Leitsatz (amtlich)
1. Der Anwendungsvorrang des europäischen Gemeinschaftsrechts kann es gebieten, ein nach französischem Recht vorgerichtlich wirksam beurkundetes Vaterschaftsanerkenntnis in das deutsche Geburtenbuch als Randvermerk beizuschreiben, auch wenn die Mutter ihre nach deutschem Recht erforderliche Zustimmung zum Vaterschaftsanerkenntnis nachträglich verweigert (im Anschluss an EuGH, FamRZ, 2008, 2089 ff. - "Grunkin-Paul" auch für Statusverhältnisse).
2. Auch der auf Erklärung der Mutter in der französischen Geburtsurkunde ausgewiesene Familienname des Kindes ist in Deutschland anzuerkennen und das Geburtenbuch entsprechend zu berichtigen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 31.01.2008; Aktenzeichen 84 T 384/07) |
AG Berlin-Schöneberg (Beschluss vom 10.10.2007; Aktenzeichen 70 III 511/06) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) werden der Beschluss des LG Berlin vom 31.1.2008 insgesamt und der Beschluss des AG Schöneberg vom 10.10.2007 insoweit aufgehoben als zum Nachteil des Beteiligten zu 1) entschieden wurde.
II. Der Eintrag im Geburtenbuch des Standesamtes I in Berlin Nr. 2... ist dementsprechend dahingehend zu berichtigen, dass Familienname des Kindes J. A. :
C.
lautet und folgender Randvermerk aufzunehmen ist:
Vater des Kindes ist F. J. M. C.
Gründe
I. Der Beteiligten zu 1), der die französische Staatsangehörigkeit besitzt,) und die Beteiligte zu 2), die deutsche Staatsangehörige ist, sind die leiblichen Eltern des am 12.10.2002 nichtehelich geborenen Kindes J. A. Auf Erklärung der Mutter wurde am 14.10.2002 von dem beauftragten Standesbeamten der Stadt D.. (S.), Frankreich, eine Geburtsurkunde Nr. 0... für J. A. C. als Tochter der Beteiligten zu 1) und 2) erstellt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die entsprechende Geburtsurkunde nebst Übersetzung (Bl. 6/7 d.A.) Bezug genommen. Bereits zuvor hatten die Beteiligten zu 1) und 2) am 24.9.2002 durch Anerkennungsurkunde Nr. 0... (Anlage 9/Übersetzung Anlage 8) vor der beauftragten Standesbeamtin erklärt, "dass sie das Kind oder die Kinder, mit dem/denen I. S. S. nach eigenen Angaben derzeit schwanger ist, als ihr Kind oder ihre Kinder anerkennen, und dass sie über den teilbaren Charakter der nichtehelichen Abstammung unterrichtet sind".
Die Beteiligten zu 1) und 2) lebten zunächst in Frankreich zusammen. Zu einem nicht näher benannten Zeitpunkt kehrte die Beteiligte zu 2) nach Deutschland zurück. Hier fertigte sie am 17.11.2005 eine Geburtsanzeige, in der J. A. mit dem Familiennamen S. benannt wird. Das Vaterschaftsanerkenntnis erwähnte sie nicht. Der Oberbürgermeister der Stadt Potsdam ordnete am 30.11.2005 gem. § 41 (2,3) PStG die Beurkundung der Geburt an.
Hiergegen wandte sich der Beteiligte zu 1) mit einem Antrag gem. § 45 Abs. 1 PStG a.F., mit dem er beantragte, den Standesbeamten der Landeshauptstadt Potsdam anzuhalten, den Beteiligte zu 1) als Vater und als Familiennamen des Kindes den Namen "C." einzutragen bzw. durch den Standesbeamten in Berlin eintragen zu lassen.
Das AG Schöneberg hat den Antrag des Beteiligten zu 1) als Berichtigungsantrag gem. § 47 PStG ausgelegt und durch Beschluss vom 10.10.2007, auf den wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 209 - 215 d.A.), ausgesprochen, dass der Eintrag im Geburtenbuch des Standesamts I in Berlin Nr. 21/2006 durch Beischreibung eines Randvermerkes zu berichtigen ist: Vater des Kindes ist J. M. C. Der weitergehende Antrag wurde zurückgewiesen.
Gegen die Entscheidung des AG Schöneberg haben der Beteiligte zu 1) und die Beteiligte zu 3) sofortige Beschwerde eingelegt.
Das LG Berlin hat durch Beschluss vom 31.1.2008 auf die Beschwerde des Beteiligten zu 3), die Anträge des Beteiligten zu 1) - unter Zurückweisung dessen Beschwerde - insgesamt zurückgewiesen. Das LG war im Wesentlichen der Auffassung, dass nach dem maßgeblichen deutschen Recht kein wirksames Vaterschaftsanerkenntnis des Beteiligten zu 1) vorliege, da die gem. Art. 23 EGBGB erforderliche Zustimmungserklärung der Beteiligten zu 2) (§ 1595 Abs. 1 BGB) fehle. Die Namensführung des Kindes richte sich nach deutschem Recht, so dass bei gemeinsamer elterlicher Sorge nach § 1617 Abs. 1 Satz 1 BGB die Beteiligten zu 1) und 2) den Namen des Kindes zu bestimmen haben. Eine solche Bestimmung liege jedoch weder für den Namen "C." noch für den Namen "S." vor, so dass der Geburtseintrag zwar unrichtig sei, jedoch mangels Vorliegens der erforderlichen Bestimmung nicht korrigiert werden könne.
Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1).
Zwischen den Parteien ist - nach vorangegangenen gerichtlichen Verfahren in Frankreich und Deutschland - nicht streitig, dass ihnen gemeinsam die elterliche Sorge für ihre Tochter zusteht.
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist nach §§ 45 Abs. 1, 47 Abs. 1 und 2, 49 Abs. 1 PStG a.F. i.V.m. §§ 22, 27 Abs. 1, 29 Abs. 2 FGG zulässig.
Anzuwenden ist gem. Art. 111 Abs. 1 FGG-RG das Gesetz in der bis zum 31.8.2009 geltenden Fassung, weil das Verfahr...