Alexander C. Blankenstein
Die endgültige Kostentragungspflicht für das abgerechnete Wirtschaftsjahr wird gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG erst mit dem Beschluss über die Festsetzung der Nachschüsse bzw. der Anpassungsbeträge begründet. Vorerwähnte Bestimmung stellt insoweit eine Anspruchsgrundlage dar. § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG regelt hingegen nur die allgemeine Kostentragungspflicht der Wohnungseigentümer. Entgegen früherer Rechtslage sind weder die Jahresgesamtabrechnung noch die jeweiligen Einzelabrechnungen Beschlussgegenstand.
5.1 Festsetzungsbeschluss
Über die sich auf Grundlage der Jahresgesamtabrechnung ergebenden Nachschüsse bzw. Anpassungsbeträge beschließen die Wohnungseigentümer mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Da gesetzlich für die Beschlussfassung kein bestimmtes Stimmprinzip vorgesehen ist, richtet sich dieses nach dem gesetzlichen Kopfprinzip des § 25 Abs. 2 WEG oder einem hiervon abweichend vereinbarten Stimmprinzip, also etwa dem Wert- oder Objektprinzip. Bei der Beschlussfassung auf Grundlage der von ihm erstellten Jahresabrechnung ist auch der Verwalter stimmberechtigt, der gleichzeitig Wohnungseigentümer ist.
Formulierung
Der BGH hat klargestellt, dass ein seit Inkrafttreten des WEMoG gefasster Beschluss, durch den "die Gesamtabrechnung und die daraus resultierenden Einzelabrechnungen des Hausgeldes" genehmigt werden, nächstliegend dahingehend auszulegen ist, dass die Wohnungseigentümer damit lediglich die Höhe der in den Einzelabrechnungen ausgewiesenen Nachschüsse oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse festlegen wollen. Ein derartiger Beschlusswortlaut birgt also weder Anfechtungs- noch Nichtigkeitsgründe.
Im Vorfeld der BGH-Entscheidungen wurde von Beschlussnichtigkeit ausgegangen, wenn
pauschal die "Genehmigung der Jahresabrechnung" beschlossen wurde.
Ob dies weitergelten wird, scheint naheliegend, da es maßgeblich gerade auf die Einzelabrechnungen ankommt.
Im Fall einer Beschlussfassung über "die Genehmigung der Abrechnungsspitzen" wurde ebenfalls Beschlussnichtigkeit angenommen.
Dies dürfte wohl auf Grundlage der aktuellen BGH-Rechtsprechung nicht weitergelten, da maßgeblich gerade die Abrechnungsspitzen sind.
Im Übrigen ist ein Beschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG über die sich auf Grundlage der Jahresabrechnung ergebenden Nachschüsse bzw. Anpassungsbeträge mit Angabe der entsprechenden Wirtschaftsperiode grundsätzlich ausreichend bestimmt, wenn den Wohnungseigentümern im Vorfeld der Beschlussfassung die entsprechende Jahresabrechnung übersandt wurde und zwischenzeitlich an diesem Zahlenwerk keine Änderungen mehr vorgenommen wurden, mithin nur eine Version existiert.
Die Bestimmtheit eines solchen Beschlusses soll auch dann ohne präzise Bezugnahme auf externe Dokumente gegeben sein, wenn vor der Beschlussfassung Änderungen am Abrechnungswerk erfolgt sind und deshalb eine Beschlussfassung bereits vertagt worden war und der Verwalter vor der Abstimmung durch ein Schreiben verdeutlicht hatte, dass die ursprüngliche Abrechnung durch die neuere Version ersetzt werden sollte.
Fehlte es allerdings am Hinweis, dass die ursprüngliche Abrechnung durch die neuere Version ersetzt werden soll, bedurfte es ausdrücklicher Beschlussfassung über die konkret geänderte Abrechnung mit Druckdatum, ansonsten wurde der Genehmigungsbeschluss wegen mangelnder Bestimmtheit für nichtig erachtet.
Zwar soll zumindest nach dem Willen des Gesetzgebers ein Beschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG selbst dann nicht anfechtbar sein, wenn das zugrunde liegende Abrechnungswerk "Jahresabrechnung" Mängel aufweist oder im Einzelfall überhaupt nicht erstellt ist, allerdings sieht die Rechtsprechung dies anders. So wurde ein Beschluss über die Festsetzung der Nachschüsse bzw. Anpassungsbeträge auf Grundlage der Jahresabrechnung deshalb für ungültig erklärt, weil die Jahresabrechnung den Wohnungseigentümern im Vorfeld der beschlussfassenden Eigentümerversammlung nicht übersandt wurde.
Wenn also bereits der Beschluss für ungültig erklärt wurde, weil die existierende Jahresabrechnung den Wohnungseigentümern nicht übersandt wurde, wird er erstrecht für ungültig erklärt, wenn eine Jahresabrechnung erst gar nicht existiert.
Fehlt eine Jahresabrechnung gänzlich, könnten die Wohnungseigentümer den Beschluss über die Festsetzung der Nachschüsse bzw. Anpassungsbeträge anfechten und mit dem Antrag verbinden, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur Erstellung der Jahresabrechnung zu verurteilen. Stellt sich dann heraus, dass zwar die Beiträge ordnungsgemäß festgesetzt worden sind, müssten aber dennoch die Kosten des Verfahrens entsprechend § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aufzuerlegen sein, da diese – freilich in erster Linie ihr Organ, der Verwalter – gegen ihre Verpflichtung zur Erstellung der Jahresabrechnung verstoßen hat. Insoweit ist zwar die Forderung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bezüglich der Nachschüsse dem anfechtenden Wohnungseigentümer bekannt, allerdings gerade nicht ihre Berechnung.