Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Grundsätze des Unionsrechts. Vorrang. Nationale Regelung, wonach untergeordnete Gerichte der Auslegung übergeordneter Gerichte folgen müssen. Beschränkung der Anrufung übergeordneter Gerichte auf die Beurteilung von Rechtsfragen und von vor den untergeordneten Gerichten erhobenen Klagegründen
Normenkette
Verfahrensordnung des Gerichtshofs Art. 53 Abs. 2
Beteiligte
Tenor
Das vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Entscheidung vom 16. August 2018 eingereichte Vorabentscheidungsersuchen ist offensichtlich unzulässig.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Österreich), mit Entscheidung vom 16. August 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 22. August 2018, in den Verfahren auf Antrag von
DP,
Finanzamt Linz,
Beteiligte:
Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn,
Bezirkshauptmannschaft Linz-Land,
Finanzamt Braunau-Ried-Schärding,
EO,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten F. Biltgen sowie des Richters J. Malenovský (Berichterstatter) und der Richterin L. S. Rossi,
Generalanwalt: N. Wahl,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 53 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,
folgenden
Beschluss
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 56 AEUV im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen von Verfahren auf Antrag von DP und dem Finanzamt Linz (Österreich) wegen der Beschlagnahme von ohne Konzession betriebenen Glücksspielautomaten.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
§ 42 Abs. 4 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (BGBl. Nr. 10/1985) lautet in seiner auf die Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (im Folgenden: VwGG):
„Der Verwaltungsgerichtshof kann in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt. In diesem Fall hat er den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen und kann zu diesem Zweck auch das Verwaltungsgericht mit der Ergänzung des Ermittlungsverfahrens beauftragen.”
Rz. 4
§ 63 Abs. 1 VwGG lautet:
„Wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, sind die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.”
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
Zum Verfahren zwischen DP und der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn
Rz. 5
Am 22. Juni 2017 führten Exekutivorgane der Finanzpolizei in einem Lokal eine Kontrolle durch, in deren Zuge Glücksspielautomaten vorläufig beschlagnahmt wurden, die dem Lokalinhaber von der Gmalieva s.r.o. – einer slowakischen Gesellschaft, deren gesetzlicher Vertreter DP ist – zur Verfügung gestellt worden waren und ohne die erforderliche behördliche Konzession betrieben wurden.
Rz. 6
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 11. September 2017 wurde über DP eine Geldstrafe verhängt. DP erhob gegen das Straferkenntnis Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.
Rz. 7
Dieses hob das Straferkenntnis mit Erkenntnis vom 19. Dezember 2017 auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren ein, wobei es feststellte, dass das im Glücksspielgesetz (im Folgenden: GSpG) verankerte Glücksspielmonopol mit dem Unionsrecht unvereinbar sei.
Rz. 8
Gegen dieses Erkenntnis erhob die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser gab der Revision mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018 statt und hob das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 19. Dezember 2017 auf, wobei er feststellte, dass die im GSpG verankerte Monopolregelung als unionsrechtskonform anzusehen sei.
Rz. 9
Das vorlegende Gericht führt aus, dass es an diesem Punkt des Verfahrens dazu verpflichtet sei, gemäß § 63 Abs. 1 VwGG neuerlich – und zwar unter Bindung an das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Juli 2018 – eine (sogenannte „Ersatz”-)Entscheidung zu erlassen.
Zum Verfahren zwischen dem Finanzamt Linz und der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land
Rz. 10
Aufgrund einer Anzeige des Finanzamts Linz vom 30. August 2012, beschlagnahmte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mehrere Glücksspielautomaten, die in einem Lokal ohne die erforderliche behördliche Konzession betrieben wurden.
Rz. 11
Nachdem sie diese Beschlagnahme bestätigt hatte, stellte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land das gegen den Lokalbetreiber zunächst geführte Verwaltungsstrafverfahren mit Bescheid vom 14. April 2015 ein.
Rz. 12
Gegen diesen Bescheid erhob das Finanzamt Linz am 28. April 2015 Beschwerde an das Landes...