Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 26.05.2014; Aktenzeichen 2 S 1877/13) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 26. Mai 2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 551 EUR festgesetzt.
Gründe
1. Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 14). Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt (vgl. Beschluss vom 4. April 2012 – BVerwG 5 B 58.11 – juris Rn. 2 m.w.N.). Nach der Zielsetzung des Revisionszulassungsrechts ist Voraussetzung für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, dass der im Rechtsstreit vorhandene Problemgehalt einer Klärung gerade durch die höchstrichterliche Entscheidung bedarf. Dies ist dann nicht der Fall, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und/oder mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation und auf dieser Grundlage ohne Weiteres beantworten lässt (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 8. Juni 2006 – BVerwG 6 B 22.06 – Buchholz 442.066 § 78 TKG Nr. 1 Rn. 7 m.w.N.). An den vorstehenden Grundsätzen gemessen kommt die Zulassung der Revision nicht in Betracht.
a) Der Kläger möchte in Bezug auf § 10a Satz 1 Nr. 3 der Verordnung des baden-württembergischen Finanz- und Wirtschaftsministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung – BVO) vom 28. Juli 1995 (GBl S. 561) i.d.F. der Verordnung vom 30. Oktober 2008 (GBl S. 407) geklärt wissen,
„ob die Bestimmung in ihrem Wortlaut, nach dem ‚die sonst den Haushalt allein oder überwiegend führende beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person’ so zu verstehen ist, dass pauschalierend, einen längeren zurückliegenden Zeitraum danach zu fragen ist, welcher der Ehepartner mehr als die Hälfte der Zeit den Haushalt führt oder die Kinder versorgt oder ob eine Betrachtung nach der Verteilung in kürzeren Zeiträumen von einzelnen Tagen oder in einer Woche anzustellen ist”
(S. 7 der Beschwerdebegründung). Diese auf die Auslegung des Merkmals „sonst den Haushalt allein oder überwiegend führende beihilfeberechtigte und berücksichtigungsfähige Person” zielende Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Denn sie lässt sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten.
Gemäß § 10a Satz 1 Nr. 3 BVO sind beihilfefähig die Aufwendungen für Familien- und Haushaltshilfe unter der Voraussetzung, dass die sonst den Haushalt allein oder überwiegend führende beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person wegen ihrer notwendigen außerhäuslichen Unterbringung (§§ 6 a bis 9, § 10a Satz 1 Nr. 5 BVO) den Haushalt nicht weiterführen kann (Buchst. a), im Haushalt mindestens ein berücksichtigungsfähiges Kind verbleibt, das das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (Buchst. b), und keine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt, gegebenenfalls auch an einzelnen Tagen, weiterführen kann (Buchst. c). Der Verwaltungsgerichtshof hat wie zuvor das Verwaltungsgericht angenommen, das Merkmal „sonst den Haushalt allein oder überwiegend führende beihilfeberechtigte und berücksichtigungsfähige Person” sei auf der Grundlage einer generalisierenden und typisierenden Betrachtungsweise unter Einbeziehung eines längeren Zeitraums in der jüngeren Vergangenheit zu bestimmen (UA S. 14). Diese Auslegung wird von Wortlaut, Sinn und Zweck und der Genese des § 10a Satz 1 Nr. 3 BVO getragen.
Bereits der Wortlaut des § 10a Satz 1 Nr. 3 Buchst. a BVO lässt eine deutliche Tendenz für eine entsprechende Auslegung erkennen. Das Wort „sonst” legt eine generalisierende und typisierende rückschauende Betrachtungsweise nahe. Es deutet in der konkreten grammatikalischen Verwendung auf ein regelmäßiges Geschehen zu anderer Zeit oder einen anderen dauernden Zustand hin (vgl. Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Nachdruck 1984, Bd. 16, Sp. 1744, und Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 1980, Stichwort „sonst” S. 2426), nicht hingegen auf die von der Beschwerde befürwortete tages- oder wochenbezogene Betrachtung, für die der Wortlaut des § 10a Satz 1 Nr. 3 BVO auch im Übrigen keinen Anhaltspunkt liefert.
Für eine generalisierende und typisierende rückschauende Betrachtungsweise streiten auch Sinn und Zweck der Norm. Nach dem gegenwärtigen Beihilfesystem wird die Beihilfe als Hilfeleistung, die die Eigenvorsorge des Beamten ergänzt, unabhängig von einer finanziellen Notlage gewährt, um einen bestimmten Vomhundertsatz der Kosten in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen zu erstatten. Nach dem beihilfefähigen Leistungsprogramm sind grundsätzlich und zuvörderst diejenigen Aufwendungen beihilfefähig, die für eine medizinisch gebotene Behandlung entstanden sind, die der Wiedererlangung der Gesundheit oder der Besserung oder Linderung von Leiden dient (Urteil vom 29. September 2011 – BVerwG 2 C 80.10 – Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 22 Rn. 19 m.w.N.). Soweit der Verordnungsgeber darüber hinaus auch solche Aufwendungen als beihilfefähig bewertet, die zwar anlassbezogen sind, aber den vorstehenden Zielen nur mittelbar zu dienen bestimmt sind und zudem starke Bezüge zum Bereich der privaten Lebensführung aufweisen, ist es ihm grundsätzlich unbenommen, zum einen die Beihilfeleistung pauschalierend auf Fallgestaltungen zu beschränken, die mit einem besonders starken Einschnitt in die Lebensführung der Familie verbunden sind, (Urteil vom 17. Oktober 1991 – BVerwG 2 C 21.90 – Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 6 S. 10) und zum anderen die tatbestandlichen Voraussetzungen in einer den Anforderungen der Massenverwaltung gerecht werdenden Weise zu regeln. Das Kriterium der alleinigen oder überwiegenden Haushaltsführung dient dazu, die Schwere der Auswirkungen des krankheitsbedingten Ausfalls eines Elternteils für die Weiterführung des Haushalts als zentralen Ort der privaten Lebensführung zu bemessen. Es scheidet diejenigen Fallgestaltungen, in denen der krankheitsbedingte Ausfall eines Elternteils erhebliche, insbesondere auch finanzielle Auswirkungen auf die Lebensführung der Familie zeitigt, von jenen Situationen, in denen die außerhäusliche Unterbringung typischerweise nicht zu einer erheblichen Veränderung innerhalb der haushaltsmäßigen und familiären Abläufe führt. Der sich an einem längeren Zeitraum in der jüngeren Vergangenheit orientierende typisierende und generalisierende Prüfungsmaßstab berücksichtigt zum einen, dass die Verteilung der Aufgaben in einer Familie zumindest partiell der grundrechtlich geschützten Privatsphäre der Betroffenen zuzurechnen ist, und trägt zum anderen dem Umstand Rechnung, dass eine auf einzelne Tage oder Wochen individualisierte behördliche Prüfung eines jeden Antrags auf Erstattung der Aufwendungen für Haushalts- und Familienhilfe anhand der individuellen Aufgaben die Möglichkeiten der Beihilfestellen bei weitem überstiege. Die von der Beschwerde angestrebte differenzierende tages- bzw. wochenbezogene Betrachtung würde nicht nur einen erheblichen Dokumentationsaufwand auf Seiten der Antragsteller begründen, sondern auch schwierige Fragen im Zusammenhang mit der Überprüfbarkeit der betreffenden Angaben aufwerfen, die einer zügigen Bearbeitung des Beihilfeantrages auch und gerade im Interesse des Antragstellers nicht selten entgegenstünden. Die mit einer typisierenden und generalisierenden Herangehensweise einhergehenden Unschärfen müssen im Hinblick auf die Anforderungen einer Massenverwaltung zumindest insoweit toleriert werden, als – wie hier – der Ersatz nicht von Aufwendungen, die unmittelbar der Wiederherstellung der Gesundheit in einem Krankheitsfall, sondern mittelbarer Folgekosten begehrt wird, die zudem ihrer Art auch in den Bereich der allgemeinen Lebensführung hineinreichen.
Die Genese des § 10a Satz 1 Nr. 3 BVO rechtfertigt keine abweichende Betrachtung. Die Regelung gründet auf der Vorgängervorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 BVO in der vor dem 1. September 2009 geltenden Fassung des Gesetzes vom 17. Februar 2004 (GBl S. 66). Danach waren aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für gesondert erbrachte und berechnete Familien- und Haushaltshilfe, sofern die sonst den Haushalt führende beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person wegen ihrer notwendigen außerhäuslichen Unterbringung (Nummern 6 und 10a, §§ 7 bis 9) den Haushalt nicht weiterführen kann (Buchst. a), im Haushalt mindestens ein berücksichtigungsfähiges Kind verbleibt, das das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (Buchst. b), keine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt, gegebenenfalls auch an einzelnen Tagen (Buchst. c), weiterführen kann und die sonst den Haushalt führende beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person in den beiden vorangegangenen Kalenderjahren keine die Jahresarbeitsentgeltgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung übersteigenden eigenen Einkünfte hatte (Buchst. d). Durch die Streichung der früheren Regelung zu Buchstabe d und die Einfügung der Wörter „allein oder überwiegend” in Buchstabe a hat der Verordnungsgeber erkennbar gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung getragen, deren Auswirkungen zuvor in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgezeigt worden waren. Dieses hatte in dem bereits zitierten Urteil vom 17. Oktober 1991 (– BVerwG 2 C 21.90 – Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 6 S. 10) in Bezug auf die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 8 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundes über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften – BhV) i.d.F. vom 19. April 1985 (GMBl 1985 S. 290), die die Gewährung einer Familien- und Haushaltshilfe davon abhängig machte, dass die sonst den Haushalt führende beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person nicht oder nur geringfügig erwerbstätig ist, ausgeführt, dass der Vorschriftengeber insoweit in typisierender Weise von der sogenannten Haushaltsführungsehe ausgegangen sei, bei der ein Ehegatte, dem die Haushaltsführung überlassen sei, seine Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen, in der Regel durch Führung des Haushalts erfülle und dabei nicht oder nur geringfügig erwerbstätig sei. Den temporären Ausfall dessen, der mit seiner vollen oder ganz überwiegenden Arbeitskraft den Haushalt führe, habe es als typischerweise besonders starken Einschnitt in die Lebensführung der Familie bewertet, welcher den Dienstherrn zu einer besonderen Fürsorgeleistung veranlasse. Diese Erwägungen trügen indes dann nicht, wenn beide Ehegatten erwerbstätig seien und nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen sei, dass keiner der Ehegatten die Haushaltsführung und die Kinderbetreuung durchgehend übernehmen könne und insbesondere die Betreuung der Kinder auch an „gesunden Tagen” regelmäßig schon anderweitig sichergestellt werde. Dieser Wertung hat der baden-württembergische Verordnungsgeber im Rahmen des § 10a Satz 1 Nr. 3 BVO Rechnung getragen, ohne dabei von dem Erfordernis eines besonders starken Einschnitts in die Lebensführung der Familie abzugehen. Eine generalisierende und typisierende Betrachtung im Sinne des Verwaltungsgerichtshofs steht mit der Entstehungsgeschichte im Einklang.
Dem Verwaltungsgerichtshof ist schließlich in systematischer Hinsicht dahingehend zu folgen, dass dem Regelungszusammenhang des § 10a Satz 1 Nr. 3 Buchst. a und c BVO zu entnehmen ist, dass dem Merkmal der alleinigen oder zumindest überwiegenden Haushaltsführung mit Blick auf die ohnehin vorzunehmende Prüfung der Kausalität der krankheitsbedingten Ortsabwesenheit einer haushaltsangehörigen Person für die Unmöglichkeit der Weiterführung des Haushalts die jenem zugedachte Korrektivfunktion nur bei einer typisierenden und generalisierenden Bestimmung der den Haushalt überwiegend führenden Person zukommen kann.
b) Soweit die Beschwerde des Weiteren die Frage der
„Vereinbarkeit einer Auslegung des § 10a Satz 1 Nr. 3 BVO, [der zufolge] Beihilfe für eine Haushaltshilfe nur dann gewährt wird, wenn ‚die sonst den Haushalt allein oder überwiegend führende beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person’ erkrankt ist, und dabei pauschal über einen längeren zurückliegenden Zeitraum zu fragen ist, welcher Ehepartner mehr als die Hälfte der Zeit den Haushalt führt oder die Kinder betreut, mit dem Grundrecht des Schutzes von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG)”
(S. 10 der Beschwerdebegründung) aufwirft, rechtfertigt dies ebenfalls nicht die Zulassung der Revision.
Der Verwaltungsgerichtshof ist davon ausgegangen, dass § 10a Satz 1 Nr. 3 BVO nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Zur Begründung hat er ausgeführt, das Erfordernis, dass der erkrankte Ehegatte den Haushalt zumindest überwiegend geführt haben muss, benachteilige die „Doppelverdienerehe” gegenüber der „Haushaltsführungsehe” nicht in sachlich nicht gerechtfertigter Weise. Dieses relative – vergleichende – Kriterium schließe die Beihilfefähigkeit einer Haushaltshilfe nicht aus, wenn beide Ehegatten in mehr als nur geringfügigem Umfang erwerbstätig seien (UA S. 18). Es begründe vielmehr in einer Konstellation, in der die Arbeitszeit beider Ehegatten jeweils ungefähr den gleichen Umfang einnehme und die Ehegatten die Elternzeit untereinander aufgeteilt hätten, einen weiteren Aufklärungsbedarf. Selbst in Situationen, in denen ein Ehegatte in erheblich geringerem zeitlichen Umfang als der andere Ehegatte erwerbstätig sei und zudem Elternzeit in Anspruch nehme, sei lediglich regelmäßig nach einer typisierenden und generalisierenden Betrachtungsweise davon auszugehen, dass er den Haushalt zumindest zum überwiegenden Teil führe; Ausnahmen seien indes denkbar, wenn ausschließlich der andere Ehepartner eine atypische Tätigkeit (z.B. Heimarbeit) ausübe, die es ihm erlaube, auch während der Erwerbstätigkeit in erheblichem Umfang Aufgaben im Haushalt wie die Beaufsichtigung der Kinder wahrzunehmen (UA S. 16). Mit diesen tragenden Erwägungen setzt sich die Beschwerde nicht substantiiert auseinander. Weder die Behauptung, in der Urteilsbegründung seien nahezu keine Ausführungen zu dem klägerischen Vortrag zu finden, dass § 10a Satz 1 Nr. 3 BVO nach übergeordneten rechtlichen Gesichtspunkten des Schutzes von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) auszulegen sei (S. 10 der Beschwerdebegründung), noch die Darlegung, die beamtenrechtliche Beihilfe werde für Fälle einer „Doppelverdienerehe” vollständig ausgeschlossen und nur die klassische „Haushaltsführungsehe” könne nach der Gesetzesauslegung des Verwaltungsgerichtshofes in den „Genuss” einer Beihilfe für eine Haushaltshilfe bei Erkrankung des Ehepartners kommen (S. 12 und 13 der Beschwerdebegründung), genügt dem Gebot substantiierter Auseinandersetzung. Dies gilt auch für die Erwägung, wenn keiner der Ehepartner (eindeutig) den Haushalt „allein oder überwiegend” führe, bewirke der Ausfall sowohl des einen als auch des anderen Ehepartners stets, dass eine Haushaltshilfe benötigt werde, weshalb insoweit eine doppelte Betroffenheit und Benachteiligung anzunehmen sei (S. 13 der Beschwerdebegründung).
c) Ebenso wenig ist die Revision im Hinblick auf die als rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Frage der
„Vereinbarkeit einer Auslegung des § 10a Satz 1 Nr. 3 BVO, … [der zufolge] … Beihilfe für eine Haushaltshilfe nur dann gewährt wird, wenn ‚die sonst den Haushalt allein oder überwiegend führende beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person’ erkrankt ist, und dabei pauschal über einen längeren zurückliegenden Zeitraum zu fragen ist, welcher Ehepartner mehr als die Hälfte der Zeit den Haushalt führt oder die Kinder betreut, mit … ‚grundlegenden Vertragsregelungen der Europäischen Gemeinschaft’ … und … ‚mit dem europarechtlichen Verbot der mittelbaren Diskriminierung von Frauen oder von Männern (Art. 4 i.V.m. Art. 1 [Buchst.] b [und] c der Richtlinie des Rates vom [5. Juli] 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. L 204 vom 26. Juli 2006, kurz RL 2006/54/EG)’”
(S. 16 und S. 14 f. der Beschwerdebegründung) zuzulassen.
Soweit ein Verstoß „gegen grundlegende Vertragsregelungen der Europäischen Gemeinschaft” gerügt wird, fehlt es bereits an einer hinreichenden Bezeichnung der betreffenden Normen, gegen die § 10a Satz 1 Nr. 3 BVO verstoße. Es ist nicht Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichts, sich aus einer Mehrzahl aneinandergereihter Vorschriften diejenige herauszusuchen, mit der die streitgegenständliche Bestimmung nach Auffassung der Beschwerde nicht in Einklang steht. Jedenfalls mangelt es an einer den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Begründung eines entsprechenden Verstoßes gegen eine Primärrechtsnorm.
Ebenso wenig führt die Rüge der Unvereinbarkeit der Auslegung des § 10a Satz 1 Nr. 3 BVO mit Art. 4 i.V.m. Art. 1 Buchst. b und „e” – gemeint dürfte Buchst. b und „c” sein – der Richtlinie 2006/54/EG zur Zulassung der Revision. Art. 4 der Richtlinie 2006/54/EG verbietet auch mittelbare Diskriminierungen wegen des Geschlechts, also Regelungen, die zwar neutral formuliert und deshalb auf Frauen und Männer gleichermaßen anzuwenden sind, die jedoch aus Gründen, die auf dem Geschlecht und der Geschlechterrolle beruhen, (prozentual) erheblich mehr Angehörige des einen Geschlechts als Angehörige des anderen Geschlechts nachteilig betreffen. Eine mittelbare Diskriminierung besteht dann nicht, wenn die betreffende Regelung durch Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Dezember 2007 – Rs. C-300/06 – Slg. 2007, I-10573 Rn. 25 m.w.N.). Das Kriterium der alleinigen oder überwiegenden Haushaltsführung in der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs genügt diesen Anforderungen. Insoweit ist an die Ausführungen zu Sinn und Zweck des § 10a Satz 1 Nr. 3 Buchst. a BVO unter a) anzuknüpfen. Es dient dazu, die Schwere der Auswirkungen des krankheitsbedingten Ausfalls eines Elternteils für die Weiterführung des Haushalts als zentralen Ort der privaten Lebensführung zu bemessen, und scheidet diejenigen Fallgestaltungen, in denen der krankheitsbedingte Ausfall eines Elternteils aufgrund der beihilferechtlich als gegeben hinzunehmenden generellen Organisation des Familienlebens mit einem besonders starken Einschnitt in die familiäre Lebensführung verbunden ist, von jenen Situationen, in denen die außerhäusliche Unterbringung typischerweise nicht zu einer erheblichen Veränderung innerhalb der haushaltsmäßigen und familiären Abläufe führt. Das Kriterium knüpft mithin nicht an das Geschlecht der krankheitsbedingt für die Haushaltsführung ausfallenden Person, sondern an die Intensität der Beeinträchtigung des Familienlebens an. Da die Beihilfeleistungen unmittelbare Auswirkungen auf die durch die Besoldungs- und Versorgungsgesetze festgelegte Alimentation haben, zielt das Merkmal der alleinigen oder überwiegenden Haushaltsführung im Lichte des Alimentationsprinzips wie auch des Fürsorgegrundsatzes auf die Bemessung der mit der außerhäuslichen Unterbringung eines Elternteils einhergehende finanzielle Mehrbelastung der Beihilfeberechtigten.
2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts findet ihre Grundlage in § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Vormeier, Dr. Fleuß, Dr. Harms
Fundstellen
Haufe-Index 7436611 |
PersV 2015, 237 |