Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Am 19. Mai 1987 unterzeichnetes Abkommen zwischen den Regierungen des Königreichs Belgien und des Großherzogtums Luxemburg einerseits und der Regierung der Volksrepublik Polen andererseits über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen. Schiedsverfahren. Rechtsstreit zwischen einem Investor eines Mitgliedstaats und einem anderen Mitgliedstaat. In diesem Abkommen vorgesehene Schiedsklausel, die mit dem Unionsrecht unvereinbar ist. Ungültigkeit. Zwischen den Parteien dieser Streitigkeit ad hoc abgeschlossene Schiedsvereinbarung. Teilnahme am Schiedsverfahren. Stillschweigende Äußerung des Willens des anderen Mitgliedstaats, diese Schiedsvereinbarung abzuschließen. Rechtswidrigkeit
Beteiligte
Tenor
Die Art. 267 und 344 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, die es einem Mitgliedstaat erlauben, mit einem Investor eines anderen Mitgliedstaatsad hoceine Schiedsvereinbarung abzuschließen, die die Fortsetzung eines Schiedsverfahrens ermöglicht, das auf der Grundlage einer Schiedsklausel eingeleitet wurde, die inhaltsgleich mit der Schiedsvereinbarung, in einem zwischen diesen beiden Mitgliedstaaten geschlossenen internationalen Abkommen enthalten und wegen ihrer Unvereinbarkeit mit diesen Artikeln ungültig ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Högsta domstol (Oberster Gerichtshof, Schweden) mit Entscheidung vom 4. Februar 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Februar 2020, in dem Verfahren
Republik Polen
gegen
PL Holdings Sàrl
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, der Kammerpräsidentinnen A. Prechal und K. Jürimäe, der Kammerpräsidenten S. Rodin und I. Jarukaitis, der Richter J.-C. Bonichot, M. Safjan, F. Biltgen, P. G. Xuereb und N. Piçarra, der Richterin L. S. Rossi (Berichterstatterin) sowie des Richters A. Kumin,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 2021,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Republik Polen, vertreten durch F. Hoseinian, A.-M. Tamminen, J. Tavaststjerna und M. Wallin, advokater, im Beistand von L. Guterstam,
- der PL Holdings Sàrl, vertreten durch R. Oldenstam, D. Sandberg, J. Rosell Svensson, advokater, L. Rees-Evans, counsel, P. Paschalidis, advocate, und S. Fietta, QC,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil, T. Müller, I. Gavrilova, T. Machovičová und L. Brezinová als Bevollmächtigte,
- der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller und D. Klebs als Bevollmächtigte,
- der spanischen Regierung, vertreten durch S. Centeno Huerta und J. Ruiz Sánchez als Bevollmächtigte,
- der französischen Regierung, vertreten durch E. de Moustier und A. Daniel als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri und S. Fiorentino als Bevollmächtigte,
- der luxemburgischen Regierung, vertreten durch C. Schiltz, A. Germeaux und T. Uri als Bevollmächtigte,
- der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér und R. Kissné Berta als Bevollmächtigte,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch K. Bulterman, C. S. Schillemans und J. M. Hoogveld als Bevollmächtigte,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna, M. Rzotkiewicz, M. Martynski, B. Soloch und J. Jackowska-Majeranowska als Bevollmächtigte im Beistand von J. Zasada, radca prawny,
- der slowakischen Regierung, vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte,
- der finnischen Regierung, vertreten durch H. Leppo als Bevollmächtigte,
- der schwedischen Regierung, vertreten durch H. Shev, M. Salborn Hodgson, C. Meyer-Seitz, A. M. Runeskjöld, H. Eklinder, R. Shahsvan Eriksson und J. Lundberg als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Erlbacher, K. Simonsson, L. Malferrari, T. Maxian Rusche und E. Ljung Rasmussen als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 22. April 2021
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 267 und 344 AEUV.
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Republik Polen und der PL Holdings Sàrl wegen der Zuständigkeit eines Schiedsgerichts, das in der Streitigkeit zwischen diesen beiden Parteien zwei Schiedssprüche erlassen hat.
Rechtlicher Rahmen
Völkerrecht
Investitionsabkommen
Rz. 3
Art. 9 des am 19. Mai 1987 zwischen den Regierungen des Königreichs Belgien und des Großherzogtums Luxemburg einerseits und der Regierung der Volksrepublik Polen andererseits unterzeichneten Abkommens über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (im Folgenden: Investitionsabkommen) sieht vor:
„(1)
- Streitigkeiten zwischen einer Partei des Abkommens und einem Investor der anderen Partei sind der betreffenden P...