Leitsatz (amtlich)

Die Neuregelung des § 234 Abs. 1 S. 2 ZPO, nach der im Wiedereinsetzungsverfahren die Frist zur Begründung der Berufung ein Monat beträgt, ist nach ihrem Wortsinne auszulegen (in Anlehnung an BAG, Beschl. v. 24.8.2005 - 2 AZB 20/05; entgegen OLG München, Beschl. v. 21.3.2006 - 1 U 4589/05).

Erfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Neuregelung bestehen nicht (entgegen BGH, Beschl. v. 9.7.2003 - XII ZB 147/02, BGHReport 2003, 1155 m. Anm. Deichfuß = MDR 2003, 1308, sub I.4.a).

Die Frist zur Begründung der Berufung beginnt nicht erst mit der Zustellung der Wiedereinsetzungsentscheidung über die Versäumung der Berufungsfrist (in Anlehnung an BGH, Beschl. v. 9.7.2003 - XII ZB 147/02, BGHReport 2003, 1155 m. Anm. Deichfuß = MDR 2003, 1308, sub. I.4.c), sondern bereits mit - auch formloser - Mitteilung der Prozesskostenhilfeentscheidung an die Partei, einem von ihr benannten Vertreter oder an den Prozessbevollmächtigten, wenn im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe zugleich ein Prozessbevollmächtigter beigeordnet wird (in Anlehnung an OLG Karlsruhe v. 27.8.2004 - 16 W 1/04, OLGReport Karlsruhe 2004, 552 f.; OLG München v. 14.10.2004 - 17 UF 1034/04, OLGReport München 2005, 214).

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 14.07.2005; Aktenzeichen 10 O 796/04)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 19.06.2007; Aktenzeichen XI ZB 40/06)

 

Tenor

1. Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 31.3.2006 gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 S. 2 ZPO wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 6.3.2006 gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird als unzulässig verworfen.

3. Die Berufung der Klägerin vom 6.3.2006 gegen das Urteil des LG Berlin vom 14.7.2005 - 10 O 796/04 - wird als unzulässig verworfen.

4. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

5. Der Berufungswert wird auf bis zu 35.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit am 22.8.2005 beim KG eingegangenem Schreiben vom 21.8.2005 hat die Klägerin beantragt, ihr Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung gegen das

ihrem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten am 22.7.2005 zugestellte Urteil des LG Berlin vom 14.7.2005 zu gewähren.

Mit Schriftsatz vom 2.2.2006, eingegangen bei Gericht am 3.2.2006, erklärte die Rechtsanwältin Dr. K. die Bereitschaft, die Klägerin im Fall der Bewilligung der Prozesskostenhilfe zu vertreten und bat um entsprechende Beiordnung.

Mit Beschl. v. 16.2.2006 hat der Senat der Antragstellerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Rechtsanwältin Dr. K. gewährt, soweit das LG in seinem Urteil die Anträge zu Nr. 1 und 2 abgewiesen hat. Im Übrigen hat es den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen.

Der Prozesskostenhilfebeschluss ist an die Antragstellerin am 17.2.2006 abgesandt worden. Zugleich ist dieser Beschluss der beigeordneten Rechtsanwältin am 22.2.2006 zugestellt worden.

Die Klägerin erteilte der beigeordneten Rechtsanwältin eine Prozessvollmacht, die vom 2.3.2006 datiert.

Mit Schriftsatz vom 6.3.2006, eingegangen bei Gericht am selben Tage, hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin Berufung eingelegt, soweit Prozesskostenhilfe bewilligt wurde und beantragte zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist. In demselben Schriftsatz beantragte sie die Frist für die Berufungsbegründung bis zum 7.4.2006 zu verlängern, ohne hierfür Gründe anzugeben.

Am 22.3.2006 hat eine Büroangestellte der Prozessbevollmächtigten auf der Geschäftsstelle des Senats telefonisch angefragt, ob die beantragte Fristverlängerung gewährt worden sei. Die Geschäftsstelle hat die Auskunft erteilt, dass sich kein entsprechender Vermerk in der Akte befindet.

Mit Verfügung vom 23.3.2006 hat der Berichterstatter in dieser Sache die Prozesssbevollmächtigte der Klägerin ohne Präjudiz für die Senatsauffassung darauf hingewiesen, dass Bedenken gegen die Gewährung der beantragten Fristverlängerung bestehen.

Mit Schriftsatz vom 31.3.2006, eingegangen bei Gericht am selben Tage, hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist gem. § 234 Abs. 1 S. 2 ZPO gestellt und die Berufung begründet.

Am 6.4.2006, der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 12.4.2006, hat der Senat der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gewährt.

Den Antrag auf Verlängerung der Frist zur Verlängerung der Berufungsbegründung, bei dem es sich der Sache nach um einen Antrag auf Verlängerung der Frist zur Nachholung der versäumten Prozesshandlung i.S.d. §§ 234 Abs. 1 S. 2 i.V.m. 236 Abs. 2 S. 2 ZPO handelt, hat der Senat mit Beschl. v. 27.5.2006 zurückgewiesen.

II.A. Die Berufung der Klägerin war gem. § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO zu verwerfen, da sie unzulässig ist.

Der Zulässigkeit der an sich statthaften und in der gesetzlichen Form eingelegten Berufung steht nicht e...

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