Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB und die Rechtsprechung der Zivilgerichte zu dieser Bestimmung. Nach ihr erwirbt, wenn im Grundbuch als Eigentümer Eigentum des Volkes eingetragen, aber Volkseigentum nicht entstanden ist, die nach den Vorschriften über die Abwicklung des Volkseigentums berechtigte juristische Person des öffentlichen oder des Privatrechts das Eigentum, wenn die Eintragung vor dem 3. Oktober 1990 erfolgt ist und bis zum Ablauf des 30. September 1998 nicht durch eine der in der Regelung näher bezeichneten Maßnahmen, unter anderem durch einen Antrag auf Eintragung eines Widerspruchs nach § 899 BGB mittels einer die Bewilligung des Betroffenen ersetzenden einstweiligen Verfügung, angegriffen worden ist.
Die Beschwerdeführerin ist Alleinerbin des 1969 verstorbenen früheren Eigentümers von Grundstücken, die im Beitrittsgebiet belegen sind. Aufgrund einer 1970 zu Unrecht angenommenen Fiskuserbschaft wurde als Eigentümer für diese Grundstücke im Grundbuch vor dem 3. Oktober 1990 Eigentum des Volkes eingetragen. Ende April 1998 beantragte die Beschwerdeführerin, nachdem sie im Dezember 1996 eine beglaubigte Abschrift der Nachlassakte erhalten hatte, unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung betreffend ihre Erbberechtigung die Erteilung eines Erbscheins. Dem wurde erst nach Ablauf der in Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB bestimmten Ausschlussfrist entsprochen. Im April 2001 wurde die Beschwerdeführerin im Grundbuch als Eigentümerin der Grundstücke eingetragen.
Im Ausgangsverfahren ist die Beschwerdeführerin verurteilt worden, der Grundbuchberichtigung zugunsten der klagenden Abwicklungsberechtigten zuzustimmen (vgl. Thüringer OLG, VIZ 2003, S. 346; BGH, VIZ 2004, S. 128). Dagegen wendet sie sich mit der Verfassungsbeschwerde. Sie hält Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB für verfassungswidrig, weil die Vorschrift verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sei, deshalb Art. 2 Abs. 1 GG verletze und darüber hinaus sowohl gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG als auch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße.
Zu der Verfassungsbeschwerde haben das Bundesministerium der Justiz und das Sächsische Staatsministerium der Justiz Stellung genommen. Beide sind der Auffassung, dass Art. 237
§ 2 Abs. 2 EGBGB verfassungsgemäß ist.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen für eine Annahme sind nicht erfüllt.
1. Der Verfassungsbeschwerde kommt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung im Sinne des § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG nicht zu. Die durch sie aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen lassen sich anhand der vom Bundesverfassungsgericht bereits entwickelten Maßstäbe beantworten (vgl. insbesondere BVerfGE 72, 175 ≪190≫; 83, 201 ≪211 f.≫; 101, 297 ≪307≫; 102, 1 ≪15 f.≫; 104, 1 ≪9 f.≫; vgl. auch schon BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, WM 1998, S. 1631).
2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht nach § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Durchsetzung der von der Beschwerdeführerin als verletzt gerügten Verfassungsrechte angezeigt. Denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪25 f.≫).
a) Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB ist nicht aus den von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Gründen mit dem Grundgesetz unvereinbar.
Das Zustandekommen der Vorschrift ist, worauf zutreffend schon der Bundesgerichtshof hingewiesen hat, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden; es hat das Initiativrecht des Bundesrates nach Art. 76 Abs. 1 GG nicht in verfassungswidriger Weise beeinträchtigt. Auch inhaltlich begegnet die angegriffene Ausschlussregelung im Hinblick auf die Eigentumsgarantie und den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Den von ihr Betroffenen stand seit dem In-Kraft-Treten des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes vom 17. Juli 1997 (BGBl I S. 1823) bis zu dem Ausschlusstermin am 30. September 1998 ein Zeitraum von 14 Monaten zur Verfügung, in dem sie ihr Eigentumsrecht gegenüber dem im Grundbuch eingetragenen Bucheigentümer durch die in Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB genannten Maßnahmen wahren konnten. Dieser Zeitraum ist auch im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht unangemessen kurz. Für Fälle, in denen die Ausschlussfrist unverschuldet nicht eingehalten werden konnte, wird im Übrigen im Schrifttum die analoge Anwendung von Art. 237 § 2 Abs. 1 Satz 4 EGBGB für möglich gehalten (vgl. Rauscher, in: Staudinger, BGB, Art. 219-245 EGBGB, Neubearbeitung 2003, Art. 237 § 2 Rn. 30; offen gelassen in BGH, WM 2003, S. 1974 ≪1976≫). Wie das Bundesministerium der Justiz in seiner Stellungnahme mitgeteilt hat, handelt es sich bei der insoweit unvollständigen Verweisung in Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 3 EGBGB um ein Redaktionsversehen.
b) Auch gegen die Anwendung des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB im Ausgangsverfahren ist von Verfassungs wegen nichts zu erinnern. Insbesondere ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Zivilgerichte eine entsprechende Anwendung des Art. 237 § 2 Abs. 1 Satz 4 EGBGB im Fall der Beschwerdeführerin nicht erwogen haben. Wie den von der Kammer beigezogenen Akten des von der Beschwerdeführerin geführten Erbscheinverfahrens entnommen werden kann, hätte diese die Möglichkeit gehabt, die Eintragung von Volkseigentum bis zum Ablauf des 30. September 1998 jedenfalls durch einen beim Grundbuchamt eingereichten und durch die einstweilige Verfügung eines Gerichts begründeten Antrag auf Eintragung eines Widerspruchs anzugreifen. Dafür, dass sie diese Möglichkeit unverschuldet nicht hätte nutzen können, hat die Beschwerdeführerin substantiiert nichts vorgetragen. Die angegriffenen Entscheidungen haben danach gleichfalls Bestand.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
Unterschriften
Haas, Hömig, Bryde
Fundstellen
WM 2006, 104 |
LKV 2006, 123 |