Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum notariellen Geschäftswert bei bebauten Grundstücken. Zur unrichtigen Kostenniederschlagung wegen unrichtiger Sachbehandlung, § 21 Abs. 1 Satz 1 GNotKG. Zur Unzulässigkeit materiell-rechtlicher Einwände im gerichtlichen Verfahren in Notarkostensachen

 

Leitsatz (amtlich)

Die Geltendmachung materiell-rechtlicher Einwände, sei es im Wege der Aufrechnung oder der Arglisteinrede, ist im gerichtlichen Verfahren in Notarkostensachen nach § 127 GNotKG nicht statthaft.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 10.06.2020; Aktenzeichen 80 OH 253/19)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 10. Juni 2020 - 80 OH 253/19 - abgeändert und der Nachprüfungsantrag der Antragsteller zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragsteller sind in Bruchteilsgemeinschaft im Grundbuch eingetragene Eigentümer des mit einer Wohnanlage bebauten Grundstücks B-straße 104-108 in Berlin. Sie beabsichtigten, eine Regelung über die Zuordnung der einzelnen Wohneinheiten für den Fall einer Auseinandersetzung zu treffen und wandten sich deshalb an den Antragsgegner. Mit E-Mail vom 28. Juni 2019 wies die Antragstellerin zu 1) "nochmal" darauf hin, dass keine Wohnungseigentümergemeinschaft praktiziert werden solle. Vielmehr gehe es lediglich um die Zuordnung der Eigentumsanteile. Weiter äußerte die Antragstellerin zu 1) auch die Vermutung, dass noch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts erforderlich sei, in welche die Eigentumsanteile eingebracht werden, und fragte, ob sie selbst einen GbR-Vertrag aufsetzen könne. Der Antragsgegner beurkundete unter dem 13. August 2019 zu seiner UR-Nr. 517/2019 eine Teilungsvereinbarung gemäß § 3 WEG. Die Antragsteller hielten den Vollzug der Teilungsvereinbarung an.

Der Antragsgegner erteilte den Antragstellern unter dem 18. November 2019 die hier angegriffene Kostenberechnung Nummer 1900529 über 34.843,06 Euro, wobei er einen Geschäftswert von 10.380.000 EUR zugrunde legte. Im Hinblick auf die Zustellung einer vollstreckbaren Ausfertigung zahlten die Antragsteller den hälftigen Betrag, um den Antragsgegner von Vollstreckungsmaßnahmen vorerst abzuhalten.

Auf den Nachprüfungsantrag der Antragsteller hat das Landgericht die Kostenberechnung des Antragsgegners aufgehoben.

Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 10. Juni 2020 - 80 OH 253/19 - abzuändern und den Nachprüfungsantrag der Antragsteller zurückzuweisen.

Die Antragsteller beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie beanstanden neben dem für den Geschäftswert der Beurkundungsgebühr angenommenen Grundstückswert die nicht sachgemäße Umsetzung ihres Willens. Die Vollziehung der beurkundeten Teilungsvereinbarung hätte entgegen dem erklärten Willen der Antragsteller bereits jetzt zur Entstehung einer Wohnungseigentümergemeinschaft, also einem Rechtsträgerwechsel, mit Auswirkungen auch auf die bestehenden Mietverhältnisse geführt. Der Antragsgegner habe sie über diese Folgen und die stattdessen mögliche und gebotene Beurkundung einer Vorratsteilung nach § 8 WEG, die zudem billiger gewesen wäre, nicht belehrt. Vorsorglich erklären sie die Aufrechnung mit einem der Kostenberechnung entgegengerichteten Schadensersatzanspruch und verlangen die geleistete Teilzahlung zurück.

II. Die nach § 127 GNotKG statthafte und gemäß § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG in Verbindung mit den §§ 63, 64 FamFG zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet.

Die Antragsteller schulden dem Notar die mit der Notarkostenberechnung vom 18. November 2019 geltend gemachten Gebühren u.a. für ein Beurkundungsverfahren (KV Nr. 21100) in Höhe von 34.843,06 Euro.

Der Antragsgegner hat die Höhe des Geschäftswerts zutreffend festgesetzt (dazu 1.). Die Kosten sind nicht gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GNotKG wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht zu erheben (dazu 2.). Die Antragsteller können der Kostenrechnung schließlich auch in dem hiesigen Verfahren keine materiell-rechtlichen Einwände entgegengehalten (dazu 3.).

1. Der Geschäftswert für die Eintragung der Eigentumsumschreibung ist mit 10.380.000,- Euro richtig ermittelt.

Gemäß § 96 GNotKG ist für die Wertberechnung der Zeitpunkt der Fälligkeit der Gebühr maßgebend. Notargebühren werden gemäß § 10 GNotKG mit der Beendigung des Verfahrens oder des Geschäfts fällig. Da die Beurkundung der Teilungsvereinbarung gemäß § 3 WEG am 13. August 2019 stattfand, ist der Wert des Grundstücks zu dieser Zeit maßgeblich.

Gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 GNotKG ist bei der Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum Geschäftswert der Wert des bebauten Grundstücks. Dieser Wert ist nach §§ 46, 47 GNotKG zu ermitteln (OLG München, Beschluss vom 26. Juni 2015 - 34 Wx 182/15 - juris Rn. 10 ff.).

a) Der Wert der Sache wird gemäß § 46 Abs. 1 GNotKG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit der Sache unter Berücksichtigung al...

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