Entscheidungsstichwort (Thema)
Zolltarif, Tarifierung, Teile von Schuhen, Schuhoberteil, Laufsohle, Innensohle, Warenzusammensetzung
Leitsatz (amtlich)
Die Allgemeine Vorschrift 2 a für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt geltenden Fassung ist dahin auszulegen, dass ein Schuhoberteil, eine Laufsohle und eine Innensohle als Ware, die noch nicht zusammengesetzt gestellt wird und die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale von Schuhen hat, in die Position 6404 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen sind, wenn nach der Einfuhr dieser Teile eine Hinterkappe in das Schuhoberteil eingefügt werden muss und die Laufsohle sowie das Schuhoberteil aufgeraut werden müssen, um sie zusammensetzen zu können.
Normenkette
EWGV 2658/87 Anhang I
Beteiligte
Directeur général des douanes et droits indirects |
Chef de l' agence de poursuites de la Direction nationale du renseignement et des enquêtes douanières |
Verfahrensgang
Cour de Cassation (Frankreich) (Urteil vom 04.12.2012; ABl. EU 2013, Nr. C 71/7) |
Tatbestand
„Gemeinsamer Zolltarif ‐ Tarifierung ‐ Kombinierte Nomenklatur ‐ Kapitel 64 ‐ Einfuhr von für die Herstellung von Schuhen für Sportzwecke notwendigen Teilen ‐ Position 6404 ‐ Schuhe mit Laufsohlen aus Kautschuk, Kunststoff, Leder oder rekonstituiertem Leder und Oberteil aus Spinnstoffen ‐ Position 6406 ‐ Schuhteile ‐ Allgemeine Vorschrift 2 a für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur ‐ Unvollständige oder unfertige Ware, die die ‚wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der vollständigen oder fertigen Ware hat‘ ‐ Ware, die ‚zerlegt oder noch nicht zusammengesetzt gestellt wird‘ ‐ Erläuterungen für die Auslegung des Harmonisierten Systems ‐ ‚Zusammensetzen‘, ohne dass die ‚Teile, die zusammengesetzt werden sollen, bei der Vervollständigung zu einer fertigen Ware einer weiteren Bearbeitung unterzogen werden‘“
In der Rechtssache C-2/13
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour de cassation (Frankreich) mit Entscheidung vom 4. Dezember 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 2. Januar 2013, in dem Verfahren
Directeur général des douanes et droits indirects,
Chef de l’agence de la direction nationale du renseignement et des enquêtes douanières
gegen
Humeau Beaupréau SAS
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Borg Barthet (Berichterstatter), des Richters E. Levits und der Richterin M. Berger,
Generalanwalt: N. Wahl,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Humeau Beaupréau SAS, vertreten durch F. Puel, avocat,
‐ der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas und C. Candat als Bevollmächtigte,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Keppenne und B.-R. Killmann als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Allgemeinen Vorschrift 2 a für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1) in der zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt geltenden Fassung (im Folgenden: KN).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Directeur général des douanes et droits indirects sowie dem Chef de l'agence de la direction nationale du renseignement et des enquêtes douanières und der Humeau Beaupréau SAS (im Folgenden: Humeau), einer Gesellschaft französischen Rechts, über die Einreihung von für die Herstellung von Schuhen für Sportzwecke notwendigen, aus China in der Zeit von Mai 1998 bis November 2000 eingeführten Teilen in die KN.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die durch die Verordnung Nr. 2658/87 geschaffene KN beruht auf dem Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS), das vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens, jetzt Weltzollorganisation (WZO), ausgearbeitet, durch das am 14. Juni 1983 in Brüssel geschlossene internationale Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren eingeführt und mit dem Beschluss 87/369/EWG des Rates vom 7. April 1987 (ABl. L 198, S. 1) im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft genehmigt wurde. Die KN übernimmt die Positionen und sechsstelligen Unterpositionen des HS, nur die siebte und die achte Stelle bilden eigene Unterteilungen.
Rz. 4
Teil I der KN enthält eine Reihe einführender Vorschriften. Dort heißt es in Titel I („Allgemeine Vorschriften“) Abschnitt A („Allgemeine Vorschriften für die Auslegung der [KN]“):
„Für die Einreihung von Waren in die [KN] gelten ...