Nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts kann eine Kündigung wegen Eigenbedarfs auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen, wenn sie aus Gründen erfolgt, die schon bei Abschluss des Mietvertrags vorlagen.
Unbegrenzte Mietdauer trotz absehbarer Selbstnutzungsabsicht
Der Vermieter setzt sich zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch, wenn er die Wohnung auf unbestimmte Zeit vermietet, obwohl er entweder entschlossen ist oder zumindest erwägt, in absehbarer Zeit die Wohnung oder einen Teil davon selbst in Gebrauch zu nehmen.
Er ist daher verpflichtet, den Mieter, der mit einer längeren Dauer des Mietvertrags rechnet, vor Vertragsschluss über die Absicht oder zumindest die Aussicht einer begrenzten Mietdauer aufzuklären. Dabei ist der Mietinteressent nicht gehalten, einen möglichen Eigenbedarf des Vermieters zu erkunden.
Der Vermieter darf dem Mieter, der mit einer längeren Mietdauer rechnet, die mit jedem Umzug verbundenen Belastungen dann nicht zumuten, wenn er ihn über die Absicht oder zumindest die Aussicht begrenzter Mietdauer nicht aufklärt.
War der Vermieter bei Mietvertragsabschluss allerdings weder entschlossen, alsbald Eigenbedarf geltend zu machen und hat er ein solches Vorgehen nicht ernsthaft in Betracht gezogen, liegt nach der Rechtsprechung des BGH selbst dann kein Rechtsmissbrauch vor, wenn das künftige Entstehen eines Eigenbedarfs für den Vermieter im Rahmen einer "Bedarfsvorschau" erkennbar gewesen wäre. Erkennbar wäre der Eigenbedarf z. B. gewesen, wenn zur Familie des Vermieters Kinder oder Heranwachsende gehören, von denen der Vermieter nicht weiß, wann sie sich vom elterlichen Haushalt lösen werden.
Bei verständiger und objektiver Betrachtung bringt ein Vermieter nämlich dadurch, dass er dem Mieter einen unbefristeten Mietvertrag anbietet und nicht von sich aus Angaben über den Stand und die mögliche Entwicklung seiner familiären und persönlichen Verhältnisse macht (z. B. Heranwachsen von Kindern, drohende Trennung von Familienangehörigen, Erkrankung, berufliche Veränderungen), regelmäßig nicht zum Ausdruck, dass er die Möglichkeit eines alsbaldigen Eigenbedarfs unaufgefordert geprüft hat und nach derzeitigem Erkenntnisstand ausschließen kann. Würde vom Vermieter bei Abschluss eines Mietvertrags eine solche – sich nach der Auffassung einiger Gerichte auf bis zu 5 Jahre erstreckende – Lebensplanung verlangt werden, würde dessen verfassungsrechtlich verbürgte Freiheit missachtet, über die Verwendung seines Eigentums innerhalb der gesetzlichen Grenzen frei zu bestimmen. Dementsprechend begründet allein der Umstand, dass bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags beim Vermieter erhebliche Ehedifferenzen bestanden, kein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Vermieters, weil er einen künftigen Eigenbedarf hätte in Erwägung ziehen müssen. Zu der sich aus dem Eigentumsrecht ergebenen Verfügungsbefugnis des Vermieters gehört auch die Entscheidung darüber, von welchem Zeitpunkt an ein Wohnbedarf Anlass für eine Eigenbedarfskündigung sein soll.
Für die – in erster Linie dem Tatrichter obliegende – Beurteilung, ob der Vermieter entschlossen war, alsbald Eigenbedarf geltend zu machen oder ein solches Vorgehen erwogen hat, darf allerdings nicht allein auf seine Darstellung abgestellt werden. Vielmehr kommt es auf eine Würdigung der Gesamtumstände an. Dabei kann auch auf objektive (äußere) Umstände zurückgegriffen werden, sofern diese tragfähige Anhaltspunkte für den Kenntnisstand des Vermieters bilden. Ein Vermieter handelt jedenfalls nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er einen unbefristeten Mietvertrag abschließt und hierbei die spätere Eigenbedarfssituation lediglich fahrlässig nicht vorhergesehen hat.
Mieter ist nicht schutzlos
Diese Rechtsprechung, wonach den Vermieter keine Verpflichtung zu einer "Bedarfsvorschau" trifft, stellt den Mieter nicht schutzlos. Will er das Risiko künftiger Entwicklungen nicht auf sich nehmen, kann er – so die Empfehlung des BGH – für einen gewissen Zeitraum
Überspannte Bedarfsvorschau
Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs 3 Jahre nach Vertragsabschluss ist auch nicht rechtsmissbräuchlich, wenn der Eigenbedarf (z. B. des Kindes oder Enkels) erst nach Vertragsabschluss aufgrund einer Änderung der beruflichen und familiären Verhältnisse des Begünstigten entstanden und zuvor nicht absehbar gewesen ist. Dies gilt auch dann, wenn dem Mieter bei Vertragsabschluss mündlich mitgeteilt wurde, dass ein Eigenbedarf nicht in Betracht kommt, allenfalls ein Verkauf des Anwesens; der Begünstigte dann aber aufgrund einer Änderung seiner Lebensplanung das Anwesen zusammen mit seiner Partnerin beziehen will.
Die Anforderungen an eine Bedarfsvorschau sind auch überspannt, wenn von einem Vermieter, der selbst zur Miete wohnt, verlangt wird, er dürfe nur einen befristeten Mietvertrag a...