Leitsatz (amtlich)
Eine Vorsorgevollmacht, die in erster Linie deshalb erteilt wird, damit der Vertreter geschäftsmäßig für den Vollmachtgeber in behördlichen und gerichtlichen Verfahren auftreten und dort Anträge stellen kann, ist wegen Verstoßes gegen das RBerG nichtig. Das hindert den Vollmachtgeber grundsätzlich aber nicht, Verfahrenshandlungen des Bevollmächtigten zu genehmigen.
Wird ein Gutachten zur Unterbringung des Betroffenen nur mündlich erteilt, so kann dies im weiteren Verfahren nur dann verwertet werden, wenn die Ausführungen des Sachverständigen in der Art und Weise aktenkundig gemacht werden, die den Anforderungen an ein schriftliches Gutachten entsprechen. Es muss der Untersuchungsbefund, aus dem der Sachverständige seine Diagnosen ableitet, im Einzelnen festgehalten und die Folgerungen aus den einzelnen Befundtatsachen auf die Diagnose oder die sonst gestellte Beweisfrage nachvollziehbar dargestellt werden.
Hat das Vormundschaftsgericht ein für die Entscheidung über eine Unterbringungsmaßnahme ausreichendes Gutachten nicht eingeholt und beantragt der Betroffene im Beschwerdeverfahren nach seiner Entlassung die Rechtswidrigkeit der Unterbringungsmaßnahme festzustellen, so kann der Verfahrensfehler nicht mehr geheilt werden.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 08.11.2005; Aktenzeichen 83 T XIV 73/05 L) |
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 50 XIV 86/05 L) |
Tenor
Der Beschluss des LG Berlin vom 8.11.2005 wird abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die durch das AG Tempelhof-Kreuzberg mit Beschluss vom 22.9.2005 angeordnete Unterbringung des Betroffenen rechtswidrig war.
Gründe
I. Die mit dem Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit der mit Beschluss des Vormundschaftsgerichts vom 22.9.2005 angeordneten Unterbringung eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, §§ 13 PsychKG, 70 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, 70g Abs. 3, 70m Abs. 1 S. 1, 22, 27, 29 FGG. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Das Rechtsschutzinteresse des Betroffenen ist nicht durch den Ablauf des Unterbringungszeitraums entfallen. Die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Unterbringungsmaßnahme ist möglich. Art. 19 Abs. 4 GG gebietet die Annahme eines Rechtsschutzinteresses in Fällen tief greifender Grundrechtseingriffe, in denen sich eine direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in den von der Verfahrensordnung gegebenen Instanzen kaum erlangen kann. Eine Unterbringungsmaßnahme ist ein tief greifender Grundrechtseingriff (vgl. BVerfG v. 10.5.1998 - 2 BvR 978/97, NJW 1998, 2432 ff.; BVerfG v. 5.12.2001 - 2 BvR 527/99, 2 BvR 1337/00, 2 BvR 1777/00, BVerfGE 104, 220 ff.). Vor Ablauf der bis zum 17.11.2005 angeordneten Unterbringung konnte die Betroffene auch keine Entscheidung durch den Senat als Gericht der weiteren Beschwerde erreichen (vgl. Senat, Beschl. v. 23.5.2000 - 1 W 2749/00, KGReport Berlin 2000, 279 = FGPrax 2000, 213 f.).
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist begründet.
1. Das LG hat ausgeführt: Die durch den Vorsorgebevollmächtigten eingelegte sofortige Beschwerde sei unzulässig, weil die zugrunde liegende Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam sei. Der Bevollmächtigte lasse sich in geschäftsmäßiger Art und Weise bestellen; er biete seine Dienste als Vorsorgebevollmächtigter im Internet gegen nicht unerhebliche Jahresgebühren im Rahmen eines "Rundum-Sorglos-Paket" an. Eine Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG besitze er hierfür nicht.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO. Die Erstbeschwerde ist nicht unzulässig gewesen.
a) Allerdings ist es zutreffend, dass ein durch einen Bevollmächtigten eingelegtes Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen ist, wenn es an einer wirksamen Vollmacht fehlt (GmS-OGB v. 17.4.1984 - GmS-OGB 2/83, MDR 1984, 732 = NJW 1984, 2149; Jansen, FGG, 2. Aufl., § 13, Rz. 40; § 21, Rz. 12). Es ist im Ergebnis auch nicht zu beanstanden, wenn das LG die Herrn T. erteilte Vollmacht wegen Verstoßes des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1, § 8 RBerG i.V.m. § 134 BGB als nichtig angesehen hat (vgl. hierzu OLG Schleswig, FGPrax 2006, 73; OLG Saarbrücken v. 7.2.2003 - 347/371 - OLG 200/03, FamRZ 2003, 1044; Ahrens, BtPrax 2005, 163).
Eine erlaubnispflichtige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten liegt vor, wenn eine geschäftsmäßige Tätigkeit darauf gerichtet und geeignet ist, konkrete fremde Rechtsangelegenheiten zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsangelegenheiten zu gestalten (BGH v. 11.11.2004 - I ZR 213/01, BGHReport 2005, 586 = MDR 2005, 703 = NJW 2005, 969, 970). Das ist dann der Fall, wenn eine Vollmacht in erster Linie deshalb erteilt wird, damit der Vertreter für Vollmachtgeber in behördlichen und gerichtlichen Verfahren auftreten und dort Anträge stellen kann. So ist es hier. Wie dem Senat aus mehreren anderen V...