Wer ein Mehrfamilienhaus kaufen will, legt Wert auf die Energieeffizienz, wie JLL beobachtet – und zahlt dafür einen um bis zu 30 % höheren Preis. Bei Immobilien mit einer schlechten Klimabilanz drohen Eigentümern hohe Wertverluste.
Hoher Energieverbrauch drückt den Preis
Wohnimmobilien mit hohem Energieverbrauch werden nach Einschätzung von JLL im Vergleich zu effizienten Immobilien weiter an Wert verlieren. Im 3. Quartal 2023 waren Mehrfamilienhäuser der beiden niedrigsten Effizienzklassen G und H um knapp ein Drittel (28,7 %) günstiger als Gebäude der besten Klassen A und A+, das sind 4 Prozentpunkte mehr als im Vorjahreszeitraum.
Zuvor lag die Negativmarke bei 28,1 % und wurde im 1. Quartal 2023 gemessen. Zum Vergleich: Im 3. Quartal 2021 betrug der Preisunterschied zwischen bester und schlechtester Energieeffizienz nur 11,6 %.
Geringe Anzahl energetischer Sanierungen
In Deutschland werden bislang vergleichsweise wenige Wohnungen energetisch saniert. Nach Schätzungen von Experten waren es in jüngerer Vergangenheit pro Jahr etwa 1 % des gesamten Wohnungsbestands.
"Neben den steigenden Kosten für Sanierungen und für die Kapitalbeschaffung sind die verschärften regulatorischen Vorgaben sowie die Unsicherheit über künftige gesetzliche Anforderungen an den energetischen Zustand von Gebäuden die wesentlichen Treiber für die aktuelle Segmentierung des Wohnungsmarkts", sagt Dr. Sören Gröbel, Director Research JLL Germany.
Preisunterschied zwischen saniert und unsaniert
Im Durchschnitt über alle Energieklassen beträgt der Preisunterschied zur effizientesten Gebäudekategorie 18,9 % und damit rund 2 Prozentpunkte mehr als vor 1 Jahr. Im Vergleich zum Höchstwert aus dem 1. Quartal 2023 fällt der Preisabschlag allerdings etwas geringer aus. "Insgesamt hat sich die Preisschere zwar weiter geöffnet, jedoch hat die Entwicklung im Laufe des Jahres 2023 an Dynamik verloren", betont Gröbel.
Untersucht wurden Angebotspreise von Mehrfamilienhäusern (mehr als 2 Wohneinheiten). Dabei handelt es sich um Bestandsimmobilien und Neubauten. Unter Neubauten fallen Gebäude, die Baujahr 2016 oder jünger sind. Datenquelle ist die Value AG.
Sanierungsdruck steigt
Nach Angaben von JLL müssen Akteure in Wohnungsmärkten mit Angebotsüberhang mit deutlich größeren Abschlägen rechnen – also dort, wo die Leerstandsquote mehr als 5 % beträgt. Im Durchschnitt aller Bestandsobjekte der Effizienzklassen G und H liegt der Preisabschlag im 3. Quartal 2023 bei knapp 46 %, wenn energierelevante Merkmale fehlen. Dieser Wert liegt damit rund 6 Prozentpunkte höher als noch vor 1 Jahr.
Dass Objekte mit schlechterer Energieeffizienz auf Märkten mit Angebotsüberhang einen höheren Preisabschlag aufweisen, hat laut Roman Heidrich, Lead Director Residential Valuation im Team Value and Risk Advisory JLL Germany, verschiedene Ursachen:
- Die Bodenwerte sind hier niedriger und damit der Anteil des Gebäudewerts am Gesamtwert des Objekts höher. Effekte, die das Gebäude betreffen, müssen in der Folge stärker in den Gesamtpreiseffekten niederschlagen.
- Den Kosten einer energetischen Sanierung stehen geringere Mietpotenziale gegenüber. Die ungünstigere Kosten-Ertrags–Relation muss bereits beim Kauf in Form eines höheren Preisabschlags berücksichtigt werden.
- In Märkten mit hohem Leerstand trifft weniger Nachfrage auf das Angebot. Damit ist die Verhandlungsmacht der potenziellen Käufer größer. Qualitativ schlechtere Objekte müssen stärker im Preis fallen, um marktgerecht zu bleiben.
Angesicht der geringen Sanierungsquote in Deutschland und den sich weiter verschärfenden Anforderungen an die Transformation des Immobilienbestands rechnet JLL für die kommenden Jahre mit einer weiteren Ausdifferenzierung des Wohnungsmarkts anhand der Energieeffizienzen. "Eigentümer energetisch schlechter Immobilien werden in Zukunft immer größere Schwierigkeiten bei der Vermietung, beim Verkauf und auch bei der Finanzierung ihrer Immobilien bekommen", prophezeit Heidrich.