Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Unanwendbarkeit zwischen Mitgliedstaaten. Schiedsspruch. Gerichtliche Überprüfung. Zuständigkeit eines Gerichts eines Mitgliedstaats. Streitigkeit zwischen einem Wirtschaftsteilnehmer eines Drittstaats und einem Drittstaat. Zuständigkeit des Gerichtshofs. Begriff ‚Investition’
Beteiligte
Tenor
Art. 1 Nr. 6 und Art. 26 Abs. 1 des am 17. Dezember 1994 in Lissabon unterzeichneten Vertrags über die Energiecharta, der mit dem Beschluss 98/181/EG, EGKS, Euratom des Rates und der Kommission vom 23. September 1997 im Namen der Europäischen Gemeinschaften genehmigt wurde, sind dahin auszulegen, dass der von einem Unternehmen einer Vertragspartei des Vertrags über die Energiecharta getätigte Erwerb einer aus einem nicht mit einer Investition zusammenhängenden Stromliefervertrag stammenden Forderung, deren Inhaber ein Unternehmen eines Staats war, der nicht Vertragspartei des Vertrags über die Energiecharta ist, und die sich gegen ein öffentliches Unternehmen einer anderen Vertragspartei des Vertrags über die Energiecharta richtet, keine „Investition” im Sinne dieser Bestimmungen darstellt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour d'appel de Paris (Berufungsgericht Paris, Frankreich) mit Entscheidung vom 24. September 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Oktober 2019, in dem Verfahren
Republik Moldau
gegen
Komstroy LLC, Rechtsnachfolgerin von Energoalians,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Kammerpräsidenten M. Vilaras, E. Regan, L. Bay Larsen, N. Piçarra und A. Kumin, der Richter T. von Danwitz, M. Safjan, D. Šváby, C. Lycourgos und P. G. Xuereb, der Richterin L. S. Rossi (Berichterstatterin) sowie des Richters I. Jarukaitis,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: M. Krausenböck, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2020,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Republik Moldau, vertreten durch M. Boccon Gibod, M. Ostrove, T. Naud und S. Salem, avocats,
- der Komstroy LLC, Rechtsnachfolgerin von Energoalians, vertreten durch A. Lazimi, S. Nadeau Seguin, B. Le Bars und R. Kaminsky, avocats,
- der französischen Regierung, vertreten durch A. Daniel als Bevollmächtigte,
- der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller und D. Klebs als Bevollmächtigte,
- der spanischen Regierung, vertreten durch J. Ruiz Sánchez und S. Centeno Huerta als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Aiello als Bevollmächtigten,
- der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér als Bevollmächtigten,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch J. M. Hoogveld als Bevollmächtigten,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
- der finnischen Regierung, vertreten durch H. Leppo als Bevollmächtigte,
- der schwedischen Regierung, vertreten durch C. Meyer-Seitz, A. Runeskjöld, M. Salborn Hodgson, H. Shev, H. Eklinder, R. Shahsavan Eriksson, O. Simonsson und J. Lundberg als Bevollmächtigte,
- des Rates der Europäischen Union, vertreten durch B. Driessen und A. Lo Monaco als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Vidal Puig, A. Biolan, T. Maxian Rusche und O. Beynet als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. März 2021
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Nr. 6 und Art. 26 Abs. 1 des am 17. Dezember 1994 in Lissabon unterzeichneten Vertrags über die Energiecharta (ABl. 1994, L 380, S. 24, im Folgenden: VEC), der mit dem Beschluss 98/181/EG, EGKS, Euratom des Rates und der Kommission vom 23. September 1997 (ABl. 1998, L 69, S. 1) im Namen der Europäischen Gemeinschaften genehmigt wurde.
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Republik Moldau und der Komstroy LLC über die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts, das am 25. Oktober 2013 in Paris (Frankreich) einen Schiedsspruch erlassen hat.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Der VEC besteht aus einer Präambel und acht Teilen, zu denen ein Teil I („Begriffsbestimmungen und Zweck”), der die Art. 1 und 2 des Vertrags umfasst, ein Teil II („Handel”), der die Art. 3 bis 9 des Vertrags umfasst, ein Teil III („Förderung und Schutz von Investitionen”), der die Art. 10 bis 17 des Vertrags umfasst, und ein Teil V („Streitbeilegung”), der die Art. 26 bis 28 des Vertrags umfasst, gehören.
Rz. 4
Nach der Präambel des VEC waren die Vertragsparteien beim Abschluss des Vertrags insbesondere „von dem Wunsch geleitet, den Grundgedanken der Europäischen Energiecharta-Initiative zu verwirklichen, der darin besteht, das Wirtschaftswachstum durch Maßnahmen zur Liberalisierung der Investitionen und des Handels mit Primärenergieträgern und Energieerzeugnissen...