Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbraucherschutz. Verbraucherverträge. Telefongespräche. Praxis eines Anbieters von Telekommunikationsdienstleistungen, seinen Kunden, die bereits einen Vertrag geschlossen haben, eine Kundendienstkurzwahlnummer zu einem höheren Tarif als dem Grundtarif anzubieten
Normenkette
Richtlinie 2011/83/EU Art. 21
Beteiligte
Tenor
Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ist dahin auszulegen, dass er es nicht gestattet, dass, wenn ein Unternehmer sämtlichen seiner Kunden eine oder mehrere Kurzwahlnummern zu einem höheren Tarif als dem Grundtarif zur Verfügung stellt, die Verbraucher, die bereits einen Vertrag mit diesem Unternehmer geschlossen haben, mehr als den Grundtarif bezahlen, wenn sie mit dem Unternehmer im Zusammenhang mit diesem Vertrag telefonisch Kontakt aufnehmen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Riigikohus (Staatsgerichtshof, Estland) mit Entscheidung vom 26. Mai 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 2. Juni 2017, in dem Verfahren
Starman AS
gegen
Tarbijakaitseamet
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. Malenovský sowie der Richter M. Safjan und D. Šváby (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Wathelet,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Starman AS, vertreten durch A. Jõks und C. Ginter, vandeadvokaadid,
- der estnischen Regierung, vertreten durch N. Grünberg als Bevollmächtigte,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Cleenewerck de Crayencour, K. Toomus und N. Ruiz García als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 21 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011, L 304, S. 64).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Tarbijakaitseamet (Verbraucherschutzamt, Estland) und der Starman AS, einem Anbieter von Telekommunikations- und Internetdienstleistungen, wegen einer Anordnung, mit der das Verbraucherschutzamt diesem Unternehmen aufgegeben hat, es zu unterlassen, Verbrauchern, die bereits einen Vertrag mit ihm geschlossen haben, eine Kundendienstkurzwahlnummer zu einem höheren Tarif als dem Grundtarif anzubieten.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
In den Erwägungsgründen 4, 5 und 7 der Richtlinie 2011/83 heißt es:
„(4) … Die Harmonisierung bestimmter Aspekte von im Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verbraucherverträgen ist unabdingbar, wenn ein echter Binnenmarkt für Verbraucher gefördert werden soll, in dem ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bei gleichzeitiger Wahrung des Subsidiaritätsprinzips gewährleistet ist.
(5) … Deshalb dürfte die vollständige Harmonisierung der Verbraucherinformation und des Widerrufsrechts in Verträgen, die im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, zu einem hohen Verbraucherschutzniveau und zum besseren Funktionieren des Binnenmarkts für Geschäfte zwischen Unternehmen und Verbrauchern beitragen.
…
(7) Die vollständige Harmonisierung einiger wesentlicher Aspekte der einschlägigen Regelungen sollte die Rechtssicherheit für Verbraucher wie Unternehmer erheblich erhöhen. Sowohl die Verbraucher als auch die Unternehmer sollten sich auf einen einheitlichen Rechtsrahmen stützen können, der auf eindeutig definierten Rechtskonzepten basiert und bestimmte Aspekte von Verträgen zwischen Unternehmen und Verbrauchern unionsweit regelt. Durch eine solche Harmonisierung sollte es zur Beseitigung der sich aus der Rechtszersplitterung ergebenden Hindernisse und zur Vollendung des Binnenmarkts auf diesem Gebiet kommen. Die betreffenden Hindernisse lassen sich nur durch die Einführung einheitlicher Rechtsvorschriften auf Unionsebene abbauen. Darüber hinaus sollten die Verbraucher in den Genuss eines hohen, einheitlichen Verbraucherschutzniveaus in der gesamten Union kommen.”
Rz. 4
Art. 1 der Richtlinie 2011/83 legt deren Gege...