Verfahrensgang

OVG Rheinland-Pfalz (Aktenzeichen 2 A 11774/98)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 10. September 1999 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 50 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Berufungsurteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem das Berufungsurteil beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muß in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Berufungsurteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Beschwerdebegründung genügt auch unter Berücksichtigung des Schriftsatzes vom 2. Februar 2000 nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO und ist deshalb als unzulässig zu verwerfen.

1. Die Beschwerde wird zunächst auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gestützt (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muß daher erläutern, daß und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann. Daran fehlt es hier.

Der Kläger bezeichnet keine konkrete Rechtsfrage im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Er erläutert lediglich, aus welchen Gründen seiner Ansicht nach im vorliegenden Zusammenhang eine übereinstimmende Entscheidungspraxis der Oberverwaltungsgerichte geboten sei, und fordert der Sache nach eine übereinstimmende Erfassung und Bewertung des Tatsachenstoffes durch die Gerichte der Länder. Dieser Vortrag läßt sich rechtlich, soweit er nicht eine Rüge mangelnder Aufklärung des Sachverhalts enthält (dazu unten 3.), allenfalls als Angriff auf die Beweiswürdigung oder die sonstige materielle Rechtsanwendung einordnen. Abgesehen davon, daß die Ausführungen abstrakt bleiben und auf das Berufungsurteil in keiner Weise eingehen, könnten diese Ausführungen in der Art einer Revisionsbegründung keinen Revisionszulassungsgrund aufzeigen (vgl. Beschluß vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 n.F. VwGO Nr. 26 = NJW 1997, 3328).

2. Die Beschwerde rügt weiter, das Berufungsurteil weiche vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Dezember 1999 – BVerwG 1 C 30.97 – ab. Die Rüge genügt nicht den Anforderungen an die Darlegung des Revisionszulassungsgrundes des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.

Eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz liegt nur vor, wenn das Berufungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgerückt ist; dabei müssen sich die Rechtssätze grundsätzlich auf dasselbe Gesetz beziehen. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt in diesem Zusammenhang, daß in der Beschwerdebegründung ausgeführt wird, daß und inwiefern das Berufungsgericht seine Entscheidung auf einen in der genannten Weise widersprechenden Rechtssatz gestützt hat. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitserfordernissen nicht (vgl. Beschluß vom 19. August 1997, a.a.O.).

Die Beschwerde hat keinen (abstrakten) Rechtssatz benannt, den das Berufungsgericht in Abweichung von einem im Urteil des beschließenden Senats vom 7. Dezember 1999 enthaltenen Rechtssatz aufgestellt haben könnte. Das Beschwerdevorbringen befaßt sich in verschiedener Hinsicht mit der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes durch das Berufungsgericht, ohne darzutun, inwiefern es diesem einen anderen Gehalt gegeben haben könnte, als er der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu entnehmen ist. Namentlich hat der Kläger nicht deutlich gemacht, inwiefern den entsprechenden Ausführungen des Berufungsurteils (S. 19 ff.) ein anderes Verständnis des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zugrunde liegt als dem genannten Urteil des beschließenden Senats. Auch insoweit erschöpft sich die Beschwerde in Angriffen gegen die Rechtsanwendung durch das Berufungsgericht, die, wie dargelegt, einen Revisionszulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht zu begründen vermögen.

Die vom Kläger in anderem Zusammenhang angesprochenen „erheblich voneinander abweichenden Sachverhaltsfeststellungen” des Berufungsgerichts und des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts begründen keine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.

3. Auch die von der Beschwerde erhobene Verfahrensrüge unzureichender Aufklärung des Sachverhalts genügt den Darlegungsanforderungen nicht.

Wird ein Aufklärungsmangel (§ 86 Abs. 1 VwGO) gerügt, muß gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO substantiiert dargelegt werden, welche Beweise angetreten worden sind oder welche Ermittlungen sich dem Berufungsgericht hätten aufdrängen müssen, welche Beweismittel bzw. Aufklärungsmöglichkeiten in Betracht gekommen wären, welches Ergebnis die Beweisaufnahme bzw. weitere Aufklärung voraussichtlich gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Dabei ist zu berücksichtigen, daß ein Tatsachengericht seine Aufklärungspflicht grundsätzlich dann nicht verletzt, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine anwaltlich vertretene Partei nicht beantragt hat.

Die Beschwerdebegründung enthält keine entsprechenden Darlegungen. Der Kläger wendet sich mit seinen – im Schriftsatz vom 2. Februar 2000 als „Sachrüge” bezeichneten – Ausführungen der Sache nach nicht gegen die Sachverhaltsermittlung des Berufungsgerichts, sondern gegen dessen materielle Rechtsauffassung. Das Berufungsgericht ist sinngemäß der Ansicht, die tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, daß nicht wenige Mitglieder und Anhänger des Klägers verfassungsfeindliche Bestrebungen entfalteten, führten zu einem zwiespältigen und unübersichtlichen Bild der parteiinternen Auseinandersetzungen, das weitere Aufklärung erfordere. Dem Berufungsurteil liegt erkennbar keine quantitative Betrachtung etwa in dem Sinne zugrunde, daß das Vorliegen des Verdachtes verfassungsfeindlicher Bestrebungen vom Verhältnis der Zahl verfassungskonformer Mitglieder und Funktionäre bzw. der Partei zuzurechnender Äußerungen zur Zahl verfassungsfeindlicher Personen bzw. Äußerungen abhinge, vielmehr stützt das Berufungsgericht seine Entscheidung auf eine würdigende Gesamtschau aller Umstände, bei der es auf die Feststellung derartiger Zahlenverhältnisse nicht ankommt. Demgegenüber beruht die von der Beschwerde erhobene Rüge unzureichender Sachverhaltsaufklärung auf der Rechtsansicht, eine Partei unterliege dem Verdacht, verfassungsfeindliche Bestrebungen zu verfolgen, nur dann, wenn die Mitglieder und Anhänger mit derartigen Bestrebungen bzw. die dahin gehenden Äußerungen eine „signifikante numerische Größe” ausmachten. Da die Notwendigkeit weiterer Sachaufklärung vom Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts aus zu beurteilen ist, genügt das Beschwerdevorbringen nicht, um einen Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO darzutun.

Soweit der Kläger sich im Rahmen seiner Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache auch gegen die Art und Weise der Sachermittlung durch das Berufungsgericht wendet, lassen sich dem Beschwerdevorbringen konkrete Verfahrensrügen nicht entnehmen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 13 Abs. 1 GKG.

 

Unterschriften

Meyer, Mallmann, Gerhardt

 

Fundstellen

Dokument-Index HI565806

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