Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Direktversicherung (Lebensversicherung). Dem Versicherungsnehmer zu erteilende Informationen. Verpflichtung des Versicherers, aufgrund allgemeiner Grundsätze des nationalen Rechts dem Versicherungsnehmer zusätzliche Informationen über die Kosten und Risikoprämien zu erteilen

 

Normenkette

Richtlinie 92/96/EWG Art. 31 Abs. 3

 

Beteiligte

Nationale-Nederlanden Levensverzekering Mij

Nationale-Nederlanden Levensverzekering Mij NV

Hubertus Wilhelmus Van Leeuwen

 

Tenor

1. Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 79/267/EWG und 90/619/EWG (Dritte Richtlinie Lebensversicherung) ist dahin auszulegen, dass er nicht dem entgegensteht, dass ein Versicherungsunternehmen auf Grundlage allgemeiner Grundsätze des nationalen Rechts, wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden „offenen und/oder ungeschriebenen Vorschriften”, verpflichtet ist, dem Versicherungsnehmer gewisse Angaben zusätzlich zu den in Anhang II genannten Auskünften mitzuteilen, sofern die verlangten Angaben klar, genau und für das tatsächliche Verständnis der wesentlichen Bestandteile der Versicherungspolice durch den Versicherungsnehmer notwendig sind und eine ausreichende Rechtssicherheit bieten, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

2. Welche Auswirkungen die Nichterteilung dieser Auskünfte nach innerstaatlichem Recht hat, ist für die Vereinbarkeit der Mitteilungspflicht mit Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 92/96 grundsätzlich unerheblich.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Rechtbank Rotterdam (Niederlande) mit Entscheidung vom 28. November 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Januar 2013, in dem Verfahren

Nationale-Nederlanden Levensverzekering Mij NV

gegen

Hubertus Wilhelmus Van Leeuwen

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz sowie der Richter C. Vajda, A. Rosas, E. Juhász und D. Šváby (Berichterstatter),

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Nationale-Nederlanden Levensverzekering Mij NV, vertreten durch B. M. Jonk-van Wijk und G. van der Wal, advocaten,
  • von Herrn Van Leeuwen, vertreten durch D. Beljon und P. Boeken, advocaten,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch B. Koopman und M. Bulterman als Bevollmächtigte,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Wilman und K.-P. Wojcik als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 12. Juni 2014

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 79/267/EWG und 90/619/EWG (Dritte Richtlinie Lebensversicherung) (ABl. L 360, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Nationale Nederlanden Levensverzekering Mij NV (im Folgenden: NN) und Herrn Van Leeuwen über die Höhe der Kosten und der Prämien für die Todesfallrisikodeckung, die zu der von Herrn Van Leeuwen bei NN abgeschlossenen Lebensversicherungspolice gehört.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Dritte Richtlinie Lebensversicherung wurde durch die Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über Lebensversicherungen (ABl. L 345, S. 1) aufgehoben und ersetzt, die wiederum durch die Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (ABl. L 335, S. 1) mit Wirkung vom 1. November 2012 aufgehoben und ersetzt wurde. Aufgrund des Zeitpunkts, zu dem der im Ausgangsverfahren streitige Lebensversicherungsvertrag geschlossen wurde, sind jedoch noch die Bestimmungen der Dritten Richtlinie Lebensversicherung für die Entscheidung dieses Rechtsstreits maßgebend.

Rz. 4

In den Erwägungsgründen 9 und 23 der Dritten Richtlinie Lebensversicherung heißt es:

„(9) In einigen Artikeln dieser Richtlinie sind nur Mindestvorschriften festgelegt. Der Herkunftsmitgliedstaat kann für die von seinen zuständigen Behörden zugelassenen Versicherungsunternehmen strengere Regelungen erlassen.

(23) Im Rahmen eines einheitlichen Versicherungsmarkts wird dem Verbraucher eine größere und weiter gefächerte Auswahl von Verträgen zur Verfügung stehen. Um diese Vielfalt und den verstärkten Wettbewerb voll zu n...

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