Leitsatz (amtlich)

Zur (entsprechenden) Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO, wenn der Kläger Anlass zur Erhebung einer Unterlassungsklage gegeben hat, die jedoch aufgrund der bereits erfolgten (dem Kläger unbekannten) Verletzungshandlung schon im Zeitpunkt der Einreichung unbegründet war.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 28 O 249/18)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 19.07.2018 - 28 O 249/18 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gemäß §§ 269 Abs. 5 S. 1 und 2, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässig eingelegte sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das Landgericht hat der Antragsgegnerin nach Rücknahme der Verfügungsanträge durch den Antragsteller die Kosten des Verfügungsverfahrens zu Recht gemäß § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO auferlegt.

1) Der Antragsteller hat von der Antragsgegnerin Räume im Haus ... straße ... in ... Berlin zum Betrieb eines Friseursalons gemietet. Nachdem er anderweitig Kenntnis davon erlangt hatte, dass ab Juli 2018 ein weiterer Friseursalon in dem Haus eröffnet werden sollte - und zwar durch Frau H..., die unter "R... Hair" Harschnitte, Extensions, Haarfärbungen, Make Up und weitere Leistungen anbietet (s. Ausdruck der Internetseite in Anl. AS 4 und Preisliste auf t....de in Anl. AS 6) - bat er mit eMail vom 19.06.2018 an die Hausverwaltung um ein Gespräch zur Klärung der Lage, "bevor der Konkurrent die Räumlichkeiten nebenan bezieht", und ferner darum, den Mietvertragsabschluss (sollte er noch nicht erfolgt sein) zu unterlassen (AS 10). Am 22.06.2018 fand ein Gespräch statt, in dem der Hausverwalter erklärte, dass ein Gewerbemietvertrag mit Frau H... bereits unterzeichnet sei. Darüber, ob die Räume bereits an diese übergeben wurden, wurde nicht gesprochen.

Mit eMail vom 22.06.2018 bat der Antragsteller um schriftliche Zusicherung bis zum 26.06.2018, die Besitzüberlassung an Frau H... zu unterlassen, sowie den Mietvertrag mit ihr zeitnah wieder aufzulösen, und drohte anderenfalls gerichtliche Schritte an (AS 13). Mangels Reaktion der Antragsgegnerin ließ der Antragsteller die Antragsgegnerin mit Anwaltsschreiben vom 26.06.2018 zur Unterzeichnung einer beigefügten "Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung" (betreffend ein den Verfügungsanträgen zu 1 bis 3 entsprechendes Begehren), vorab per Fax bis 27.06.2018, 18.00 Uhr, auffordern (AS 14). Auch hierauf reagierte die Antragsgegnerin nicht.

Der Verfügungsantrag ging am 27.06.2018 um 18.51 Uhr bei Gericht ein. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 05.07.2018 dem Antrag auf Unterlassung des Abschlusses von Mietverträgen mit Friseurmeistern, Friseuren, Hair-Stylisten, Coloristen und Make-Up-Artists (Antrag zu 1) und Unterlassung der Besitzüberlassung, insbesondere durch Schlüsselübergabe an Frau H... (Antrag zu 2), stattgegeben und den Antrag auf "Unterlassung", den Gewerbemietvertrag mit Frau H... "aufrechtzuerhalten", mangels Erforderlichkeit zur vorläufigen Sicherung der Rechte des Antragstellers zurückgewiesen. Die Kosten hat es nach einem Wert von 30.000 EUR der Antragsgegnerin auferlegt.

In dem nach Widerspruch der Antragsgegnerin anberaumten Verhandlungstermin am 19.07.2018 hat der Antragsteller die noch anhängigen Verfügungsanträge zurückgenommen, nachdem die eidesstattliche Versicherung des Hausverwalters ... ... vom 17.07.2018 (Bl. 41 d.A.) vorgelegt worden war, wonach der Mietvertrag mit Frau H... am 25.05.2018 abgeschlossen wurde und die Räume an diese bereits am 30.05.2018 übergeben worden sind.

2) Auf dieser Tatsachengrundlage hat das Landgericht zutreffend entschieden, dass die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Voraussetzung dafür, dem Beklagten die Kosten nach Klagerücknahme gemäß § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO und damit in Abweichung von dem Grundsatz der prozessualen Kostentragungspflicht des Klägers nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO aufzuerlegen ist, dass der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen ist und die Kostentragungspflicht des Beklagten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands billigem Ermessen entspricht. So liegt es hier.

a) Es bestand Anlass zur Beantragung einer einstweiligen Verfügung. Maßgeblich ist insoweit, ob der Beklagte durch sein Verhalten Klageanlass "gegeben" hat (s. BGH NJW 2004, 1530 unter I.; Foerste in: Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., § 269 Rn. 13; s.a. BT-DrS 14/4722 S. 81), was der Fall ist, wenn der Kläger aufgrund des Verhaltens des Beklagten annehmen musste, dass er ohne Anrufung des Gerichts nicht zu seinem Recht kommt (s. Becker-Eberhard in: MüKo, ZPO, 5. Aufl., § 269 Rn. 59 und - zu § 93 ZPO - BGH NJW-RR 2004, 999 -juris Tz. 15 und NJW-RR 2005, 1005 -juris Tz. 5).

Die Antragsgegnerin hat nicht nur den vertragsimmanenten Anspruch des Antragstellers auf Konkurrenzschutz verletzt (s.u.), sondern auch die nach den Umständen mit hinreichender Frist versehenen vorgerichtlichen Aufforderungsschreiben vom 22. und 26.06.2018 ignoriert. Jedenfalls nach Ablauf der zuletzt gesetzten F...

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