Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Staatliche Beihilfen. Beihilfen für erneuerbare Energien. Errichtung eines Windparks. Mitteilung der Kommission ‚Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020. Begriffe ‚Beginn der Arbeiten‘, ‚Bauarbeiten für die Investition‘, ‚andere Verpflichtung, die die Investition unumkehrbar macht‘ und ‚erforderliche staatliche Genehmigung für die Durchführung des Vorhabens‘. Art und Intensität der von der zuständigen nationalen Behörde vorzunehmenden Prüfung
Beteiligte
Tenor
1.Rn. 19 Abs. 44 der Mitteilung der Kommission „Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014–2020“ in Verbindung mit dem 42. Erwägungsgrund des Beschlusses C(2017) 8456 der Kommission vom 6. Dezember 2017 zu Änderungen der estnischen Beihilferegelung für erneuerbare Energiequellen und effiziente Kraft-Wärme-Kopplung (Staatliche Beihilfe SA.47354 [2017/NN])
ist dahin auszulegen, dass
der Begriff „Beginn der Arbeiten“ zum einen den Beginn der Bauarbeiten für die Anlage eines Investitionsvorhabens, das die Erzeugung erneuerbarer Energie ermöglicht, und zum anderen eine andere Verpflichtung, die nach ihrer Art und ihren Kosten das betreffende Investitionsvorhaben am 1. Januar 2017 in ein solches Entwicklungsstadium geführt hat, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit fertiggestellt werden kann, erfasst.
2.Rn. 19 Abs. 44 der Mitteilung der Kommission „Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014–2020“ in Verbindung mit den Erwägungsgründen 42 bis 44 des Beschlusses C(2017) 8456
ist dahin auszulegen, dass
die zuständige nationale Behörde bei der Feststellung des „Beginns der Arbeiten“ im Sinne von Rn. 19 Abs. 44 verpflichtet ist, eine Analyse des Entwicklungsstadiums des betreffenden Investitionsvorhabens und der Wahrscheinlichkeit seiner Fertigstellung im Einzelfall vorzunehmen, die sich nicht auf eine rein tatsächliche oder formale Beurteilung beschränken darf und je nach Fall eine eingehende wirtschaftliche Analyse erfordern kann.
3.Rn. 19 Abs. 44 der Mitteilung der Kommission „Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014–2020“ in Verbindung mit dem 42. Erwägungsgrund des Beschlusses C(2017) 8456
ist dahin auszulegen, dass
- –
- der Begriff „Beginn der Arbeiten“ im Sinne von Rn. 19 Abs. 44 notwendigerweise voraussetzt, dass der Vorhabenträger über einen Rechtsanspruch auf die Nutzung des Grundstücks, auf dem das betreffende Investitionsvorhaben verwirklicht werden soll, und über eine erforderliche staatliche Genehmigung für die Durchführung dieses Vorhabens verfügt,
- –
- der in diesem 42. Erwägungsgrund verwendete Begriff „erforderliche staatliche Genehmigung für die Durchführung des Vorhabens“ im Licht des nationalen Rechts dahin auszulegen ist, dass sie als endgültige staatliche Genehmigung die Durchführung der mit dem betreffenden Investitionsvorhaben verbundenen Bauarbeiten erlaubt, und
- –
- ein am 1. Januar 2017 anhängiger Rechtsstreit über die Verweigerung einer solchen Genehmigung, der die Fortsetzung dieses Vorhabens behindert, bei der Beurteilung des Entwicklungsstadiums des Vorhabens zu diesem Zeitpunkt nicht zu berücksichtigen ist.
Tatbestand
In der Rechtssache C-11/22
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tallinna Halduskohus (Verwaltungsgericht Tallinn, Estland) mit Entscheidung vom 5. Januar 2022, beim Gerichtshof eingegangen am selben Tag, in dem Verfahren
Est Wind Power OÜ
gegen
Elering AS
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev (Berichterstatter), der Richter T. von Danwitz, P. G. Xuereb und A. Kumin sowie der Richterin I. Ziemele,
Generalanwalt: A. Rantos,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2023,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- – der Est Wind Power OÜ, vertreten durch P. Kergandberg und E.-K. Velbri, Vandeadvokaadid,
- – der Elering AS, vertreten durch T. Järviste und V. Šipilov, Vandeadvokaadid,
- – der estnischen Regierung, vertreten durch M. Kriisa als Bevollmächtigte,
- – der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braga da Cruz, I. Georgiopoulos und E. Randvere als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. März 2023
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Rn. 19 Abs. 44 und Fn. 66 der Mitteilung der Kommission „Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014–2020“ (ABl. 2014, C 200, S. 1, im Folgenden: Leitlinien von 2014).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Est Wind Power OÜ (im Folgenden: EWP) und der Übertragungsnetzbetreiberin Elering AS über die Rechtmäßigkeit eines von Elering auf Antrag von EWP erlassenen Bescheids, mit dem festgestellt wird, dass der Fortschritt des Bauvorhabens für einen Windpark nic...