Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Staatliche Beihilfen. Beschluss der Europäischen Kommission, mit dem eine Beihilferegelung für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wird. Nationale Rechtsvorschriften, mit denen die Möglichkeit der Gewährung einer Beihilfe aufgrund der genehmigten Regelung bei Nichteinhaltung einer im Beschluss der Kommission nicht vorgesehenen Voraussetzung ausgeschlossen wird

 

Normenkette

Verfahrensordnung des Gerichtshofs Art. 99

 

Beteiligte

Blumar

Blumar SpA

Roberto Abate SpA

Commerciale Gicap SpA

Agenzia delle Entrate

 

Tenor

Art. 108 Abs. 3 AEUV, der Beschluss C (2008) 380 der Kommission vom 25. Januar 2008, „Staatliche Beihilfe N 39/2007 – Italien – Steuergutschrift für neue Investitionen in benachteiligten Gebieten”, und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sind dahin auszulegen, dass sie Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, wonach die Gewährung einer Beihilfe aufgrund einer von diesem Mitgliedstaat eingeführten und mit dem genannten Beschluss genehmigten Beihilferegelung von einer Erklärung des Antragstellers abhängt, dass er keine von der Kommission für rechtswidrig und unzulässig erklärten und von ihm weder zurückgezahlten noch auf einem Sperrkonto hinterlegten Beihilfen erhalten habe, auch wenn an ihn kein Rückerstattungsbegehren gerichtet wurde und obwohl der fragliche Beschluss ein solches Erfordernis nicht vorsieht.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend drei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Corte suprema di cassazione (Kassationsgerichtshof, Italien) mit Entscheidungen vom 4. Dezember 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Mai 2019, in den Verfahren

Blumar SpA (C-415/19),

Roberto Abate SpA (C-416/19),

Commerciale Gicap SpA (C-417/19)

gegen

Agenzia delle Entrate

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Safjan, des Präsidenten der Ersten Kammer J.-C. Bonichot (Berichterstatter) und des Richters L. Bay Larsen,

Generalanwalt: E. Tanchev,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Blumar SpA und der Commerciale Gicap SpA, vertreten durch G. Mameli, R. Esposito und R. Altieri, avvocati,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. De Socio, avvocato dello Stato,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Stancanelli und F. Tomat als Bevollmächtigte,

aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

folgenden

Beschluss

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 108 Abs. 3 AEUV, des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Beschlusses C (2008) 380 der Kommission vom 25. Januar 2008, „Staatliche Beihilfe N 39/2007 – Italien – Steuergutschrift für neue Investitionen in benachteiligten Gebieten” (im Folgenden: Beschluss vom 25. Januar 2008).

Rz. 2

Sie ergehen im Rahmen von drei Rechtsstreitigkeiten zwischen der Blumar SpA, der Roberto Abate SpA und der Commerciale Gicap SpA einerseits und der Agenzia delle Entrate (Finanzbehörde, Italien) andererseits wegen deren Weigerung, diesen Gesellschaften aufgrund einer mit dem Beschluss vom 25. Januar 2008 genehmigten staatlichen Beihilferegelung eine Steuergutschrift zu gewähren.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Mit Beschluss vom 25. Januar 2008 stellte die Europäische Kommission fest, dass die durch die Legge n. 296 contenente „Disposizioni per la formazione del bilancio annuale e pluriennale dello Stato (legge finanziaria 2007)” (Gesetz Nr. 296 mit Bestimmungen über die Aufstellung des Jahres- und Mehrjahreshaushalts des Staates [Haushaltsgesetz 2007]) vom 27. Dezember 2006 (Supplemento ordinario zur GURI Nr. 299 vom 27. Dezember 2006, im Folgenden: Gesetz Nr. 296/2006) eingeführte Beihilferegelung, mit der eine Steuergutschrift für den Erwerb von Ausrüstungsgütern für Produktionsanlagen in bestimmten Gebieten Süditaliens (im Folgenden: fragliche Steuergutschrift) geschaffen wurde, gemäß Art. 87 Abs. 3 Buchst. a und c EG mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei.

Italienisches Recht

Rz. 4

Die fragliche Steuergutschrift wurde mit den Abs. 271 bis 279 des einzigen Artikels des Gesetzes Nr. 296/2006 ab dem Steuerzeitraum, in den der 31. Dezember 2006 fiel, und bis zum Ende des Steuerzeitraums, in den der 31. Dezember 2013 fiel, eingeführt.

Rz. 5

Die Bestimmungen von Abs. 1223 des einzigen Artikels dieses Gesetzes wurden aufgehoben, aber mit gleichem Wortlaut in Art. 16bis Abs. 11 der Legge n. 11 che reca norme generali sulla partecipazione dell’Italia al processo normativo dell'Unione europea e sulle procedure di esecuzione degli obblighi comunitari (Gesetz Nr. 11 mit allgemeinen Bestimmungen über die Beteiligung Italiens am Rechtsetzungsverfahren der Europäischen Union und über die Verfahren zur Erfüllung gemeinschaftlicher Verpflich...

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