Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Richtlinie 2006/24/EG. Schutz des Privatlebens. Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsdienste erzeugt oder verarbeitet werden. Nichtumsetzung innerhalb der vorgeschriebenen Frist
Beteiligte
Tenor
1. Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG verstoßen, dass sie die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen, nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erlassen hat.
2. Die Republik Österreich trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 28. Mai 2009,
Europäische Kommission, vertreten durch L. Balta und B. Schöfer als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
unterstützt durch
Rat der Europäischen Union,
Streithelfer,
gegen
Republik Österreich, vertreten durch E. Riedl als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter G. Arestis (Berichterstatter) und D. Šváby,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG (ABl. L 105, S. 54, im Folgenden: Richtlinie) verstoßen hat, dass sie nicht alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, die erforderlich sind, um der Richtlinie nachzukommen, oder jedenfalls der Kommission diese Vorschriften nicht mitgeteilt hat.
Rz. 2
Nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie mussten die Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft setzen, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis spätestens 15. September 2007 nachzukommen, und die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis setzen. Art. 15 Abs. 3 der Richtlinie sieht vor, dass bis 15. März 2009 jeder Mitgliedstaat die Anwendung dieser Richtlinie auf die Speicherung von Kommunikationsdaten betreffend Internetzugang, Internet-Telefonie und Internet-E-Mail aufschieben kann. Beabsichtigt ein Mitgliedstaat, diesen Absatz in Anspruch zu nehmen, so unterrichtet er den Rat der Europäischen Union und die Kommission hiervon mittels einer Erklärung bei der Annahme dieser Richtlinie. Die Erklärung wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
Vorverfahren
Rz. 3
Da die Kommission über die von der Republik Österreich erlassenen Bestimmungen zur Umsetzung der Richtlinie in ihre interne Rechtsordnung nicht innerhalb der in der Richtlinie vorgesehenen Frist in Kenntnis gesetzt worden war, leitete sie das Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG ein. Sie forderte die Republik Österreich mit einem Mahnschreiben vom 26. November 2007 auf, binnen zwei Monaten Stellung zu nehmen.
Rz. 4
Mit Schreiben vom 28. Jänner 2008 teilte die Republik Österreich der Kommission mit, dass die Umsetzung der Richtlinie zu einer politischen Diskussion geführt habe, die wegen der starken Kritik, die die Richtlinie vor allem in Bezug auf die Vorratsdatenspeicherung hervorrufe, noch andauere. Sobald in dieser Frage ein politischer Konsens erreicht werde, könne der Gesetzgebungsprozess eingeleitet werden.
Rz. 5
Da die Kommission die Antwort der Republik Österreich für unzureichend hielt, forderte sie diesen Mitgliedstaat mit einer mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 18. September 2008 auf, binnen zwei Monaten nach ihrer Zustellung die Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um der Richtlinie nachzukommen.
Rz. 6
Mit Schreiben vom 24. November 2008 teilte die Republik Österreich der Kommission mit, dass es wegen erheblicher Kritik im Hinblick auf den der Vorratsdatenspeicherung immanenten Grundrechtseingriff und infolge des nicht vorhersehbaren vorzeitigen Endes der Legislaturperiode im Sommer 2008 noch nicht möglich gewesen sei, die Richtlinie umzusetzen.
Rz. 7
Mangels Informationen, aus denen hervorgegangen wäre, dass die für die Umsetzung der Richtlinie erforderlichen Maßnahmen vo...