Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Begriffe ‚Sendung’ und ‚audiovisueller Mediendienst’. Bestimmung des Hauptzwecks eines audiovisuellen Mediendienstes. Vergleichbarkeit des Dienstes mit Fernsehprogrammen. Einbindung kurzer Videos in einen Bereich der Website einer im Internet verfügbaren Zeitung
Normenkette
Richtlinie 2010/13/EU
Beteiligte
Bundeskommunikationssenat |
Tenor
1. Der Begriff „Sendung” im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) ist dahin auszulegen, dass er die Bereitstellung kurzer Videos, die kurzen Sequenzen aus lokalen Nachrichten, Sport oder Unterhaltung entsprechen, in einer Subdomain der Website einer Zeitung erfasst.
2. Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie 2010/13 ist dahin auszulegen, dass bei der Beurteilung des Hauptzwecks eines in der elektronischen Ausgabe einer Zeitung angebotenen Dienstes der Bereitstellung von Videos darauf abzustellen ist, ob dieser Dienst als solcher in Inhalt und Funktion gegenüber der journalistischen Tätigkeit des Betreibers der betreffenden Website eigenständig und nicht nur eine – insbesondere wegen der zwischen dem audiovisuellen Angebot und dem Textangebot bestehenden Verbindungen – unabtrennbare Ergänzung dieser Tätigkeit ist. Diese Beurteilung ist Sache des vorlegenden Gerichts.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 26. Juni 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 18. Juli 2014, in dem Verfahren
New Media Online GmbH
gegen
Bundeskommunikationssenat
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin der Ersten Kammer R. Silva de Lapuerta in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zweiten Kammer, des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts (Berichterstatter) sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça, A. Arabadjiev und J.-C. Bonichot,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: M.-A. Gaudissart, Referatsleiter,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2015,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der New Media Online GmbH, vertreten durch Rechtsanwältin M. Hetzenauer,
- der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk und N. Otte Widgren als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun und A. Marcoulli als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 1. Juli 2015
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i und Buchst. b der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) (ABl. L 95, S. 1).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der New Media Online GmbH mit Sitz in Innsbruck (Österreich) und dem Bundeskommunikationssenat wegen der Entscheidung der Kommunikationsbehörde Austria, einen Teil der von der Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens angebotenen Dienste als „audiovisuellen Mediendienst auf Abruf” zu qualifizieren, der damit der in den einschlägigen Vorschriften vorgesehenen Anzeigepflicht unterliegt.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 10, 11, 21, 22, 24 und 28 der Richtlinie 2010/13 lauten:
„(10) Traditionelle audiovisuelle Mediendienste – wie das Fernsehen – und neu aufkommende audiovisuelle Mediendienste auf Abruf bieten erhebliche Beschäftigungsmöglichkeiten in der Union, vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen, und regen Wirtschaftswachstum und Investitionstätigkeit an. In Anbetracht der Bedeutung gleicher Wettbewerbsbedingungen und eines echten europäischen Marktes für audiovisuelle Mediendienste sollten die Grundsätze des Binnenmarkts wie der freie Wettbewerb und Gleichbehandlung respektiert werden, um Transparenz und Vorhersehbarkeit in den Märkten für audiovisuelle Mediendienste zu gewährleisten und niedrige Zutrittsschranken zu erreichen.
(11) Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, die Rechtssicherheit zu verbessern, zur Vollendung des Binnenmarkts beizutragen und die Entstehung eines einheitlichen Informationsraums zu erleichtern, ist es notwendig, auf alle audiovisuellen Mediendienste – sowohl Fernsehprogramme (d. h. lineare audiovisuelle Mediendienste) als auch audiovisuelle Mediendienste auf Abruf (d. h. nicht-lineare audiovisuelle Mediendienste) – zumindest bestimmte gemeinsame Grundvorschriften anzuwenden.
…
(21) Für die Zwecke dieser Richtlinie sollte der Begriff der audiovisuellen Mediendienste lediglich die entwed...