Alexander C. Blankenstein
4.9.5.1 Einführung
Die am 1.1.2024 in Kraft getretene Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) regelt in § 71 Abs. 1 GEG, dass Heizungsanlagen nur noch eingebaut oder aufgestellt werden dürfen, wenn sie mindestens 65 % der mit der Anlage bereitgestellten Wärme mit erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme erzeugen. Unmittelbar gilt dies allerdings nur für Neubauten, die innerhalb von Neubaugebieten errichtet werden.
"Alte" Heizungen dürfen weiter betrieben werden
Von großer Bedeutung ist, dass sämtliche vor dem 1.1.2024 installierten Heizungen nicht den Vorgaben des § 71 Abs. 1 GEG genügen müssen. Alle vor dem 1.1.2024 eingebauten Heizungsanlagen dürfen so lange weiterbetrieben werden, bis sie irreparabel defekt sind und durch eine neue ersetzt werden müssen. Zu beachten ist lediglich das absolute Betriebsverbot des § 72 Abs. 4 GEG. Hiernach dürfen Heizkessel ab 1.1.2045 nicht mehr mit fossilen Brennstoffen betrieben werden.
Von ebenfalls großer Bedeutung ist die allgemeine Übergangsfrist des § 71i GEG: Eine ausgetauschte Heizungsanlage kann 5 Jahre weiter betrieben werden, ohne die 65 %-EE-Vorgabe des § 71 Abs. 1 GEG erfüllen zu müssen. Diese Übergangsfrist knüpft nicht mehr an den Fall einer Heizungshavarie an, wie noch im Gesetzentwurf vorgesehen, sondern gilt allgemein bei einem Austausch von Heizungsanlagen, wobei wirklich praxisrelevant tatsächlich die Heizungshavarie sein dürfte. Von Bedeutung ist insoweit, dass die Übergangsfrist des § 71i GEG erst nach Ablauf der Wärmeplanungsfristen des § 71 Abs. 8 GEG zu laufen beginnt.
Weiter gelten nach
- § 71j GEG Übergangsfristen bei Neu- und Ausbau eines Wärmenetzes,
- § 71k GEG Übergangsfristen bei Heizungsanlagen, die sowohl Erdgas als auch Wasserstoff verbrennen können,
- § 71l GEG Übergangsfristen bei Etagenheizungen oder Einzelraumfeuerungsanlagen und
- § 71m GEG Übergangsfrist bei Hallenheizungen.
4.9.5.2 Wahlfreiheit und Nachweispflicht
Nach § 71 Abs. 2 GEG kann der Gebäudeeigentümer bzw. der nach § 8 GEG Verantwortliche frei wählen, mit welcher Heizungsanlage die Anforderungen des § 71 Abs. 1 GEG erfüllt werden. Da das Gesetz letztlich jede Heizung auf Grundlage von erneuerbaren Energien und unterschiedliche Kombinationen von Techniken zulässt, muss ein Nachweis erbracht werden, dass ein Mindestanteil von 65 % erneuerbarer Energie oder unvermeidbarer Abwärme für das Heizen verwendet wird. In praxisrelevanten Fällen besteht diese Nachweispflicht allerdings nicht.
Ausnahmen von der Nachweispflicht
Von erheblicher praktischer Bedeutung sind die Ausnahmen von der Nachweispflicht. Die Nachweispflicht des § 71 Abs. 2 Satz 2 GEG besteht nicht bei
- einem Anschluss an ein Wärmenetz,
- dem Einbau einer elektrisch angetriebenen Wärmepumpe,
- dem Einbau einer Stromdirektheizung,
- dem Einbau einer solarthermischen Anlage,
- dem Einbau einer Heizungsanlage zur Nutzung von grünem oder blauem Wasserstoff,
- dem Einbau einer Wärmepumpen-Hybridheizung sowie
- dem Einbau einer Solarthermie-Hybridheizung.
In diesen Fällen wird die Erfüllung der Vorgabe des § 71 Abs. 1 GEG unterstellt, wonach 65 % Erneuerbare Energien in die Wärmeerzeugung eingebunden sind.
Nachweispflicht
In anderen Fällen ist die Einhaltung der Anforderungen auf Grundlage von Berechnungen nach der DIN V 18599: 2018-09 durch eine nach § 88 GEG berechtigte Person nachzuweisen. § 88 GEG regelt die zur Ausstellung von Energieausweisen berechtigten Personen. Hierzu sind u. a. insbesondere Architekten, Ingenieure, aber auch qualifizierte Schornsteinfeger berechtigt. Der Nachweis der Einhaltung der Anforderungen ist vor Inbetriebnahme der Heizungsanlage einzuholen.
Der Gebäudeeigentümer bzw. der nach § 8 GEG Verantwortliche ist nach § 71 Abs. 2 Satz 3 GEG verpflichtet, die Heizungsanlage nach den Anforderungen des Nachweises einzubauen oder aufzustellen und zu betreiben. Werden die Anforderungen missachtet, stellt dies eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit dar. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einem Bußgeld bis zu 5.000 EUR geahndet werden.
Der Nachweis ist von dem Eigentümer bzw. dem nach § 8 GEG Verantwortlichen und von dem Aussteller mindestens 10 Jahre aufzubewahren. Auf Verlangen ist er der nach Landesrecht zuständigen Behörde sowie dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger vorzulegen. Bei den jeweils landesrechtlich zuständigen Behörden handelt es sich um die Bauaufsichtsbehörden der Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften.
4.9.5.3 Übergangsfrist des § 71 Abs. 8 GEG
§ 71 Abs. 8 und 9 GEG regelt Übergangsfristen für bestehende Gebäude und Neubauten in Baulücken. Die Übergangsfristen hängen insoweit von der jeweiligen Gemeindegröße bzw. Einwohnerzahl der Gemeinde ab. Differenziert wird nach Gemeinden, in denen am 1.1.2024
- mehr als 100.000 Einwohner oder
- bis zu 100.000 Einwohner
gemeldet sind.
Sind in einer Gemeinde mehr als 100.000 Einwohner gemeldet, kann nach § 71 Abs. 8 Satz 1 GEG bis zum Ablauf des 30.6.2026 in einem bestehenden Gebäude eine Heizungsanlage ausgetauscht und eine andere Heizungsanlage zum Zweck der Inbetriebnahme eingebaut oder aufgestellt und betrieben werden, die nicht die Vorgaben des § 71 Abs. 1 GEG erfüllt....