Leitsatz (amtlich)

Zumindest für den Antragsgegner ist auch im selbständigen Beweisverfahren die in das freie Ermessen des Gerichts gestellte Auswahl des Sachverständigen unanfechtbar.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 12.11.2004; Aktenzeichen 28 OH 2/02)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird bei einem Wert von 50.000 EUR auf Kosten der Antragsgegnerin zu 2) als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I. Das LG in Kammerbesetzung ordnete mit Beschl. v. 13.2.2002 die Einholung eines schriftlichen Gutachtens eines gerichtlichen Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren an und setzte den Verfahrenswert auf 204.516,75 EUR fest. Mit Anwaltsschreiben vom 28.10.2002 zeigte die Antragsgegnerin zu 2) ihre Verfahrensvertretung an. Mit Schriftsatz vom 13.3.2003 formulierte die Antragsgegnerin zu 2) ergänzende Fragen an den gerichtlichen Sachverständigen, die dieser mit Ergänzungsgutachten vom 30.5.2003 beantwortete, nachdem er hierzu durch Einzelrichterbeschluss vom 11.4.2003 beauftragt worden war. Mit Einzelrichterbeschluss vom 20.8.2003 wurde der gerichtliche Sachverständige gem. Antrag der Antragsgegnerin zu 2) vom 31.7.2003 zu einer weiteren Ergänzung seines Gutachtens aufgefordert. Dieses Ergänzungsgutachten übersandte der Sachverständige mit Schreiben vom 8.7.2004. Mit Schriftsatz vom 13.9.2004 nahm die Antragsgegnerin zu 2) zu dem zweiten Ergänzungsgutachten Stellung, was zu der schriftlichen Stellungnahme des Sachverständigen vom 5.10.2004 führte. Dem Antrag der Antragsgegnerin zu 2) vom 13.9.2004, den Sachverständigen von seiner Aufgabe zu entbinden, trat die Antragsgegnerin zu 1) mit Schriftsatz vom 6.10.2004 entgegen. Inzwischen war ein Streithelfer dem Verfahren auf Seiten des Antragstellers beigetreten. Mit Schriftsatz vom 4.11.2004 bemängelte die Antragsgegnerin zu 2) die Sachkunde des Sachverständigen, dem trat der Sachverständige mit Schreiben vom 10.11.2004 entgegen. Mit Einzelrichterbeschluss vom 12.11.2004 wies die Einzelrichterin den vom 13.9.2004 datierenden Antrag der Antragsgegnerin zu 2), den Sachverständigen den von ihm erteilten Gutachtenauftrag zu entbinden, zurück. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 2), der die Einzelrichterin mit Beschl. v. 10.12.2004 nicht abgeholfen hat. Die Antragsgegnerin zu 2) ist vom Senat auf die Bedenken gegen die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde hingewiesen worden und hat daraufhin die Auffassung vertreten, dass der Ausschluss des § 355 Abs. 2 ZPO nicht für das selbständige Beweisverfahren gelte, weil es sonst kein Rechtsmittel gegen die Auswahl des Sachverständigen gäbe, vielmehr sei die Regel des § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO anzuwenden.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin zu 2), die sich gegen einen Einzelrichtebeschluss wendet und daher gem. § 568 ZPO im Beschwerdeverfahren durch den Einzelrichter zu bearbeitet wird, ist unzulässig. Zumindest für den Antragsgegner ist auch im selbständigen Beweisverfahren die in das freie Ermessen des Gerichts gestellte Auswahl des Sachverständigen durch das Gericht unanfechtbar. Die sofortige Beschwerde gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der LG ist gem. § 567 Abs. 1 Nr. 1 statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist. Dieser Fall liegt hier nicht vor. Im Gegenteil hat das Gesetz in mehreren Bestimmungen das Rechtsmittel ausdrücklich ausgeschlossen. Die Statthaftigkeit des Rechtsmittels kann auch nicht auf § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO gestützt werden. Denn § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO eröffnet keine Rechtsmittelmöglichkeit gegen die Ablehnung von Verfahrensanordnungen, wenn diese im freien Ermessen des Gerichts stehen und einen Antrag nicht erfordern (Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 567 Rz. 35). Das muss erst recht gelten, wenn das Gesetz die sofortige Beschwerde ausdrücklich ausschließt, wie es etwa für den Beweisbeschluss (§ 355 Abs. 2 ZPO) bestimmt ist (Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 567 Rz. 35).

Nach § 492 erfolgt die Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren nach den für die Aufnahme des betreffenden Beweismittels überhaupt geltenden Vorschriften, hier also nach den Vorschriften über den Sachverständigenbeweis. Nach § 404 Abs. 1 ZPO erfolgt die Auswahl der zuzuziehenden Sachverständigen durch das Prozessgericht. Auch bei diesen Auswahlentscheidungen handelt es sich um Beweisbeschlüsse. Gemäß § 355 Abs. 2 findet grundsätzlich eine Anfechtung des Beschlusses, durch den die eine oder die andere Art der Beweisaufnahme angeordnet wird, nicht statt.

Gegen die Zulässigkeit des Rechtsmittels mindestens für den Antragsgegner spricht zusätzlich die ausdrückliche Vorschrift des § 490 Abs. 2 S. 2 ZPO. Der Gesetzgeber sieht das selbständige Beweisverfahren offensichtlich für eilbedürftig an. Deshalb bestimmt er in § 490 Abs. 2 ZPO, dass der einer Beweisaufnahme stattgebende Beschluss nicht anfechtbar ist. Diese Bestimmung ist keineswegs auf den Antragsteller zu begrenzen. Die Vorschrift wäre sinnlos und würde der Eilbedürftigkeit des selbständigen Beweisverfa...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge