Problemüberblick

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer übt nach § 9a Abs. 2 WEG die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte sowie solche Rechte der Wohnungseigentümer aus, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern und nimmt die entsprechenden Pflichten der Wohnungseigentümer wahr.

Im Fall geht es nicht um die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte oder Pflichten, sondern um die Beziehung der Wohnungseigentümer zu einem Grundstücksnachbarn. Nach der Grundschuld ist jeder Wohnungseigentümer, nicht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, in Bezug auf das Nachbargrundstück berechtigt. Es ist daher zu fragen, ob diese Berechtigung eine Berechtigung ist, die eine "eine einheitliche Rechtsverfolgung" i. S. d. § 9a Abs. 2 Fall 2 WEG erfordert.

Einheitliche Rechtsverfolgung

Eine "einheitliche Rechtsverfolgung" ist i. S. d. § 9a Abs. 2 Fall 2 WEG "erforderlich", wenn schutzwürdige Belange der Wohnungseigentümer oder des Schuldners an einer einheitlichen Rechtsverfolgung das grundsätzlich vorrangige Interesse des Wohnungseigentümers, seine Rechte selbst und eigenverantwortlich auszuüben und prozessual durchzusetzen, deutlich überwiegen. Hierbei ist eine wertende Betrachtung geboten.

Diese Wertung nimmt der BGH leider nicht vor. Er behauptet die Erforderlichkeit schlicht. Im Ergebnis ist ihm aber zuzustimmen. Denn es spricht sowohl aus Sicht der Wohnungseigentümer als aus der Grundschuld Berechtigten, als auch aus Sicht des Nachbarn als aus der Grundschuld Verpflichteten, alles dafür, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Rechte (und Pflichten) der Wohnungseigentümer in ihrer Hand materiell und prozessual bündelt.

Ausgleichsanspruch

Für die Lösung des Falles kann offenbleiben, ob die Wohnungseigentümer und B Teilhaber einer Bruchteilsgemeinschaft sind und ein Ausgleichsanspruch gem. §§ 748, 744 Abs. 2 BGB besteht. Die Wohnungseigentümer und damit die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer haben gegen B jedenfalls einen Anspruch aus §§ 1108 Abs. 1, 1021 Abs. 2 BGB. In der Urkunde aus dem Jahr 1995 hatten sich die (damaligen) Eigentümer der Grundstücke, auf der die Tiefgarage als Anlage i. S. d. § 1021 Abs. 1 BGB errichtet worden ist, wechselseitige Grunddienstbarkeiten bestellt. Nach dem Vertrag sind die Kosten der Unterhaltung der Tiefgarage im Verhältnis der angeschlossenen Tiefgaragenplätze zu tragen.

Weiteres Vorgehen

Das OLG hat nach BGH-Ansicht jetzt Feststellungen zu treffen, ob es sich bei den von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend gemachten Kosten um solche handele, die für eine ordnungsmäßige Unterhaltung der Tiefgarage erforderlich gewesen sind. Maßgeblich sei insoweit das Benutzungsinteresse der Eigentümer. Darunter falle in 1. Linie ihr Interesse an der Gebrauchs- und Funktionsfähigkeit der Tiefgarage (Hinweis auf BGH, Urteil v. 7.2.2020, V ZR 128/19, Rn. 12). Hierzu gehörten im Ausgangspunkt auch die (erforderlichen) Kosten für die Verwaltung, ohne die eine Tiefgarage nicht betrieben werden könne. Da es für die Frage der Erforderlichkeit der Unterhaltungskosten auf eine objektive Betrachtung ankomme, sei es unerheblich, ob B den kostenauslösenden Maßnahmen zugestimmt habe.

Was ist für die Verwaltung besonders wichtig?

Die BGH-Lösung bedeutet für die Verwaltungen, dass sie nach §§ 9a Abs. 2, 9b Abs. 1 Satz 1 WEG die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer als Berechtigte an einer Dienstbarkeit wahrnehmen oder erfüllen müssen. Die Verwaltungen sollten daher über alle Dienstbarkeiten die das in Wohnungseigentum aufgeteilte Grundstück betreffen, stets gut informiert sein!

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge