1 Leitsatz
Jeder Wohnungseigentümer kann von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Maßnahme der Verwaltung nach § 18 Abs. 1 WEG die Aufstellung der Jahresabrechnung verlangen. Aus dem gesetzlichen Zweck der Erstellung der Jahresabrechnung – Vorbereitung der Beschlussfassung über die Einforderung von Nachschüssen/Anpassung der Vorschüsse – ergibt sich, dass der Anspruch regelmäßig nicht vor Ablauf des 3. Quartals des auf das Abrechnungsjahr folgenden Jahres fällig wird.
2 Normenkette
§§ 18, 28 WEG
3 Das Problem
Wohnungseigentümer K fordert die Verwaltung am 1.8.2022 auf, ihm bis zum 22.8.2022 die Gesamtjahresabrechnung und die Einzeljahresabrechnung für das Jahr 2021 zu erteilen. Die Verwaltung teilt mit, die Jahresabrechnung sei in Arbeit und werde "in den kommenden Wochen" übersandt. K reicht am 29.8.2022 Klage ein, nachdem bis zu diesem Zeitpunkt keine Jahresabrechnung vorliegt. Am 19.9.2022 übersendet die Verwaltung die Gesamtjahresabrechnung und die Einzeljahresabrechnung. Daraufhin erklärt K den Rechtsstreit für erledigt. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer B widerspricht der Erledigungserklärung. Das AG stellt fest, der Rechtsstreit sei in der Hauptsache erledigt. Dagegen richtet sich die Berufung der B.
4 Die Entscheidung
Mit Erfolg! Jeder Wohnungseigentümer könne zwar von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Aufstellung der Jahresabrechnung verlangen. Die Erstellung sei eine Maßnahme der Verwaltung im Sinne von § 18 Abs. 1 WEG. Die AG-Ansicht, die Fälligkeit sei zum 30.6.2022 eingetreten, sei aber falsch. Nach § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG diene die Erstellung der Jahresabrechnung der Vorbereitung und Beschlussfassung der Wohnungseigentümer über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse. Eine Frist für diese Beschlussfassung sei gesetzlich nicht geregelt, sodass nach dem Zweck der Regelung darauf abzustellen sei, dass diese Beschlussfassung bis zum Ablauf des Folgejahres des Abrechnungsjahres – hier bis Ablauf 2022 – zu erfolgen habe. Daraus ergebe sich lediglich, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Jahresabrechnung so rechtzeitig zu erstellen habe, dass die Wohnungseigentümer unter Berücksichtigung der Ladungsfrist eine Beschlussfassung zum Tagesordnungspunkt "Einfordern von Nachschüssen und Anpassung der beschlossenen Vorschüsse" vornehmen können. Aus dem Zweck der Erstellung der Jahresabrechnung zur Vorbereitung dieser Beschlussfassung ergebe sich nicht, dass der von K gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verfolgte Individualanspruch auf Erstellung der Jahresabrechnung vor Ablauf des 3. Quartals 2022 fällig geworden sei. In der hiesigen Sache gebe es auch keine sonstigen Gründe, die für einen früheren Eintritt der Fälligkeit sprächen.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall verlangt ein Wohnungseigentümer von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, dass diese bis zum 22.8. die Jahresabrechnung vorlegt. Zu beantworten ist, ob er hierauf einen Anspruch hat.
Individualanspruch auf Jahresabrechnung
AG und LG gehen davon aus, dass ein Wohnungseigentümer gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Individualanspruch auf Erstellung der Jahresabrechnung hat. Diese Sichtweise entspricht, gibt es einen Verwalter, der herrschenden Meinung. Der Anspruch folgt dann aus § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG.
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer muss die Jahresabrechnung nach herrschender Meinung entsprechend § 264 Abs. 1 HGB spätestens im 2. Quartal des Folgejahres vorlegen. Eine Minderansicht, die behauptet, es reiche das Ende des 3. Quartals und der sich das LG anschließt, überzeugt eher nicht. Denn es geht nicht nur um vermietende Wohnungseigentümer, sondern darum, den Beschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG zu "verstehen". Die Einzelrichterin hätte die Sache jedenfalls der Kammer vorlegen müssen.
Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?
Eine Verwaltung muss wissen, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – und damit sie selbst – nach herrschender Meinung die Jahresabrechnung am Ende des 2. Quartals des Folgejahres des abzurechnenden Jahres vorlegen muss. Verpasst die Verwaltung diese Pflicht, schuldet sie der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Schadensersatz, wenn sie die Verspätung zu vertreten hat. Dies ist eine Frage des Einzelfalls. Liefert beispielsweise ein Messdienstleister trotz mehrerer Mahnungen keine Daten, sehe ich selbst kein Verschulden.
6 Entscheidung
LG Koblenz, Urteil v. 5.2.2024, 2 S 34/23 WEG