Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschleunigtes Verfahren

 

Beteiligte

Jafari

Khadija Jafari

Zainab Jafari

Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl

 

Tenor

Die Rechtssache C-646/16 wird dem in Art. 105 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs vorgesehenen beschleunigten Verfahren unterworfen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 14. Dezember 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Dezember 2016, in dem Verfahren

Khadija Jafari,

Zainab Jafari

gegen

Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl

erlässt

DER PRÄSIDENT DES GERICHTSHOFS

nach Anhörung des Berichterstatters L. Bay Larsen und der Generalanwältin E. Sharpston

folgenden

Beschluss

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 2, 12 und 13 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. 2013, L 180, S. 31), sowie von Art. 5 Abs. 1 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. 2006, L 105, S. 1).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten, in denen sich Frau Khadija Jafari und Frau Zainab Jafari, zwei afghanische Staatsangehörige, gegen Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (Österreich) wenden, mit denen ihre Asylanträge zurückgewiesen, ihre Ausweisung angeordnet und die Rechtmäßigkeit ihrer Rücküberstellung nach Kroatien festgestellt werden.

Rz. 3

Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich, dass die Revisionswerberinnen des Ausgangsverfahrens im eigenen Namen und im Namen ihrer jeweiligen Kinder in Österreich Asyl beantragten, nachdem sie dort über Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien eingereist waren. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ging davon aus, dass die Republik Kroatien der nach Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 604/2013 für die Prüfung solcher Anträge zuständige Mitgliedstaat sei, und erklärte die Anträge deshalb für unzulässig, ordnete die Ausweisung der Betroffenen an und stellte die Rechtmäßigkeit ihrer Rücküberstellung nach Kroatien fest.

Rz. 4

Frau Khadija Jafari und Frau Zainab Jafari erhoben gegen diese Bescheide Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht (Österreich). Dieses wies ihre Beschwerden ab, woraufhin sie Revisionen an das vorlegende Gericht erhoben.

Rz. 5

Das vorlegende Gericht möchte wissen, wie die in den Art. 12 „Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa”) und 13 „Einreise und/oder Aufenthalt”) der Verordnung Nr. 604/2013 vorgesehenen Kriterien in einem Kontext anzuwenden sind, in dem die nationalen Behörden der betreffenden Mitgliedstaaten die Einreise von Drittstaatsangehörigen, die allein zur Durchquerung ihres Hoheitsgebiets zwecks Stellung eines Asylantrags in einem anderen Mitgliedstaat diente, faktisch geduldet haben sollen.

Rz. 6

Es hat daher das Verfahren ausgesetzt und den Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht. Es hat ferner beantragt, die Rechtssache gemäß Art. 105 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs einem beschleunigten Verfahren zu unterwerfen.

Rz. 7

Diese Bestimmung sieht vor, dass der Präsident des Gerichtshofs auf Antrag des vorlegenden Gerichts oder ausnahmsweise von Amts wegen, nach Anhörung des Berichterstatters und des Generalanwalts, entscheiden kann, eine Vorlage zur Vorabentscheidung einem beschleunigten Verfahren unter Abweichung von den Bestimmungen der Verfahrensordnung zu unterwerfen, wenn die Art der Rechtssache ihre rasche Erledigung erfordert.

Rz. 8

Zur Stützung seines Antrags, die vorliegende Rechtssache einem beschleunigten Verfahren zu unterwerfen, führt das vorlegende Gericht erstens aus, die Revisionswerberinnen des Ausgangsverfahrens seien hinsichtlich des Ausgangs der eingeleiteten Asylverfahren im Ungewissen, was sie an der weiteren Lebensplanung für sich und ihre minderjährigen Kinder hindere.

Rz. 9

Zweitens seien aufgrund der sehr hohen Zahl der im Jahr 2015 in Österreich gestellten Asylanträge von der Antwort, die der Gerichtshof auf die Vorlagefragen geben werde, in exzeptionellem Ausmaß weitere Verfahren betroffen. Überdies könne die Dauer der anhängigen Verfahren Auswirkungen auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in Österreich haben, insbesondere wegen ihrer Folgen für den Staatshaushalt und das Funktionieren der Verwaltung.

Rz. 10

Insoweit geht zwar aus einer ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass die Tatsache, dass von der Entscheidung, die ein vorlegendes Gericht zu treffen hat, nachdem es den Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht hat, potenziell eine große Zahl von Personen oder Rechtsverhältnissen betroffe...

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