Entscheidungsstichwort (Thema)
§ 37a WpHG erfasst auch etwaige konkurrierende Deliktsansprüche
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 09.10.2003; Aktenzeichen 21 O 118/03) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 9.10.2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 21 des LG Berlin - 21 O 118/03 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil des LG Berlin Bezug genommen.
Der Kläger verlangt mit der Berufung nunmehr in erster Linie die Zahlung von 49.266,59 Euro Zug um Zug gegen Rückgabe der Wertpapiere des Depots mit der Nr. ... . Das LG sei unzutreffend von der Verjährung der Schadensersatzansprüche ausgegangen, wobei es insoweit zutreffend ein Beratungsverschulden der Beklagten angenommen habe. Das LG habe nicht gewürdigt, dass die Pflichten der Beklagten aus dem Beratungsverhältnis nicht am 8.2.2000 endeten oder sich in der Anlageempfehlung erschöpften. Auf Grund des nach Ansicht des Klägers bedingt vorsätzlichen Verhaltens der Beklagten hätte diese der Zedentin einen Warnhinweis geben müssen, als die negative Kursentwicklung absehbar gewesen sei. Dies hätte dann deutlich nach Februar 2000 der Fall sein müssen. Der sich aus dem pflichtwidrig unterlassenen Warnhinweis ergebende Schadensersatzanspruch sei somit ersichtlich nicht verjährt. Nicht berücksichtigt habe das LG, dass am 8.2.2000 noch kein Schaden eingetreten sei. Es könne von dem Kläger nicht verlangt werden, einen fiktiven oder gar nur theoretischen Schaden zu einem bestimmten Zeitpunkt zu berechnen. Das LG habe sich nicht mit dem Argument auseinander gesetzt, dass der Sekundäranspruch erst zu einem späteren Zeitpunkt beginne.
Weiterhin habe das LG die Verjährungsvorschrift des § 37a WpHG fehlinterpretiert. Es habe darauf abgestellt, dass es für den Beginn der Verjährung nicht auf die Kenntnis des Anlegers vom Schadenseintritt ankomme. Nach dem Wortlaut der Vorschrift setze diese andererseits auch nicht die Unkenntnis des Anlegers voraus. Dem LG sei ferner nicht darin zu folgen, dass die Regelung des § 37a WpHG auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung erlasse. Es wäre widersinnig, den unerlaubt Handelnden allein deshalb besser zu stellen, weil ein Vertrag bestehe. Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass die Mitarbeiter der Beklagten angewiesen seien, aus Provisionsgründen die risikoreicheren Anlagevarianten zu empfehlen. Das rechtfertige die Annahme, dass der Anlageberater mindestens bedingt vorsätzlich gehandelt habe.
Schließlich habe das LG das Schreiben der Beklagten vom 5.2.2001 unzureichend gewürdigt. Dieses sei aus der Sicht des Empfängers auszulegen. Danach hätte die Zedentin das Schreiben als Anzeige der Bereitschaft der Beklagten verstehen dürfen, sich in Vergleichsverhandlungen zu begeben. Die eingangs des Schreibens erfolgte Zurückweisung von Ansprüchen sei lediglich "formelhaft", weil die Beklagte den Anschein eines Anerkenntnisses habe vermeiden wollen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des LG Berlin vom 9.10.2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 49.266,59 Euro nebst 5 % Zinsen seit dem 8.2.2000 zu zahlen Zug-um-Zug gegen Übertragung der mit dem vorerwähnten Anlagebetrag erworbenen Wertpapiere des Depots mit der Nr. ...; hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, an ihn 24.771,52 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (25.3.2003) zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.
II. Die zulässige, insb. form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat im Endergebnis keinen Erfolg, weil ein etwaiger (abgetretener) Schadensersatzanspruch des Klägers verjährt ist.
1. Es ist dem Grunde nach aber davon auszugehen, dass der Kläger einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus pVV oder aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG wegen Verletzung von Beratungspflichten schlüssig dargetan hat. Inhalt und Umfang von Aufklärungspflichten sowie die Form ihrer Erfüllung hängen nicht nur vom Anleger, insb. seiner Aufklärungsbedürftigkeit, und vom Anlageobjekt, insb. seinen spezifischen Risiken, ab, sondern auch vom Partner des Anlegers, also der Bank, und ihrem Verhalten. Nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG, der auch anlegerschützende Funktion und damit Bedeutung für Inhalt und Umfang der (vor-)vertraglichen Aufklärungspflicht hat, sind Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichtet, ihren Kunden alle zweckdienlichen Informationen mitzuteilen, soweit dies zur Wahrung der Interessen der Kunden und im Hinblick auf Art und Umfang der beabsichtigten ...