Entscheidungsstichwort (Thema)

Humanarzneimittel. Richtlinie 2001/83/EG. Art. 77. Arzneimittelgroßhandel. Obligatorische Sondergenehmigung für Apotheker. Voraussetzungen für die Erteilung

 

Beteiligte

Caronna

Fabio Caronna

 

Tenor

1. Art. 77 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Richtlinie 2009/120/EG der Kommission vom 14. September 2009 geänderten Fassung ist in dem Sinne auszulegen, dass das Erfordernis einer Genehmigung für den Großhandel mit Arzneimitteln für Apotheker gilt, die als natürliche Personen nach dem nationalen Recht befugt sind, auch eine Tätigkeit als Arzneimittelgroßhändler auszuüben.

2. Ein Apotheker, der nach dem nationalen Recht befugt ist, auch eine Tätigkeit als Arzneimittelgroßhändler auszuüben, muss sämtlichen Anforderungen genügen, die die Antragsteller und die Inhaber einer Genehmigung für den Arzneimittelgroßhandel gemäß den Art. 79 bis 82 der Richtlinie 2001/83 in der durch die Richtlinie 2009/120 geänderten Fassung erfüllen müssen.

3. Diese Auslegung kann für sich allein, unabhängig von von einem Mitgliedstaat erlassenen Rechtsvorschriften nicht die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines Apothekers, der ohne entsprechende Genehmigung eine Tätigkeit als Arzneimittelgroßhändler ausgeübt hat, begründen oder verschärfen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale di Palermo (Italien) mit Entscheidung vom 1. Dezember 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 5. Januar 2011, in dem Strafverfahren gegen

Fabio Caronna

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues sowie der Richter U. Lõhmus (Berichterstatter), A. Rosas, A. Ó Caoimh und A. Arabadjiev,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Caronna, vertreten durch M. Tuzzolino, avvocato,
  • der estnischen Regierung, vertreten durch M. Linntam als Bevollmächtigte,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch F. Dedousi und I. Pouli als Bevollmächtigte,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch J. M. Rodríguez Cárcamo als Bevollmächtigten,
  • der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér und K. Szíjjártó als Bevollmächtigte,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch M. Szpunar als Bevollmächtigten,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Šimerdová und C. Zadra als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 76 bis 84 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311, S. 67) in der durch die Richtlinie 2009/120/EG der Kommission vom 14. September 2009 geänderten Fassung (ABl. L 242, S. 3, im Folgenden: Richtlinie).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens gegen Herrn Caronna, Apotheker, wegen Ausübung einer Tätigkeit als Arzneimittelgroßhändler ohne die nach italienischem Recht vorgeschriebene Genehmigung.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 2 bis 5, 35 und 36 der Richtlinie lauten:

„(2) Alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf dem Gebiet der Herstellung, des Vertriebs oder der Verwendung von Arzneimitteln müssen in erster Linie einen wirksamen Schutz der öffentlichen Gesundheit gewährleisten.

(3) Dieses Ziel muss jedoch mit Mitteln erreicht werden, die die Entwicklung der pharmazeutischen Industrie und den Handel mit Arzneimitteln innerhalb der [Union] nicht hemmen können.

(4) Die Unterschiede zwischen einigen einzelstaatlichen Vorschriften, namentlich zwischen den Vorschriften über Arzneimittel …, behindern den Handel mit Arzneimitteln innerhalb der [Union] und wirken sich somit unmittelbar auf das Funktionieren des Binnenmarktes aus.

(5) Diese Hindernisse müssen folglich beseitigt werden; zu diesem Zweck ist eine Angleichung der einschlägigen Rechtsvorschriften erforderlich.

(35) Das gesamte Vertriebsnetz im Arzneimittelbereich von der Herstellung bzw. der Einfuhr in die [Union] bis hin zur Abgabe an die Öffentlichkeit muss einer Kontrolle unterliegen, damit gewährleistet ist, dass Aufbewahrung, Transport und Handhabung unter angemessenen Bedingungen erfolgen. Die zur Erreichung dieses Ziels zu treffenden Maßnahmen werden beträchtlich dazu beitragen, dass mangelhafte Erzeugnisse vom Markt zurückgezogen und Fälschungen wirksam bekämpft werden können.

(36) Jede Person, die sich am Großhandel mit Arzneimitteln beteiligt, bedarf einer Sondergenehmigung. Von dieser Genehmigung sind jedoch diejenigen Apotheker und Personen freizustellen, die befugt si...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge