Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerdebefugnis des nicht sorgeberechtigten Elternteils gegen Entscheidung des Vormundschaftsgerichts
Leitsatz (amtlich)
Ein nicht sorgeberechtigter Elternteil ist beschwerdebefugt, wenn das Vormundschaftsgericht seinen Antrag zurückweist, den vom FamG ausgewählten Vereinsvormund durch einen Verwandten des Mündels als Einzelvormund zu ersetzen. Daran ändert grundsätzlich nichts der Umstand, dass dem Elternteil das Sorgerecht entzogen wurde, weil er die Kindesmutter getötet hat. Die engen verwandtschaftlichen Beziehungen zu dem Mündel bleiben bestehen und rechtfertigen es, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der §§ 1887 BGB, 57 Abs. 1 Nr. 9 FGG die Interessen des Mündels wahrnimmt (Fortführung von KG, Beschl. v. 28.7.1986 - 1 W 1780/86).
Normenkette
FGG § 57 Abs. 1 Nr. 9; BGB §§ 1887, 1779, 1697
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 83 T 494/06) |
AG Berlin-Wedding (Aktenzeichen 54 VII U 1093) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Erstbeschwerde insgesamt zurückgewiesen wird.
Der Beschwerdeführer hat die dem Beteiligten zu 1 entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
Gründe
A. Der Beschwerdeführer ist der Vater des am 31.3.2001 geborenen Mündels. Die Ehe des Beschwerdeführers mit der Mutter des Mündels, deren Cousin er war, wurde am 2.9.2004 geschieden. Die Schwester des Beschwerdeführers ist mit dem Bruder der Mutter des Mündels verheiratet. Am 25.11.2004 tötete der Beschwerdeführer die Mutter des Mündels vor dessen Augen mit über 40 Messerstichen auf offener Straße, wofür ihn das LG Berlin am 21.9.2005 zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilte.
Das FamG Pankow/Weißensee entzog dem Beschwerdeführer mit Beschluss vom 26.11.2004 vorläufig die elterliche Sorge und bestimmte den Beteiligten zu 1 zum Vormund, der durch Verfügung des Vormundschaftsgerichts vom 13.12.2004 zum Vormund bestellt wurde. Den Antrag des Beschwerdeführers, den Bruder der Kindesmutter, seinen Schwager, zum Vormund auszuwählen, wies das FamG mit Beschluss vom 12.1.2005 zurück. Mit Beschluss vom 20.5.2005 entzog das FamG dem Beschwerdeführer die elterliche Sorge im Hauptsacheverfahren und ordnete Vormundschaft über das Mündel an.
Am 2.2.2006 hat der Beschwerdeführer erneut beantragt, den Bruder der Kindesmutter zum Vormund zu bestellen. Mit seinem weiteren Antrag vom 17.6.2006 hat der Beschwerdeführer verlangt, den Beteiligten zu 1 zu verpflichten, ihm eine Fotografie des Mündels neueren Datums zur Verfügung zu stellen. Das Vormundschaftsgericht hat diese Anträge mit Beschluss vom 5.9.2006 zurückgewiesen. Die Beschwerde vom 15.9.2006 hat das LG mit Beschluss vom 12.7.2007 hinsichtlich des Antrags auf Vormünderwechsel als unzulässig verworfen und im Übrigen zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner weiteren Beschwerde vom 16.8.2007. Er hat zudem Prozesskostenhilfe beantragt.
B.I. Die weitere Beschwerde ist zulässig, sie ist insbesondere formgerecht durch den Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers erhoben worden, § 29 Abs. 1 S. 2 FGG. Die Befugnis des Beschwerdeführers zur Erhebung der weiteren Beschwerde folgt aus der Zurückweisung seiner Erstbeschwerde, ohne dass es hierfür auf deren Zulässigkeit ankommt (Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 27 Rz. 10).
II. Die weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Allerdings folgt der Senat nicht der Auffassung des LG, soweit der Beschwerdeführer einen Wechsel in der Person des Vormunds begehrt, sei die Erstbeschwerde unzulässig. Zutreffend hat das LG die Erstbeschwerde hier aber auch für unbegründet gehalten (hierzu nachfolgend unter 1.).
Die Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen durch das LG ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO. Ob die Begründung des LG zutreffend ist, kann dahinstehen. Die Entscheidung erweist sich jedenfalls bereits aus anderen Gründen als richtig, §§ 27 Abs. 1 S. 2 FGG, 561 ZPO (hierzu nachfolgend unter 2.).
1. Die gegen die Zurückweisung des Antrags auf Wechsel des Vormunds durch das Vormundschaftsgericht gerichtete (Erst-)Beschwerde war zulässig. Insbesondere war der Beschwerdeführer zur Erhebung der Beschwerde befugt.
a) Zutreffend hat das LG allerdings erkannt, dass die Beschwerdebefugnis nicht aus den Regelungen in § 20 Abs. 1 FGG herzuleiten ist. Der Beschwerdeführer wird durch die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts nicht in eigenen Rechten beeinträchtigt, weil ihm die Personensorge für das Mündel entzogen worden ist und die Auswahl des Vormunds zu den Personensorgeangelegenheiten gehört (vgl. KG, Beschl. v. 28.7.1986 - 1 W 1780/86, NJW-RR 1986, 1331; KGJ, 47, 30, 31).
b) Die Beschwerdebefugnis folgt jedoch aus § 57 Abs. 1 Nr. 9 FGG. Danach steht die Beschwerde gegen eine Verfügung, die eine Entscheidung über eine die Sorge für die Person des Kindes oder des Mündels betreffende Angelegenheit enthält, jedem ...