Entscheidungsstichwort (Thema)
Antragsrecht des Pflichtteilsberechtigten auf Entlassung des Testamentsvollstreckers
Leitsatz (amtlich)
Der Pflichtteilsberechtigte nach dem Erblasser ist Beteiligter am Verfahren auf Entlassung des Testamentsvollstreckers im Sinne von § 2227 Abs. 1 BGB und als solcher berechtigt, dessen Entlassung zu beantragen.
Normenkette
BGB § 2227 Abs. 1, § 2303
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 83 T 504/99) |
AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 65/160 VI 115/97) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Verfahrenswert wird für das Verfahren der weiteren Beschwerde auf 39.000 bis 40.000DM festgesetzt.
Der Beteiligte zu 3) hat die dem Beteiligten zu 1) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
1. Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 3) ist als (einfache) weitere Beschwerde gem. § 27 FGG an sich statthaft, da die Voraussetzungen des § 81 Abs. 2 FGG, nämlich eine Entlassungsverfügung des Nachlassgerichts bzw. eine Entscheidung des Beschwerdegerichts über seine Entlassung als Testamentsvollstrecker, nicht gegeben sind (vgl. auch Keidel/Winkler, FGG, 14.Aufl., § 81 Rz. 5a).
Die weitere Beschwerde ist auch sonst zulässig. Insbesondere ergibt sich die erforderliche Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 3) gem. § 20 Abs. 1 FGG bereits aus dem Umstand, dass durch die angefochtene Entscheidung der Beschluss des AG vom 22.6.1999 aufgehoben worden ist, durch den der Antrag des Beteiligten zu 1), ihn gem. § 2227 Abs. 1 BGB aus seinem Amt als Testamentsvollstrecker zu entlassen, als unzulässig zurückgewiesen worden ist, und die Sache zur Entscheidung über die Begründetheit des Antrages an das AG zurückverwiesen worden ist.
2. Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet, weil der angefochtene Beschluss des LG nicht auf einem Rechtsfehler beruht, auf den die weitere Beschwerde gem. §§ 27 Abs. 1 S. 2 FGG, 550 ZPO allein mit Erfolg gestützt werden kann.
Rechtsfehlerfrei – wenn auch ohne ausdrückliche Prüfung – ist das LG zunächst davon ausgegangen, dass die vom Erblasser angeordnete Testamentsvollstreckung (§ 2197 Abs. 1 BGB) noch nicht beendet worden ist, weil der Beteiligte zu 3) die ihm als Testamentsvollstrecker obliegende Aufgabe noch nicht vollständig erfüllt habe. Die Frage der Beendigung der Testamentsvollstreckung mit der Folge der Erledigung des anhängigen Testamentsvollstreckerentlassungsverfahrens ist in diesem Verfahren als Vorfrage zu prüfen (KG v. 15.10.1991 – 1 W 3366/91, OLGZ 1992, 139 [141]; Keidel/Winkler, FGG, 14.Aufl., § 81 Rz. 5a m.w.N.). Vorliegend fehlt es jedenfalls an der vollständigen Erledigung der Abwicklungs- und Auseinandersetzungsaufgaben des Testamentsvollstreckers bis zum maßgebenden Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung (§ 27 Abs. 1 S. 2 FGG i.V.m. § 561 ZPO).
Das LG hat weiter rechtlich zutreffend angenommen, dass der Beteiligte zu 1) als Sohn des Erblassers infolge seiner Enterbung durch dessen Testament vom 13.7.1996 gem. § 2303 Abs. 1 S. 1 BGB pflichtteilsberechtigt ist und als solcher gem. § 2227 Abs. 1 BGB befugt ist, die Entlassung des Beteiligten zu 3) aus seinem Amt als Testamentsvollstrecker zu beantragen.
a) Nach bisher in der obergerichtlichen Rechtsprechung einhellig vertretener Auffassung und der weitaus überwiegenden Meinung im Schrifttum ist der Pflichtteilsberechtigte nach dem Erblasser am Verfahren auf Entlassung des Testamentsvollstreckers i.S.v. § 2227 Abs. 1 BGB beteiligt und als solcher berechtigt, dessen Entlassung zu beantragen (vgl. nur KG JFG 5, 155; NJW 1963, 1553; BayObLG v. 10.1.1997 – 1Z BR 65/95, BayObLGZ 1997, 1 = BayObLGReport 1997, 34 = FamRZ 1997, 905 [906 f.]; Staudinger/Reimann, BGB, 13.Aufl., § 2227 Rz. 22 i.V.m. § 2198 Rz. 24; Zimmermann, Die Testamentsvollstreckung, Rz. 805). Denn (materiell) Beteiligter im Sinne dieser Vorschrift und damit antragsberechtigt ist jeder, dessen Rechte und Pflichten durch die Regelung der Angelegenheit unmittelbar betroffen werden können und der daher ein rechtliches Interesse an der Testamentsvollstreckung hat. Ein solches rechtliches Interesse kommt zwar dem gewöhnlichen Nachlassgläubiger nicht zu, da sich sein Interesse auf das allgemeine Interesse an einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses beschränkt (vgl. BGH BGHZ 35, 296 [300 f.] = MDR 1961, 840). Der Pflichtteilsberechtigte nimmt jedoch gegenüber anderen Nachlassgläubigern eine Sonderstellung ein, auch wenn sein Anspruch nach dem BGB als bloßer Geldanspruch ausgestaltet wurde und die bei den Vorarbeiten zum BGB ebenfalls erwogene Beteiligung des Pflichtteilsberechtigten am Nachlass in der Form des Noterbrechts nicht Gesetz wurde (vgl. zur Entstehungsgeschichte des Pflichtteilsrechts Staudinger/Haas, BGB, 13.Aufl., Vorbem. zu §§ 2303 ff. Rz. 6 ff.; Frank in MünchKomm/BGB, 3.Aufl., § 2303 Rz. 2). Da der Pflichtteilsanspruch zur Voraussetzung hat, dass der Berechtigte ohne die letztwillige Verfügung zur gesetzlichen Erbfolge berufen wäre, liegt in seiner Geltend...