Leitsatz (amtlich)
1. Steht fest, dass ein der Höhe nach umstrittener Vergütungsanspruch jedenfalls im Umfang eines Sockelbetrages begründet ist, ist insoweit der Erlass eines stattgebenden Teilurteils zulässig.
2. Neben einem solchen Teilurteil muss gemäß §§ 301 Abs. 1 S. 2, 304 Abs. 1 ZPO auch dann ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergehen, wenn dieser dem Grunde nach nicht umstritten ist.
3. Ein Grundurteil gemäß § 304 ZPO muss als solches tenoriert werden, die bloße Zuerkennung des Anspruchs in den Entscheidungsgründen genügt nicht.
4. Leidet ein Teilurteil daran, dass das Gericht nicht zugleich ein Grundurteil erlassen hat, kann das Berufungsgericht dies im Rahmen eines Zurückweisungsbeschlusses nach § 522 Abs. 2 ZPO nachholen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 91 O 100/18) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts Berlin vom 5. Februar 2019 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Vergütungsanspruch der Klägerin aus dem Vertrag mit der Beklagten über die Entsorgung von Lehmboden für das Bauvorhaben P... Straße, ..., dem Grunde nach insgesamt für berechtigt erklärt wird.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Teilurteil des Landgerichts vom 5. Februar 2019 ist fortan ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 6.640,20 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einem Werkvertrag über die Entsorgung von Bodenaushub in Anspruch, der auf dem Grundstück P... Straße ..., ... angefallen ist.
Sie behauptet, sie habe sich mit der Beklagten über eine Vergütung nach Einheitspreisen geeinigt und danach zu berechnende Leistungen in Höhe von 24.658,38 EUR (einschließlich Mehrwertsteuer) erbracht. Die Beklagte behauptet, sie habe sich mit der Klägerin auf eine Pauschalvergütung von 6.640,220 EUR (einschließlich Mehrwertsteuer) geeinigt. Zahlungen leistete die Beklagte nicht.
Mit Beschluss vom 18. Oktober 2018 hat das Landgericht die Beweiserhebung über die Vergütungsvereinbarung durch Vernehmung von Zeugen angeordnet. In Beweisterminen am 27. November 2018 und am 5. Februar 2019 konnte das Landgericht die Zeugen nicht vernehmen, da diese wegen Krankheit nicht erschienen waren.
Nach der Verhandlung am 5. Februar 2019 hat das Landgericht die Beklagte durch Teilurteil zur Zahlung von 6.640,20 EUR nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei unstreitig zwischen den Parteien, dass die Beklagte zumindest einen Werklohn von 6.640,20 EUR schulde und diesen nicht bezahlt habe.
Gegen dieses Teilurteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie beantragt,
das Teilurteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Berlin zurückzuverweisen.
Die Beklagte hält das Teilurteil für unzulässig, da die Gefahr eines Widerspruchs zum noch ausstehenden Schlussurteil bestehe.
II. Die zulässige Berufung ist nach der einstimmigen Einschätzung des Senats offensichtlich unbegründet.
Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht durch Teilurteil zur Zahlung von 6.640,20 EUR zuzüglich Zinsen verurteilt.
1. Die Klägerin hat für die Entsorgung von Bodenaushub, der auf dem o.g. Grundstück angefallen ist, einen Vergütungsanspruch von mindestens 6.640,20 EUR (einschließlich Mehrwertsteuer) gegen die Beklagte. Die Beklagte hat in ihren Schriftsätzen vom 17. Juli 2018 (S. 1) und vom 13. September 2018 (S. 4) ausdrücklich eingeräumt, sich mit der Klägerin auf eine Pauschalvergütung in dieser Höhe geeinigt zu haben. Daran hat sich in der Berufungsbegründung der Beklagten (Schriftsatz vom 7. Mai 2019) nichts geändert. Ebenso unstreitig ist, dass die Klägerin die beauftragten Entsorgungsleistungen erbracht und die Beklagte keine Zahlungen an die Klägerin geleistet hat.
Die noch ausstehende Beweisaufnahme wird vom Landgericht nur durchgeführt, um zu klären, ob der Klägerin über diesen unstreitigen Sockelbetrag hinaus noch eine weitere Vergütung zusteht.
2. Wenn das Landgericht die Beklagte durch Teilurteil zur Zahlung dieses Mindestbetrages verurteilt hat, ist dies prozessual zulässig und in Anbetracht zweier vergeblicher Beweistermine auch zweckmäßig.
Besteht eine Klageforderung unstreitig in Höhe eines Sockelbetrages und ist nur der darüber hinausgehende Spitzenbetrag umstritten, kann die beklagte Partei gemäß § 301 Abs. 1 S. 1 ZPO durch Teilurteil zur Zahlung in Höhe des Sockelbetrages verurteilt werden.
a) Allerdings hat das Gericht dafür Sorge zu tragen, dass kein Widerspruch zwischen diesem Teilurteil und dem noch ausstehenden Schlussurteil auftreten kann. Das Gesetz ordnet aus diesem Grund an, dass bei einem nach Grund und Höhe streitigen Anspruch zugleich ein (zusprechendes) Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruches ergehen muss (§ 301 Abs. 1 S. 2 ZPO), sodass dieser dann insgesamt dem Grunde nach zuerkannt ist. Auf diese Weise wird die Entscheidung über den Anspruchsgrund in dem Teilurteil vollständig gebündelt und vermieden, dass ...