Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Unionsbürgerschaft. Recht, sich in den Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten. Staatsangehöriger, der die Staatsangehörigkeit sowohl seines Wohnsitzmitgliedstaats als auch seines Geburtsmitgliedstaats besitzt. Änderung des Familiennamens im Geburtsmitgliedstaat außerhalb eines gewöhnlichen Aufenthalts. Dem Geburtsnamen entsprechender Name. Antrag auf Eintragung dieses Namens in das Personenstandsregister des Wohnsitzmitgliedstaats. Ablehnung des Antrags. Grund. Erwerb des Namens nicht während eines gewöhnlichen Aufenthalts. Vorhandensein anderer Verfahren im nationalen Recht zur Erlangung der Anerkennung des Namens
Normenkette
AEUV Art. 21
Beteiligte
Tenor
Art. 21 AEUV ist dahin auszulegen, dass er die Personenstandsbehörde eines Mitgliedstaats daran hindert, die Anerkennung und die Umschrift im Personenstandsregister des von einem Angehörigen dieses Mitgliedstaats in einem anderen Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er ebenfalls besitzt, rechtmäßig erworbenen Familiennamens, der seinem Geburtsnamen entspricht, auf der Grundlage einer Bestimmung des nationalen Rechts abzulehnen, nach der die Möglichkeit zur Erlangung einer solchen Umschrift durch Erklärung gegenüber der Personenstandsbehörde nur dann besteht, wenn der Name während eines gewöhnlichen Aufenthalts in dem anderen Mitgliedstaat erworben wurde, es sei denn, es gibt im nationalen Recht andere Bestimmungen, die eine tatsächliche Anerkennung dieses Namens ermöglichen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Amtsgericht Wuppertal (Deutschland) mit Entscheidung vom 24. September 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Oktober 2015, in dem Verfahren auf Antrag von
Mircea Florian Freitag,
Beteiligte:
Angela Freitag,
Vica Pavel,
Stadt Wuppertal,
Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richterin A. Prechal, des Richters A. Rosas (Berichterstatter), der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. September 2016,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der deutschen Regierung, vertreten durch M. Hellmann, T. Henze und J. Mentgen als Bevollmächtigte,
- der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, M. Figueiredo und M. Castelo-Branco als Bevollmächtigte,
- der rumänischen Regierung, vertreten durch A. Wellman und R. H. Radu als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch E. Montaguti und G. von Rintelen als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. November 2016
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 18 und 21 AEUV.
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines von Herrn Mircea Florian Freitag angestrengten Verfahrens, mit dem er in Deutschland die Anerkennung der Änderung seines Familiennamens in einen in Rumänien rechtmäßig erworbenen Namen und dessen Umschrift im Personenstandsregister begehrt.
Rechtlicher Rahmen
Maßgebende Bestimmungen des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Rz. 3
Art. 5 „Personalstatut”) des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 21. September 1994 (BGBl. 1994 I S. 2494, berichtigt im BGBl. 1997 I S. 1061) in seiner auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung (im Folgenden: EGBGB) bestimmt in Abs. 1 Sätze 1 und 2:
„Wird auf das Recht des Staates verwiesen, dem eine Person angehört, und gehört sie mehreren Staaten an, so ist das Recht desjenigen dieser Staaten anzuwenden, mit dem die Person am engsten verbunden ist, insbesondere durch ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder durch den Verlauf ihres Lebens. Ist die Person auch Deutscher, so geht diese Rechtsstellung vor.”
Rz. 4
Abs. 1 von Art. 10 „Name”) EGBGB lautet:
„Der Name einer Person unterliegt dem Recht des Staates, dem die Person angehört.”
Rz. 5
In Art. 48 „Wahl eines in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erworbenen Namens”) EGBGB heißt es:
„Unterliegt der Name einer Person deutschem Recht, so kann sie durch Erklärung gegenüber dem Standesamt den während eines gewöhnlichen Aufenthalts in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erworbenen und dort in ein Personenstandsregister eingetragenen Namen wählen, sofern dies nicht mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Die Namenswahl wirkt zurück auf den Zeitpunkt der Eintragung in das Personenstandsregister des anderen Mitgliedstaats, es sei denn, die Person erklärt ausdrücklich, dass die Namenswahl nur für die Zukunft wirken soll. Die Erklärung muss öffentlich beglaubigt oder beurkundet werden. …”
Namensänderungsgesetz
Rz. 6
Im deutschen Recht ist die Namensänderung öffentlich-rechtlich geregelt; sie richtet sich nach ...