Leitsatz (amtlich)
Ergeht im einstweiligen Verfügungsverfahren ein Beschluss gem. § 91a ZPO, erhöht sich gem. KV-GKG Nr. 1412 die Gebühr gem. KV-GKG Nr. 1410 (nur) nach dem Wert des Streitgegenstands, auf den sich die Entscheidung bezieht. Daher ist diese Gebühr nicht nach dem Wert der Hauptsache, sondern lediglich nach dem Wert der bis zur Erledigung angefallenen Kosten zu bemessen.
Normenkette
KV-GKG Nr. 1412; ZPO § 91a
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 05.03.2020; Aktenzeichen 91 O 9/20) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird die Kostenentscheidung und die Wertfestsetzung im Beschluss der Kammer für Handelssachen 91 des Landgerichts Berlin vom 05. März 2020 - 91 O 9/20 - wie folgt abgeändert:
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Rechtsstreits vor dem Landgericht Berlin zu tragen.
Der erstinstanzliche Verfahrenswert wird auf 20.000,00 EUR bis zum Zeitpunkt der Erledigungserklärung der Antragstellerin, für die Zeit nach der Erledigungserklärung auf 4.980,00 EUR festgesetzt.
2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.199,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. A. 1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, §§ 91a Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 2 ZPO. Obwohl die Beschwerdefrist mangels der gem. §§ 329 Abs. 3, 91a Abs. 2 Satz 1 ZPO erforderlichen Zustellung des angefochtenen Beschlusses noch nicht zu laufen begonnen hatte, konnte die Antragstellerin gegen den verkündeten und ihr formlos übermittelten Beschluss am 25. März 2020 und damit auch innerhalb der Frist des § 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO sofortige Beschwerde einlegen (vgl. nur BGH, Beschluss vom 12. Oktober 1993 - XI ZB 14/93 -, Rn. 9, juris).
B. Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, da das Landgericht zu Unrecht der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auferlegt hat; vielmehr hat diese Kosten die Antragsgegnerin zu tragen.
1. Die Parteien haben das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung übereinstimmend für erledigt erklärt.
a) Das Gericht hat deshalb gem. § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen darüber zu entscheiden, wie die Kosten zu verteilen sind. Insoweit kommt es vornehmlich darauf an, wem die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen gewesen wären, wenn die Hauptsache nicht einvernehmlich für erledigt erklärt worden wäre (vgl. nur BGH, Beschluss vom 07. Mai 2007 - VI ZR 233/05 -, Rn. 7, juris). Ausschlaggebend ist hierbei insbesondere der ohne die Erledigung zu erwartende Verfahrensausgang, wobei lediglich eine summarische Prüfung der jeweiligen Erfolgsaussichten erfolgen kann (vgl. Althammer in: Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 91a Rn. 24, 27), denn die Frage der Kostenlast rechtfertigt nur eine abgekürzte, Zeit und Arbeitskraft ersparende Behandlung und Entscheidung (BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2004 - X ZR 176/02 -, Rn. 17, juris - Staubsaugersaugrohr; Beschluss vom 25. Februar 1986 - X ZR 8/85 -, Rn. 2, juris - Schweißgemisch). Damit verbietet es sich regelmäßig, hierbei alle rechtlichen Zweifelsfragen auszuschöpfen (BGH, aaO).
b) Dabei ist im vorliegenden Fall zu beachten, dass eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nicht - wie ein Anerkenntnis - zu einer automatischen Kostenbelastung der Antragsgegnerin führt; vielmehr ist auch in diesem Fall das Bestehen des Unterlassungsanspruchs zu prüfen (Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl., § 12 Rn. 1.34).
C. Nach diesen Grundsätzen sind die Kosten der Antragsgegnerin aufzuerlegen, da sie voraussichtlich unterlegen wäre und keine sonstigen Umstände ersichtlich sind, die es rechtfertigen würden, bei der Kostenentscheidung nicht maßgeblich auf die Erfolgsaussichten abzustellen. Die Antragstellerin konnte sich auf §§ 8 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, Abs. 3 Nr. 1, 3a UWG iVm. § 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 HWG berufen, um von der Antragsgegnerin Unterlassung der aus dem Antrag zu 1 (S. 2 der Antragsschrift vom 30. Januar 2020) näher ersichtlichen Wettbewerbshandlung zu verlangen. Die von der Antragsgegnerin im Programmheft mit Redaktionsschluss 07. Oktober 2019 (nachfolgend - sowohl in körperlicher wie auch in digitaler Form - auch nur: "Vorprogramm") der Jahrestagung der Vereinigung ... e.V. (nachfolgend auch nur "Kongreß") platzierte Anzeige gem. Anlage AST 4 (nachfolgend auch nur: "Anzeige") verstieß gegen den Grundsatz der Zitatwahrheit, da die dort beworbenen Wirkungen nicht durch die in Bezug genommenen Studien belegt waren.
1. Die Antragstellerin konnte sich auf einen Verfügungsgrund berufen.
a) Zur Sicherung der im UWG bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können nach § 12 Abs. 2 UWG a. F. einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 ZPO bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden. § 12 Abs. 2 UWG a. F. macht einen Verfügungsgrund nicht entbehrlich, sondern begründet lediglich eine w...