke, NJW 2010, S. 777).
c) Nicht objektiv willkürlich im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG ist auch die Anknüpfung des Übersetzeranteils an den Anteil des ausländischen Autors bei der Beteiligung an den Erlösen aus der Nebenrechtsvergabe.
Der Bundesgerichtshof geht von dem Grundsatz aus, die Übersetzervergütung sei auf ein Fünftel der Vergütung des Autors zu ermäßigen, greift aber als Berechnungsgrundlage nicht auf die (hypothetisch) nach den Vergütungsregeln für Autoren geschuldete Vergütung eines deutschsprachigen Autors zurück, sondern auf die tatsächliche Beteiligung des fremdsprachigen Autors. Dies begegnet keinen grundrechtlichen Bedenken. Das gilt im Ergebnis auch für das bei der Bestimmung der Nebenrechtsbeteiligung in den Urteilen des Bundesgerichtshofs zugrunde gelegte Verständnis des Begriffs „Autorenanteil”.
aa) Unter „Autorenanteil”, von dem der Übersetzer grundsätzlich ein Fünftel erhält, versteht der Bundesgerichtshof in beiden Urteilen den Anteil an den Nebenrechtserlösen, den die Beschwerdeführerin insgesamt zum Erwerb der Nebenrechte vom Originalautor aufzuwenden hat. Die Berechnung des Bundesgerichtshofs läuft darauf hinaus, den Übersetzer zusätzlich auch mit einem Fünftel der Vergütung des ausländischen Verlags und des oder der Agenten am Taschenbuchlizenzerlös zu beteiligen. Damit maß der Bundesgerichtshof dem Begriff des Autorenanteils die gleiche weite Bedeutung zu wie die Parteien im Ausgangsverfahren, welche die Anteile für Agenten und Verlag einschloss.
bb) An dieser Bewertung ändern die Beschlüsse über die Zurückweisung der Anhörungsrügen nichts. In diesen führte der Bundesgerichtshof aus, das als übergangen gerügte Vorbringen der Beschwerdeführerin zu dem engeren Verständnis des Begriffs „Autorenanteil” sei nicht entscheidungserheblich für die Verurteilung zur Einwilligung in die Vertragsänderung, da im Tenor insofern nur vom „Autorenanteil” die Rede sei. Diese Feststellung ist nur dann nachvollziehbar, wenn dem Begriff des Autorenanteils in den Beschlüssen über die Anhörungsrügen das von der Beschwerdeführerin vertretene engere Verständnis, nach dem der an Agenten und den ausländischen Verlag abzuführende Anteil nicht einzubeziehen ist, zugrunde gelegt wird.
Legt man die Berechnung des Autorenanteils für den tenorierten Zahlungsanspruch dagegen nach der ursprünglichen Urteilsbegründung aus (vgl. BGHZ 122, 16 ≪18≫; 142, 388 ≪391≫), muss der Autorenanteil im Sinne eines einheitlichen Begriffsverständnisses auch bei der Einwilligung in die Vertragsänderung so verstanden werden, dass er auch den Anteil des Agenten und des ausländischen Verlags einschließt. Danach war das entsprechende Vorbringen der Beschwerdeführerin in den Anhörungsrügen durchaus entscheidungserheblich. Ob dieses Vorgehen des Bundesgerichtshofs willkürlich war, ist vorliegend jedoch nicht zu prüfen, da die Beschwerdeführerin nur das weite Verständnis des Begriffs „Autorenanteil” in den Urteilen angreift, nicht aber einen Willkürverstoß durch die Beschlüsse über die Anhörungsrügen geltend macht.
cc) Es wird Aufgabe der Fachgerichte sein, den Umfang des Autorenanteils unter Berücksichtigung der Anhörungsrügebeschlüsse des Bundesgerichtshofs näher zu bestimmen. Dabei erscheint es jedenfalls vertretbar, neben der dem Originalautor zufließenden Vergütung auch die Anteile von Agenten miteinzubeziehen, derer sich der Originalautor bedient. Denn auch die Absatzvergütung des Übersetzers orientiert sich allgemein an der Vergütung des Autors, selbst wenn dieser einen Agenten einbezogen hat und einen Teil der Vergütung an ihn abführen muss. Diese Wertung trifft aber auf die Berücksichtigung des an den ausländischen Verlag abzuführenden Anteils nicht in gleicher Weise zu.
d) Die Auslegung von § 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG durch den Bundesgerichtshof ist auch insofern nicht objektiv willkürlich, als sie mittelbar eine Ungleichbehandlung von reinen Hardcoververlagen gegenüber sogenannten Konzernverlagen bewirkt, die selbst in der Lage sind, eine Taschenbuchausgabe zu publizieren. Zwar haben die unterschiedlichen Berechnungsmodelle für die Absatz- und die Nebenrechtsbeteiligung nach den Berechnungen der Beschwerdeführerin zur Folge, dass sie aufgrund der Fremdvergabe der Taschenbuchrechte ungefähr das Doppelte im Vergleich zu einer eigenen Taschenbuchausgabe mit dem gleichen Ladenpreis für die Übersetzung zahlen muss. Die dadurch bewirkte Ungleichbehandlung von reinen Hardcover- und Konzernverlagen bei der Vermarktung von Taschenbuchausgaben kann aber jedenfalls mit der unterschiedlichen Risikotragung gerechtfertigt werden. Ein Hardcoververlag erhält Einnahmen aus der Lizenzierung von Taschenbuchrechten ohne wirtschaftliches Risiko und ohne eigene Investitionen. Dagegen trägt ein Konzernverlag bei der Herausgabe einer eigenen Taschenbuchausgabe das wirtschaftliche Risiko.
e) Soweit die Beschwerdeführerin meint, die im Verhältnis zur Autorenvergütung teilweise weit über ein Fünftel hinausgehende Gesamtvergütung der Kläger zeige die Unangemessenheit der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs, ist daran zu erinnern, dass es bei der Bestimmung der angemessenen Vergütung allein auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ankommt (vgl. BGHZ 182, 337 ≪345≫). Da sich die tatsächliche Vergütung anders entwickeln kann, als von den Parteien bei Vertragsschluss erwartet, bildet sie regelmäßig keinen tauglichen Maßstab für die nachträgliche Korrektur von Vergütungsabreden. Hinzu kommt, dass Bezugspunkt für einen Vergleich der Übersetzervergütung mit der Autorenvergütung anhand der Fünftelregelung ohnehin nicht das tatsächlich gezahlte Autorenhonorar sein könnte, sondern allenfalls ein gemäß den Vorgaben des § 32 Abs. 2 UrhG angemessenes Autorenhonorar. Zu der Frage, ob die in den vorliegenden Sachverhalten ausbezahlten Autorenhonorare angemessen waren, trägt die Beschwerdeführerin jedoch nichts vor.
2. Die Rüge einer Verletzung der Wettbewerbsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Hardcover- gegenüber Konzernverlagen ist unbegründet. Zwar mag die Regelung des § 32 UrhG die Wettbewerbssituation der Beschwerdeführerin beeinflussen. Hierbei handelt es sich aber lediglich um faktisch-mittelbare Auswirkungen, die den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG nicht berühren (vgl. BVerfGE 105, 252 ≪273≫; 105, 279 ≪303≫; 116, 135 ≪153≫).
3. Schließlich liegt keine unzulässige Rechtsfortbildung durch den Bundesgerichtshof vor. Dies wäre lediglich der Fall, wenn die Auslegung den klaren Wortlaut des Gesetzes hintanstellt, keinen Widerhall im Gesetz findet und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich oder – bei Vorliegen einer erkennbar planwidrigen Gesetzeslücke – stillschweigend gebilligt wird (vgl. BVerfGE 128, 193 ≪209 ff.≫ m.w.N.). Der Gesetzgeber hat jedoch mit § 32 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 UrhG den Gerichten die Aufgabe übertragen, in Ermangelung gemeinsamer Vergütungsregeln im Sinne von § 36 UrhG eine dem Einzelfall angemessene Vergütung zu ermitteln. Die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit obliegt den Fachgerichten. Dass sich der Bundesgerichtshof dabei dem Sinn und Zweck des Gesetzes entzogen hätte, behauptet auch die Beschwerdeführerin nicht.
Unterschriften
Kirchhof, Gaier, Eichberger, Schluckebier, Masing, Paulus, Baer, Britz
Fundstellen
Haufe-Index 5950198 |
BVerfGE 2014, 204 |
BB 2013, 3010 |