Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Aktenzeichen 1 K 4666/97) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 23. September 1999 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller wendet sich als Eigentümer eines bebauten Wohngrundstücks mit der Normenkontrollklage gegen einen Bebauungsplan. Durch den Plan soll die Erweiterung einer seit langem vorhandenen immissionsschutzrechtlich genehmigten Geruchsstoffabrik ermöglicht werden. Der Antragsteller befürchtet eine Verschärfung des Konflikts zwischen der nach seiner Meinung als reine Wohnnutzung zu beurteilenden vorhandenen Wohnbebauung und der unmittelbar benachbarten industriellen Nutzung durch Lärmbelästigungen. In dem vom Normenkontrollgericht als historisch bedingte Großgemengelage bezeichneten Bereich befindet sich auch die für die Erweiterung der Geruchstoffabrik vorgesehene Fläche. Auf ihr wurden ursprünglich verschiedene industrielle Nutzungen ausgeübt. Sie sind inzwischen eingestellt, der bauliche Altbestand ist beseitigt.
Das Normenkontrollgericht hat den Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Bebauungsplans abgelehnt. Mit der Beschwerde erstrebt der Antragsteller die Zulassung der Revision.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Vorbringen der Beschwerde ergibt nicht, daß die geltend gemachten Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO erfüllt sind.
1. Die Beschwerde macht als Verfahrensfehler geltend, das Normenkontrollgericht habe das aus der Planung der Antragsgegnerin begünstigte Unternehmen im Normenkontrollverfahren förmlich angehört. Dies widerspreche § 63 VwGO. Das Normenkontrollverfahren kenne keine Beiladung.
Das Vorbringen der Beschwerde ergibt keinen Verfahrensfehler. Im Normenkontrollverfahren ist eine Beiladung angesichts des abstrakten Charakters der angegriffenen Satzung nicht zulässig (BVerwG, Beschluß vom 12. März 1982 – BVerwG 4 N 1.80 – BVerwGE 65, 131; Beschluß vom 7. Mai 1993 – BVerwG 4 NB 14.93 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 78 = NVwZ-RR 1994, 235; dagegen kritisch Bettermann, DVBl 1982, 955; Ronellenfitsch, VerwArch 74 ≪1983≫ S. 281 ≪294 ff.≫). Das Normenkontrollgericht kann jedoch im Verfahren jenen durch Anhörung Gelegenheit zur Stellungnahme geben, die im Falle festgestellter Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des Bebauungsplans mutmaßlich einen konkreten Rechtsnachteil erleiden könnten. Das gilt namentlich, wenn die konkrete Planung gerade auf die Bedürfnisse des insoweit Betroffenen ausgerichtet ist (vgl. BVerwG, Beschluß vom 7. Mai 1993 – a.a.O.). Der Grund dieser richterrechtlich entwickelten Möglichkeit liegt in dem Interesse des Normenkontrollgerichts, sich Kenntnis über die durch Art. 14 Abs. 1 GG gesicherte Rechtsposition eines derart Betroffenen und deren zutreffende Berücksichtigung im Rahmen des angegriffenen Bebauungsplans zu verschaffen. Dem kann verfahrensrechtlich über eine entsprechende Anwendung des § 47 Abs. 2 Satz 3 VwGO entsprochen werden.
Daß eine Anhörung die Meinungsbildung des Normenkontrollgerichts beeinflussen kann, ist selbstverständlich. Dies ist gerade der Zweck der Anhörung. Die Verfahrensposition des Antragstellers wird damit nicht verkürzt, da auch er sich äußern kann.
2. Die Beschwerde macht für eine Reihe von Fragen geltend, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Satz 1 VwGO habe. Die erörterten Rechtsfragen ergeben dies jedoch nicht.
2.1 Die Beschwerde erachtet es als eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob es mit Abwägungsgebot und dem Trennungsgrundsatz vereinbar sei, wenn ein Wohngebiet, das nach seinen tatsächlichen Verhältnissen einem reinen Wohngebiet entspreche, mit Rücksicht auf die industrielle Nachbarnutzung als allgemeines Wohngebiet festgesetzt werde.
Das Vorbringen der Beschwerde weist eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung nicht auf. Mit ihm wird nämlich ein Sachverhalt als entscheidungserheblich unterstellt, den das Normenkontrollgericht so nicht festgestellt hat. Das Gericht hat die Annahme eines „reinen Wohngebietes” gerade verneint. Die Beschwerde meint ergänzend, sowohl § 1 Abs. 6 BauGB als auch § 50 BImSchG begründe die Pflicht des Plangebers, bei der Überplanung eines bereits vollständig bebauten Gebietes von dem tatsächlichen Gebietscharakter auszugehen. Die Beschwerde meint ersichtlich, die Gemeinde sei im Streitfall verpflichtet gewesen, das Plangebiet als „reines Wohngebiet” auszuweisen. Auch dieses Vorbringen rechtfertigt keine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung.
Die Ansicht der Beschwerde trifft ersichtlich nicht zu, so daß eine Klärungsbedürftigkeit entfällt. Eine Gemeinde ist grundsätzlich nicht gehindert, ein bereits vollständig bebautes Gebiet als ein allgemeines – und damit nicht als reines – Wohngebiet auszuweisen. Das gilt selbst dann, wenn nach den tatsächlichen Verhältnissen das Gebiet ohne Planung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB als ein reines Wohngebiet im Sinne des § 3 BauNVO zu qualifizieren wäre. Allerdings darf die Gemeinde in einem derartigen Falle keine Zielsetzung verfolgen, die keine Grundlage in der städtebaulichen Ordnung und Entwicklung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB hat. Insbesondere ist es unzulässig, eine Überplanung oder eine Umplanung und damit eine Änderung des tatsächlichen Gebietscharakters vorzunehmen, um lediglich den Erfordernissen eines städtebaulich gebotenen Immissionsschutzes auszuweichen. Das wäre – mit der Beschwerde – in der Tat als „Etikettenschwindel” zu bezeichnen. Setzt eine Gemeinde beispielsweise einen Baugebietstyp ausschlaggebend deshalb fest, um die Schutzwürdigkeit der Wohnbebauung zugunsten eines innerhalb oder außerhalb des Plangebietes gelegenen Unternehmens zu mindern, kann dies unzulässig sein. Dagegen ermöglicht es § 1 Abs. 3 BauGB durchaus, erkennbaren Fehlentwicklungen durch Überplanung oder durch Änderung vorhandener Bebauungspläne möglichst zu begegnen.
Das Normenkontrollgericht hat sich an die hier nur skizzierten Grundsätze gehalten. Es hat in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß die vorhandene Wohnbebauung keineswegs – und dies im Gegensatz zum Vorbringen des Antragstellers – als ein „reines” Wohngebiet anzusehen sei. Das Gebiet sei durch eine industrielle und gewerbliche Nutzung beeinflußt. Dieser Einfluß dauere an. Planerisch werde dies auch durch die Darstellung des Flächennutzungsplans bestätigt. Damit hat das Normenkontrollgericht eine Situation umschrieben, welche nicht erkennen läßt, daß die angegriffene Planung außerhalb der Zielsetzung des § 1 Abs. 3 BauGB vorgenommen wurde. Die erhobene Grundsatzrüge ist ohnedies nicht geeignet, die tatrichterliche Würdigung des Normenkontrollgerichts anzugreifen.
2.2 Das Normenkontrollgericht beurteilt das Gelände mit vorhandener Wohnbebauung planerisch als industriell vorbelastet. Auch nach Erlöschen des Bestandsschutzes für die Nutzung eines ehemaligen Unternehmens könne ein Gebiet noch industriell vorgeprägt sein. Dazu verweist das Gericht auf Darstellungen im Flächennutzungsplan, der eine industrielle Nutzung vorsieht. Das Gericht lehnt ferner die Übernahme des „Zeitmodells” ab, das das Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 1981 – BVerwG 4 C 65.80 – BVerwGE 64, 42; vgl. auch Urteil vom 18. Mai 1995 – BVerwG 4 C 20.94 – BVerwGE 98, 235) im Rahmen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB entwickelt hat. Das gegen diese rechtliche Beurteilung gerichtete Vorbringen der Beschwerde rechtfertigt keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.
Die Beschwerde legt in ihrem Vorbringen die Annahme zugrunde, die Darstellung des Flächennutzungsplans hätte nicht ungeprüft zum Maßstab künftiger Nutzungsausweisungen übernommen werden dürfen. Es ist nicht recht erkennbar, welche Frage von grundsätzlicher Bedeutung die Beschwerde damit vortragen will. Das Normenkontrollgericht stellt fest, daß die bauplanerische Ausweisung dem Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 BauGB genüge.
Sollte die Beschwerde der Ansicht sein, die Darstellung des Flächennutzungsplans als Industriegebiet sei infolge Nutzungsaufgabe der ehemaligen Papierfabrik unwirksam geworden, so wirft diese Ansicht jedenfalls keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Die damit im Zusammenhang stehenden Fragen können als hinreichend geklärt gelten. Auch Darstellungen eines Flächennutzungsplans können – zumindest teilweise – infolge Funktionslosigkeit unwirksam werden (vgl. BVerwG, Beschluß vom 1. April 1997 – BVerwG 4 B 11.97 – Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 328 = NVwZ 1997, 899). Funktionslos kann eine Darstellung jedoch nur werden, wenn und soweit die tatsächlichen Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, ihre Verwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließen, die in § 8 BauGB vorausgesetzte Steuerungsfunktion des Flächennutzungsplans ersichtlich entfallen und dies alles so offensichtlich ist, daß ein in die Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient (vgl. ähnlich BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1998 – BVerwG 4 CN 3.97 – BVerwGE 108, 71; Beschluß vom 17. Februar 1997 – BVerwG 4 B 16.97 – Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 34 = NVwZ-RR 1997, 512 zur Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans). Dabei kommt es nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an. Die Planungskonzeption, die einer Darstellung zugrunde liegt, wird vor allem nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt ist (vgl. BVerwG, Beschluß vom 6. Juni 1997 – BVerwG 4 NB 6.97 – Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 37 = NVwZ-RR 1998, 415). Ursächlich für das Außerkrafttreten wegen Funktionslosigkeit kann also nur ein in der tatsächlichen Entwicklung eingetretener Zustand sein, der es auf unabsehbare Zeit ausschließt, die planerische Gesamtkonzeption oder das mit einer Festsetzung verfolgte Planungsziel zu verwirklichen (vgl. BVerwG, Beschluß vom 7. Februar 1997 – BVerwG 4 B 6.97 – Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 33 = NVwZ-RR 1997, 513).
Das Vorbringen der Beschwerde ergibt nicht, daß über den Stand der skizzierten Rechtsprechung hinaus eine weitere Klärung anhand des vorliegenden Streitfalls zu erwarten steht. Insbesondere erlauben die tatrichterlichen Feststellungen des Normenkontrollgerichts nicht, im Streitfall von einer Funktionslosigkeit der Darstellungen des Flächennutzungsplans auszugehen. Das Gericht hat grundlegende tatsächliche Veränderungen nicht festgestellt. Hierauf gerichtete Rügen wegen unterlassener Aufklärung hat die Beschwerde nicht erhoben. Die von der Beschwerde verfolgte Annahme, das Normenkontrollgericht habe die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum „Bestandsschutz” mißachtet, trifft nicht zu. Insoweit stellen sich auch keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung. Das Beschwerdegericht hat für die Auslegung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB ein „Zeitmodell” zur Frage entwickelt, was als „alsbaldige Neuerrichtung” zu verstehen sei (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 1981 – BVerwG 4 C 65.80 – BVerwGE 64, 42; Beschluß vom 17. Mai 1988 – BVerwG 4 B 82.88 – Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 248). Dieses „Zeitmodell” hat das Beschwerdegericht auch als angemessene Orientierung für die Beantwortung der Frage angesehen, wann bei Aufgabe einer Nutzung die Verkehrsauffassung noch mit der Wiederaufnahme der ursprünglichen Nutzung rechnet (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1995 – BVerwG 4 C 20.94 – BVerwGE 98, 235 ≪240≫). Damit soll die Fortsetzung früher zulässiger Nutzungen trotz inzwischen veränderter Rechtslage ermöglicht werden. Darum geht es im Streitfall nicht. Die Rechtslage hat sich im Hinblick auf die Darstellungen des Flächennutzungsplans nicht verändert.
2.3 Die Beschwerde hält es für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob eine Lärmsanierung, welche längere Zeit – hier etwa 10 Jahre – zurückliegt, zum Nachteil der schützenswerten Wohnnutzung berücksichtigt werden dürfe. Nach Ansicht der Beschwerde ist eine derartige Berücksichtigung nicht möglich, solange Orientierungswerte nach DIN überschritten seien.
Eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung ist diesem Vorbringen nicht zu entnehmen. Das Normenkontrollgericht hat geprüft, ob die planerische Abwägung im Hinblick auf die konkurrierenden Nutzungsinteressen dem Gebot der wechselseitigen Rücksichtnahme gerecht werde. Die Verpflichtung der planenden Gemeinde, unzumutbare Beeinträchtigungen benachbarter Grundstücke zu vermeiden, ergibt sich in der Tat aus dem in § 1 Abs. 6 BauGB normierten Abwägungsgebot. Für ein davon gesondertes „bauplanungsrechtliches Rücksichtnahmegebot” – im Sinne einer eigenständigen rechtlichen Kategorie – ist kein Raum (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 – BVerwG 4 CN 2.98 – BVerwGE 107, 215 ≪219 f.≫). Das Normenkontrollgericht hat zutreffend erkannt, daß die tatsächliche Vorbelastung eines Wohngebiets durch Immissionen eines außerhalb des Gebiets gelegenen bestandsgeschützten Gewerbebetriebes die Gemeinde bei der Planung nicht von der Pflicht entbindet, die besondere Schutzbedürftigkeit der Wohnbebauung in die Abwägung einzustellen (vgl. BVerwG, Beschluß vom 18. Dezember 1990 – BVerwG 4 N 6.88 – Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 50 = DVBl 1991, 442).
Die Schutzwürdigkeit der benachbarten Wohnbebauung hängt von dem Umfang der bereits gegenwärtig rechtlich zulässigen Immissionen ab. Die daraus folgende Vorbelastung bestimmt danach auch das Maß der gebotenen Rücksichtnahme. Führt ein hinzukommendes oder planerisch zugelassenes Vorhaben zu keinen stärkeren Belastungen, so ist dies grundsätzlich unbedenklich. Dies gilt erst recht, wenn eine Verlagerung der lärmintensiven Arbeiten zusätzlich zu einer Lärmminderung führt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 1990 – BVerwG 4 C 6.87 – Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 261 = NVwZ 1991, 64). Zur näheren Kontrolle sachgerechter Abwägung hat sich das Normenkontrollgericht auf die Rechtsprechung zum sog. Mittelwert bezogen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1975 – BVerwG 4 C 71.73 – BVerwGE 50, 49 ≪54≫; Beschluß vom 28. September 1993 – BVerwG 4 B 151.93 – Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 119 = NVwZ-RR 1994, 139). Dagegen erhebt die Beschwerde als solches keine Bedenken. Sie meint hingegen, daß eine frühere Lärmsanierung nicht berücksichtigt werden dürfe.
Die Frage, nach welchem Zeitraum eine frühere Lärmsanierung nicht mehr zugunsten des störenden Unternehmens zu Buche schlagen kann, ist nicht allgemeingültig zu beantworten und bereits deshalb nicht klärungsfähig. Es gibt auch keinen sachlichen Zusammenhang zwischen der Beachtung der von der Gemeinde im Rahmen der Abwägung zugrunde gelegten Orientierungswerte und einer früher eingeleiteten Verbesserung der Lärmsituation. Die Beschwerde übersieht in ihrem Vorbringen, daß unverändert die Darstellungen des Flächennutzungsplans eine gewerbliche Nutzung ausweisen. Was die Beschwerde im Rahmen der vorgetragenen Grundsatzrüge der Sache nach als geboten fordert, ist die Herstellung einer von Vorbelastungen unberührten Wohnnutzung. Daß es dieses Gebot im Rahmen planerischer Abwägung nicht gibt, hat das Beschwerdegericht im Zusammenhang mit der zulässigen Überplanung von Gemengelagen wiederholt ausgesprochen. Dies bedarf hier keiner näheren Erörterung.
2.4 Nach Ansicht der Beschwerde besitzt die Frage grundsätzliche Bedeutung, ob das Überschreiten eines Nachtwertes für ein Mischgebiet um bis zu 1,0 dB(A) unerheblich ist, da der Pegel von 1,0 dB(A) unterhalb der Hörschwelle liege. Das Normenkontrollgericht ist in der Tat hiervon ausgegangen.
Nach allgemeinem Wissen trifft es in tatsächlicher Hinsicht zu, daß erst eine Veränderung von mindestens 3 dB(A) vom menschlichen Ohr subjektiv als Änderung der Lärmsituation wahrgenommen wird. Der Beschwerde ist gleichwohl darin zu folgen, daß es zweifelhaft ist, für die planerische Abwägung allein auf die subjektive Wahrnehmung abzustellen. Die Lärmbelastung kann objektive, also subjektiv nicht ohne weiteres wahrnehmbare Auswirkungen – auch im medizinischen Bereich – haben (vgl. auch BVerwG, Beschluß vom 17. Mai 1995 – BVerwG 4 NB 30.94 – Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 82 = DVBl 1995, 1010). Jedoch läßt sich aus der Beurteilung des Normenkontrollgerichts keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung entwickeln. Das Gericht hat seine Aussage nicht im Rahmen des von ihm zugrunde gelegten sog. Mittelwertes, sondern im Rahmen der Prüfung getroffen, ob die angegriffene Planung die Grenze überschreite, die ihr durch das Gebot der Wahrung gesunder Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB) gesetzt ist. Das hat das Gericht verneint. Es ist nicht klärungsbedürftig, daß eine Planung auch im Hinblick auf eine bestehende Vorbelastung zu keiner Gesamtbelastung führen darf, welche eine Gesundheitsgefährdung darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 9.95 – BVerwGE 101, 1 ≪9 f.≫). Daß dies hier überhaupt in Betracht kommen könnte, weist die Beschwerde nicht auf.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Gaentzsch, Berkemann, Jannasch
Fundstellen