Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Beschluss vom 30.12.2009; Aktenzeichen 13 B 1629/09) |
OVG für das Land NRW (Beschluss vom 03.11.2009; Aktenzeichen 13 B 715/09) |
VG Düsseldorf (Beschluss vom 18.05.2009; Aktenzeichen 27 L 190/09) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten der Beschwerdeführerin angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde bietet keine Aussicht auf Erfolg. Sie ist bereits unzulässig. Ihrer Zulässigkeit steht der Grundsatz der Subsidiarität entgegen.
1. Die Ablehnung vorläufigen Rechtsschutzes enthält für den Antragsteller eine selbständige Beschwer, die sich nicht mit derjenigen durch die spätere Hauptsacheentscheidung deckt (BVerfGE 35, 263 ≪275≫; 77, 381 ≪400≫). Die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes kann daher grundsätzlich Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde sein (BVerfGE 69, 315 ≪339 f.≫; 77, 381 ≪400 f.≫).
Die Beschwerdeführerin hat den Rechtsweg im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zwar erschöpft. Eine Rechtswegerschöpfung im Eilverfahren genügt unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität jedoch dann nicht, wenn das Hauptsacheverfahren ausreichende Möglichkeiten bietet, der geltend gemachten Grundrechtsverletzung abzuhelfen und dieser Weg dem Beschwerdeführer zumutbar ist. Dies ist regelmäßig anzunehmen, wenn mit der Verfassungsbeschwerde ausschließlich Grundrechtsverletzungen gerügt werden, die sich auf das Hauptsacheverfahren beziehen, wenn die tatsächliche und einfachrechtliche Lage durch die Fachgerichte noch nicht ausreichend geklärt ist und dem Beschwerdeführer durch die Verweisung auf den Rechtsweg in der Hauptsache kein schwerer Nachteil entsteht (BVerfGE 53, 30 ≪53≫; 59, 63 ≪84≫; 77, 381 ≪401 f.≫).
Verfassungsbeschwerden gegen fachgerichtliche Entscheidungen im Wege des Eilrechtsschutzes werden demgegenüber vom Bundesverfassungsgericht als zulässig angesehen, wenn die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von keiner weiteren tatsächlichen Aufklärung abhängt und außerdem die Voraussetzungen gegeben sind, unter denen nach § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG vom Erfordernis der Rechtswegerschöpfung abgesehen werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Dezember 2000 – 1 BvR 2045/00, 1 BvR 2166/00 –, juris). Gemäß § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.
Aber auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG ist das Bundesverfassungsgericht nicht stets verpflichtet, vor Erschöpfung des Rechtswegs – hier des Hauptsacherechtswegs – zu entscheiden. Es hat vielmehr auch andere für und gegen eine vorzeitige Entscheidung sprechende Umstände zu berücksichtigen und alle Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen. Gegen eine Vorabentscheidung kann dabei sprechen, dass es an einer hinreichenden Vorklärung der einfachrechtlichen Lage und an einer ausreichenden Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts fehlt. Dies ergibt sich aus dem Sinn des für das verfassungsgerichtliche Verfahren geltenden Subsidiaritätsgrundsatzes, der vor allem sichern soll, dass durch die umfassende fachgerichtliche Vorprüfung der Beschwerdepunkte dem Bundesverfassungsgericht nicht nur ein regelmäßig in mehreren Instanzen geprüftes Tatsachenmaterial unterbreitet wird, sondern dass ihm auch die Fallanschauung und Rechtsauffassung der Gerichte, insbesondere auch der obersten Bundesgerichte, vermittelt werden. Denn das Bundesverfassungsgericht soll nicht gezwungen werden, auf ungesicherten Grundlagen weitreichende Entscheidungen zu treffen. Darüber hinaus wird damit der grundgesetzlichen Zuständigkeitsverteilung und Aufgabenzuweisung entsprochen, nach der vorrangig die allgemein zuständigen Gerichte Rechtsschutz – auch gegen Verfassungsverletzungen – gewähren (BVerfGE 86, 15 ≪26 f.≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Dezember 2000 – 1 BvR 2045/00, 1 BvR 2166/00 –, juris; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 28. Oktober 1999 – 1 BvR 1841/99 –, juris).
2. Nach diesen Grundsätzen ist die Beschwerdeführerin auf die Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache zu verweisen.
a) Die Beschwerdeführerin rügt ausschließlich Grundrechtsverletzungen, die sich nicht auf die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes als solche, sondern auf die Hauptsache beziehen. Sie wendet sich gegen die Beurteilung der Erfolgsaussicht ihres Begehrens in der Hauptsache, die den gerichtlichen Entscheidungen über den vorläufigen Rechtsschutz zugrunde liegt. Ihre Rügen betreffen damit letztlich die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung, die im Hauptsacheverfahren zu prüfen ist. Dieses bietet dann die Möglichkeit, auch einer etwaigen verfassungsrechtlichen Beschwer abzuhelfen (BVerfGE 77, 381 ≪402≫).
b) Die angegriffenen Entscheidungen beruhen zudem auf der Beurteilung einfachrechtlicher Fragen, die in der fachgerichtlichen Rechtsprechung noch nicht geklärt sind. Das betrifft unter anderem die technische Umsetzbarkeit des räumlich auf das Landesgebiet beschränkten Werbeverbots über das Internet (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. März 2009 – 1 S 224.08 –; BayVGH, Beschluss vom 22. Juli 2009 – 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 –; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 11. November 2010 – 11 MC 429/10 –; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 8. Dezember 2010 – 6 B 11013/10 –, alle: juris). Zudem haben die Fachgerichte im Hauptsacheverfahren die Möglichkeit, die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 – 8 C 13/09; 8 C 14/09; 8 C 15/09 –, alle: juris) und des Gerichtshofs der Europäischen Union über die Voraussetzungen der Untersagung des Veranstaltens und Vermittelns von Glücksspielen im Internet zwecks Bekämpfung der Spielsucht (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010, verbundene Rs. C-316/07 u.a. – Markus Stoß u.a. –, ZfWG 2010, S. 332 ff.; Urteil vom 8. September 2010, Rs. C-46/08 – Carmen Media –, ZfWG 2010, S. 344 ff.) zu berücksichtigen.
c) Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde nicht ausreichend substantiiert (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG), soweit die Beschwerdeführerin einen schweren und unabwendbaren Nachteil hinsichtlich der Wahrnehmung ihrer Presse-, Rundfunk- und Berufsfreiheit behauptet, da sie nicht darlegt, dass sie ihr Internetangebot bis zur Entscheidung in der Hauptsache ohne die Einnahmen aus der Werbung für ausländische Glücksspielanbieter im Internet einschränken oder gar einstellen müsste.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Gaier, Paulus, Britz
Fundstellen