Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Grundsatz der Energiesolidarität. Erdgasbinnenmarkt. Beschluss der Europäischen Kommission zur Überprüfung der Ausnahme der Ostseepipeline-Anbindungsleitung von den Anforderungen für den Netzzugang Dritter und die Entgeltregulierung nach einem Antrag der deutschen Regulierungsbehörde. Nichtigkeitsklage

 

Normenkette

AEUV Art. 194 Abs. 1; Richtlinie 2009/73/EG Art. 36 Abs. 1

 

Beteiligte

Deutschland/ Polen

Bundesrepublik Deutschland

Republik Polen

Europäische Kommission

 

Tenor

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Bundesrepublik Deutschland trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten, die der Republik Polen entstanden sind.

3. Die Republik Lettland, die Republik Litauen und die Europäische Kommission tragen ihre eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 20. November 2019,

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch J. Möller und D. Klebs als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte H. Haller, T. Heitling, L. Reiser und V. Vacha,

Rechtsmittelführerin,

andere Parteien des Verfahrens:

Republik Polen, vertreten durch B. Majczyna, M. Kawnik und M. Nowacki als Bevollmächtigte,

Klägerin im ersten Rechtszug,

Europäische Kommission, vertreten durch O. Beynet und K. Herrmann als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

Republik Lettland, zunächst vertreten durch K. Pommere, V. Soņeca und E. Bārdiņš, dann durch K. Pommere, V. Kalniņa und E. Bārdiņš als Bevollmächtigte,

Republik Litauen, vertreten durch R. Dzikovič und K. Dieninis als Bevollmächtigte,

Streithelferinnen im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, A. Arabadjiev, E. Regan, N. Piçarra und A. Kumin, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin), der Richter D. Šváby, S. Rodin und F. Biltgen, der Richterin K. Jürimäe, des Richters P. G. Xuereb, der Richterin L. S. Rossi sowie des Richters I. Jarukaitis,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: M. Aleksejev, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2021,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 18. März 2021

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Bundesrepublik Deutschland die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 10. September 2019, Polen/Kommission (T-883/16, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2019:567), mit dem das Gericht den Beschluss C(2016) 6950 final der Kommission vom 28. Oktober 2016 (im Folgenden: streitiger Beschluss) zur Überprüfung der nach der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG (ABl. 2003, L 176, S. 57) gewährten Ausnahme der Ostseepipeline-Anbindungsleitung (im Folgenden: OPAL-Gasfernleitung) von den Anforderungen für den Netzzugang Dritter und die Entgeltregulierung für nichtig erklärt hat.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 2

Die Richtlinie 2003/55 wurde durch die Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (ABl. 2009, L 211, S. 94) aufgehoben und ersetzt.

Rz. 3

Art. 32 („Zugang Dritter”) der Richtlinie 2009/73, der mit Art. 18 der Richtlinie 2003/55 identisch ist, sieht vor:

„(1) Die Mitgliedstaaten gewährleisten die Einführung eines Systems für den Zugang Dritter zum Fernleitungs- und Verteilernetz und zu den [Anlagen für verflüssigtes Erdgas (LNG)] auf der Grundlage veröffentlichter Tarife; die Zugangsregelung gilt für alle zugelassenen Kunden, einschließlich Versorgungsunternehmen, und wird nach objektiven Kriterien und ohne Diskriminierung von Netzbenutzern angewandt. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass diese Tarife oder die Methoden zu ihrer Berechnung gemäß Artikel 41 von einer in Artikel 39 Absatz 1 genannten Regulierungsbehörde vor deren Inkrafttreten genehmigt werden und dass die Tarife und – soweit nur die Methoden einer Genehmigung unterliegen – die Methoden vor ihrem Inkrafttreten veröffentlicht werden.

(2) Die Betreiber der Fernleitungsnetze erhalten zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben, auch im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Fernleitung, gegebenenfalls Zugang zu den Fernleitungsnetzen anderer Betreiber.

(3) Die Bestimmungen dieser Richtlinie stehen dem Abschluss von langfristigen Verträgen nicht entgegen, sofern diese mit den Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft im Einklang stehen.”

Rz. 4

In Art. 36 („Neue Infrastruktur”) der Richtlinie 2009/73, der Art. 22 der Richtlinie 2003/55 ersetzt hat, heißt es:

„(1) Große neue Erdgasinfrastrukturen, d. h. Verbindungsleitungen, LNG- und Speicheranlagen, können auf Antrag für einen bestimmten Zeitraum von den Besti...

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