Leitsatz (amtlich)
Das verhungerte Mahnverfahren;
Lässt der Kläger nach Zustellung des von ihm beantragten Mahnbescheides seine damit begehrte, gegenüber dem Beklagten zuvor angemahnte Forderung infolge Untätigkeit im Mahnverfahren verjähren ("Verhungertes Mahnverfahren") und beantragt der Beklagte nach Verjährungseintritt die Abgabe der Sache an das Streitgericht unter gleichzeitiger Erhebung der Verjährungseinrede, hat der Beklagte nach übereinstimmender Erledigungserklärung dies bis zur Abgabe infolge seines Verzuges entstandenen Kosten des Mahnverfahrens, der Kläger die darüber hinaus seit der Abgabe angefallenen Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Der jeweilige Kostenanteil ist überschlägig zu berechnen und ergibt die quotale Kostenverteilung.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 01.01.2012; Aktenzeichen 22 O 318/11) |
Tenor
Die Kosten erster Instanz haben der Kläger zu 45 %, die Beklagte zu 55 % zu tragen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben der Kläger ebenfalls zu 45 %, die Beklagte zu 55 % zu tragen.
Der außergerichtliche Gebührenstreitwert für die Beschwerdeinstanz beträgt bis zu 2.500 EUR.
Gründe
I. Der Kläger hat im Mahnverfahren von der Beklagten Zahlung von 15.581,56 EUR aufgrund eines, wie der Kläger behauptet, zwischen den Parteien geschlossenen Abrechnungsvertrages verlangt. Nach Widerspruch der Beklagten hat das Mahngericht von dem Kläger unter dem 30.10.2007 den Kostenvorschuss für die Durchführung des streitigen Verfahrens angefordert. Nachdem das Mahnverfahren mangels Vorschusszahlung zunächst nicht weiter betrieben worden war, verjährte die Forderung des Klägers am 30.4.2011. Unter dem 18.8.2011 hat das Mahngericht die Sache auf Antrag der Beklagten in deren Schriftsatz vom 8.8.2011, der zugleich die Verjährungseinrede enthielt, an das LG Berlin abgegeben, bei dem die Akten am 24.8.2011 eingegangen sind.
Die Parteien haben sodann den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und streiten um die Kostentragungspflicht.
Das LG hat allein dem Kläger gem. § 91a ZPO die Kosten des Rechtsstreits auferlegt, u.a. mit der Begründung, der Kläger habe erwarten müssen, dass die Beklagte die Verjährungseinrede erheben werde, und weil die Verzögerung darauf beruhe, dass der Kläger die Kosten für die Durchführung des streitigen Verfahrens nicht eingezahlt habe.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers.
II. Die zulässige Beschwerde muss teilweise Erfolg haben. Gemäß § 91a ZPO haben die Parteien unter Berücksichtigung der Erfolgsaussicht zum Zeitpunkt der übereinstimmenden Erledigungserklärungen, aber auch mit Blick darauf, welche Partei die entsprechenden Kostenabschnitte des gesamten Verfahrens veranlasst hat, die Kosten anteilig zu tragen.
Bei einer solchen Verfahrensgestaltung gilt folgendes: Lässt der Kläger nach Zustellung des von ihm beantragten Mahnbescheides seine damit begehrte, gegenüber dem Beklagten zuvor angemahnte Forderung infolge weiterer Untätigkeit im Mahnverfahren verjähren, und beantragt der Beklagte nach Verjährungseintritt die Abgabe der Sache an das Streitgericht unter gleichzeitiger Erhebung der Verjährungseinrede, hat der Beklagte nach übereinstimmender Erledigungserklärung die bis zur Abgabe infolge seines Verzuges entstandenen Kosten des Mahnverfahrens, der Kläger die darüber hinaus seit der Abgabe angefallenen Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Der jeweilige Kostenanteil ist überschlägig zu berechnen und ergibt die quotale Kostenverteilung.
Dementsprechend hat der Kläger die seit Abgabe der Sache an das LG für die Durchführung des streitigen Verfahrens ausgelösten Kosten zu tragen, die Beklagte trägt die übrigen, bis dahin entstandenen Kosten des Mahnverfahrens.
1. Der Kläger hat diejenigen Kosten zu tragen, die seit dem Abgabeantrag der Beklagten entstanden sind. Diese Kosten betreffen 1/2 Verfahrensgebühr des Anwalts der Beklagten sowie den für die Durchführung des streitigen Verfahrens zu zahlenden, weiteren Kostenvorschuss. Zum Grund des Anspruchs des Klägers aus der Abrechnungsvereinbarung wird auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Der Kläger hätte, nachdem die Verjährung seiner Forderung am 30.4.2011 eingetreten war, das Mahnverfahren unverzüglich durch Rücknahme beenden müssen, weil er hätte erwarten müssen, dass die Beklagte nicht nur aufgrund der eingetretenen Verjährung die Verjährungseinrede erheben, sondern zur Beendigung des Verfahrens auch die Abgabe an das Streitgericht beantragen würde. Die durch den Abgabeantrag der Beklagten verursachten Folgekosten treffen den Kläger.
Die erstmalige Erhebung der Verjährungseinrede mit Schriftsatz der Beklagten vom 8.8.2011, nicht aber der Verjährungseintritt als solcher, stellt ein erledigendes Ereignis dar, weil die Forderung des Klägers, so sie denn bestand (hierzu: II 2a), zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit aus den insoweit zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, gegen welche keine der Parteien Einwendungen erhoben hat, bereits verjährt war...