Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenspfleger bei Betreuerwechsel
Normenkette
BGB § 1908b-d; FGG § 67 Abs. 1, § 69d Abs. 1, § 69i Abs. 7-8
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 29.04.2008; Aktenzeichen 83 T 462/07) |
AG Berlin-Tiergarten (Beschluss vom 06.08.2007; Aktenzeichen 50 XVII 6189) |
Tenor
Der Beschluss des LG Berlin vom 29.4.2008 - 83 T 462/07 - und der Beschluss des AG Tiergarten vom 6.8.2007 - 50 XVII 6189 - werden aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das AG Tiergarten zurückverwiesen.
Gründe
A. Die Beteiligte zu 1 ist die Tochter der Betroffenen. Die Betroffene erteilte der Beteiligten zu 1 Vollmachten über ihre Konten und am 26.4.2004 eine Vollmacht, nach der die Beteiligte zu 1 berechtigt sein sollte, sich um die Angelegenheiten der Betroffenen "in allen sachlichen und finanziellen Dingen, zu kümmern".
Auf Anregung des Pflegeheims, in dem die Betroffene lebt, bestellte das Vormundschaftsgericht am 28.7.2006 die Beteiligte zu 1 zur Betreuerin und bestimmte als Aufgabenkreise "Gesund-heitssorge", "Aufenthaltsbestimmung zur Heilbehandlung", "Vermögenssorge", "Vertretung gegenüber Behörden" sowie "Inempfangnahme und Öffnen der Briefpost". Nach ihrer Bestellung zur Betreuerin kam die Beteiligte zu 1 zahlreichen Aufforderung des Vormundschaftsgerichts, ein Verzeichnis über das Vermögen der Betroffenen vorzulegen, erst nach, nachdem ihr die Verhängung von Zwangsgeld angedroht und die Einleitung eines Entlassungsverfahrens angekündigt worden war.
Nach Anhörung der Betroffenen hat das Vormundschaftsgericht mit Beschluss vom 6.8.2007 die Beteiligte zu 1 als Betreuerin entlassen und die Beteiligte zu 2 als Berufsbetreuerin bestellt. Das LG hat diese Entscheidung auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 mit Beschluss vom 29.4.2008 dahin abgeändert, dass die Beteiligte zu 1 Betreuerin hinsichtlich der Aufgabenkreise "Gesundheitssorge" und "Aufenthaltsbestimmung zur Heilbehandlung" blieb und das Rechtsmittel im Übrigen zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 1 mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde vom 22.5.2008 mit der sie geltend macht, ihre teilweise Entlassung als Betreuerin sei nicht gerechtfertigt. Als Bevollmächtigte genieße sie das vertrauen der Betroffenen, so dass es der Betreuung durch eine berufsmäßige Betreuerin nicht bedürfe.
B.I. Soweit sich die Beteiligte zu 1 gegen ihre durch das LG aufrecht erhaltene Entlassung aus den Aufgabenbereichen "Vermögenssorge", "Vertretung gegenüber Behörden" und "Inempfangnahme und Öffnen der Briefpost" wendet, ist ihr Rechtsmittel als sofortige weitere Beschwerde statthaft, §§ 69 Abs. 4 S. 1 Nr. 3, 29 Abs. 2 FGG. Auch die Entlassung des Betreuers aus einem oder mehreren Aufgabenkreisen unter Aufrechterhaltung seiner Bestellung im Übrigen kann mit der sofortigen weiteren Beschwerde angegriffen werden (OLG Brandenburg, FamRZ 2007, 1688; BayObLG FamRZ 2004, 734; Sonnenfeld, in: Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann, Betreuungsrecht, 4. Aufl., § 69g FGG, Rz. 64; dies., in: Jansen, FGG, 3. Aufl., § 69g Rz. 46; Bassenge/Roth, FGG/RPflG; § 69g FGG, Rz. 29). Die sofortige weitere Beschwerde ist auch zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgemäß durch den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1 erhoben worden, §§ 29 Abs. 1 und 4, 22 Abs. 1 FGG. Ihre Beschwerdebefugnis folgt aus § 20 Abs. 1 FGG, denn durch die teilweise Entziehung der ihr zunächst übertragenen Aufgabenkreise wird ihre Rechtsstellung als Betreuerin beeinträchtigt (vgl. KG, Beschl. v. 16.8.1965 - 1 W 1854/65 - OLGZ 1965, 237, 238; OLG Zweibrücken, NJWE-FER 1998, 130).
Soweit die Beteiligte zu 1 sich weiter gegen die Bestellung der Beteiligten zu 2 zur berufsmäßigen (Mit-)Betreuerin ihrer Mutter wendet, ist ihr Rechtsmittel als (einfache) weitere Beschwerde statthaft. Das Beschwerderecht der Beteiligten zu 1 folgt aus §§ 69i Abs. 8, 69g Abs. 1 FGG (BayObLG, a.a.O.; Sonnenschein, in: Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann, a.a.O., § 69i FGG, Rz. 49; dies., in: Jansen, a.a.O., § 69i Rz. 53; Bassenge/Roth, a.a.O., § 69i Rz. 34).
II. Die wie unter I. dargelegt zu verstehenden Rechtsmittel der Beteiligten zu 1 sind auch begründet. Die angegriffenen Entscheidungen des Vormundschaftsgerichts und des LG beruhen auf einer Verletzung des Rechts, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO. Beide Gerichte haben den zugrunde liegenden Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt, § 12 FGG. Vor der (Teil-)Entlassung der Beteiligten zu 1 hätte ein Verfahrenspfleger für die Betroffene bestellt werden müssen (dazu nachfolgend unter 1.). Zudem wäre vor der Neubestellung der Beteiligten zu 2 vorrangig zu prüfen gewesen, ob die Betreuung im Hinblick auf die vorhandenen Vollmachten für die der Beteiligten zu 2 übertragenen Aufgabenkreise noch erforderlich war (dazu nachfolgend unter 2.).
1. Das Vormundschaftsgericht hat den Betreuer zu entlassen, wenn seine Eignung, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, nicht mehr gewährleistet ist oder ein anderer wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt, § 1908b Abs....