Entscheidungsstichwort (Thema)
Energiesteuer, Verbrauchsteuer, Heizöl, Heizstoff, Halbfertiges Heizöl als Heizstoff, Wärmekraftwerk, Wärmeerzeugung, Verbrauchsteuersatz
Normenkette
EGRL 96/2003 Art. 21 Abs. 3, Art. 2 Abs. 3
Beteiligte
Agenţia Naţională de Administrare Fiscală – Direcţia Generală de Administrare a Marilor Contribuabili |
Agenţia Naţională de Administrare Fiscală – Direcţia Generală de Soluţionare a Contestaţiilor |
Verfahrensgang
Curte de Apel Bucuresti (Rumänien) (Beschluss vom 21.12.2017; ABl. EU 2018 Nr. C 152/12) |
Tenor
1. Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom ist dahin auszulegen, dass er nationalen Vorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, die die Besteuerung von Energieerzeugnissen vorsehen, die im Wärmekraftwerk des Betriebs, in dem sie hergestellt wurden, verbraucht werden, sofern dieser Verbrauch zu dem Zweck erfolgt, unter Erzeugung der für den technologischen Prozess der Herstellung dieser Erzeugnisse erforderlichen Wärmeenergie Energieerzeugnisse herzustellen. Diese Auslegung gilt unbeschadet der grundsätzlichen Anwendung von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie auf den Anteil der für die Zwecke der Erzeugung von elektrischem Strom verbrauchten Energieerzeugnisse.
2. Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96 sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Vorschriften oder Gepflogenheiten entgegenstehen, denen zufolge in Ermangelung eines Antrags bei den zuständigen Steuerbehörden auf Einreihung im Hinblick auf die Verbrauchsteuern für Energieerzeugnisse, für die in dieser Richtlinie kein Steuerbetrag festgelegt wurde, der für Gasöl vorgesehene Verbrauchsteuersatz angewandt und beibehalten wird, auch wenn zu einem späteren Zeitpunkt eine Entscheidung über die Einreihung eingeholt wurde, nach der diese Erzeugnisse Heizöl gleichgestellt werden.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Curtea de Apel Bucureşti (Berufungsgericht Bukarest, Rumänien) mit Entscheidung vom 21. Dezember 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 2. Februar 2018, in dem Verfahren
SC Petrotel-Lukoil SA
gegen
Agenţia Naţională de Administrare Fiscală – Direcţia Generală de Administrare a Marilor Contribuabili,
Agenţia Naţională de Administrare Fiscală – Direcţia Generală de Soluţionare a Contestaţiilor
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan (Berichterstatter) sowie der Richter I. Jarukaitis, E. Juhász, M. Ilešič und C. Lycourgos,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2019,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der SC Petrotel-Lukoil SA, vertreten durch D.-D. Dascălu und A. M. Iordache, avocats,
- der rumänischen Regierung, vertreten durch C.-R. Canţăr, R. I. Haţieganu und L. Liţu als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Armenia und C. Perrin als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Mai 2019
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 3 und Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. 2003, L 283, S. 51).
Rz. 2
Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der SC Petrotel-Lukoil SA (im Folgenden: PLK) auf der einen Seite und der Agenţia Naţională de Administrare Fiscală – Direcţia Generală de Administrare a Marilor Contribuabili (Staatliche Steuerverwaltungsagentur – Generaldirektion für die Verwaltung von Großsteuerzahlern, Rumänien) und der Agenţia Naţională de Administrare Fiscală – Direcţia Generală de Soluţionare a Contestaţiilor (Staatliche Steuerverwaltungsagentur – Generaldirektion für Rechtsbehelfsentscheidungen, Rumänien) auf der anderen Seite über einen Nacherhebungsbescheid u. a. bezüglich der Belegung von in den Anlagen von PLK verbrauchten Energieerzeugnissen mit Verbrauchsteuern.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 2 bis 7, 9, 11, 12 und 24 der Richtlinie 2003/96 lauten:
”(2) |
Das Fehlen von Gemeinschaftsbestimmungen über eine Mindestbesteuerung für elektrischen Strom und Energieerzeugnisse mit Ausnahme der Mineralöle kann dem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes abträglich sein. |
(3) |
Das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und die Erreichung der Ziele der anderen Gemeinschaftspolitiken erfordern die Festsetzung von gemeinschaftlichen Mindeststeuerbeträgen für die meisten Energieerzeugnisse einschließlich elektrischen Stroms, Erdgas und Kohle. |
(4) |
Erhebliche Abweichungen zwischen den von den einzelnen Mitgliedstaaten vorgeschr... |