Leitsatz (amtlich)
1. Öffentlich-rechtliche Nutzungsbeschränkungen berechtigen den Gewerberaummieter nicht zur Minderung, wenn der Mieter in seinem vertragsgemäßen Gebrauch mangels Einschreiten der Behörde nicht tatsächlich eingeschränkt ist (std. Rechtsprechung des BGH; s. z.B. BGH NJW-RR 2014,264).
2. Beruht der Mangel der Mietsache (hier: fehlende Genehmigungsfähigkeit von Umbaumaßnahmen des Mieters für die Eröffnung eines Ladengeschäfts) sowohl auf vom Vermieter als auch vom Mieter zu vertretenden Umständen ist die Miete um 50 % gemindert.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 14.04.2021; Aktenzeichen 31 O 126/21) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 14. April 2021 verkündete Urteil der Zivilkammer 31 des Landgerichts Berlin - 31 O 126/21 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.960,97 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03. März 2020 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in Höhe von 5.261,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.600,50 EUR seit dem 06. April 2019 und aus je 1.455,00 EUR seit dem 06. Mai und 06. Juni 2019 und aus 750,96 EUR seit dem 07. Juli 2019 in der Hauptsache erledigt ist.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an den Beklagten 6.640,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.02.2020 zu zahlen.
5. Auf die in der Berufungsinstanz erweiterte Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an den Beklagten 3.738,54 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.04.2022 zu zahlen.
6. Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Klägerin und die Berufung des Beklagten werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 37 % und der Beklagte 63 % zu tragen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 40 % und der Beklagte 60 % zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten des Streithelfers haben die Klägerin 40 % und der Streithelfer 60 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Berufungen beider Parteien richten sich gegen das am 14. April 2021 verkündete Urteil der Zivilkammer 31 des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.
Die Klägerin trägt zur Begründung der Berufung vor:
1. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei die Mietsache nicht mit einem Sachmangel behaftet gewesen. Das Landgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass die Klägerin den über der Durchfahrt gelegenen Raum (mit einer als Büro nicht geeigneten Deckenhöhe) als Büro vermietet habe. Soweit das Landgericht dies aus dem Exposé des Maklers herleite, verkenne es, dass die Klägerin nicht für Falschangaben des Maklers hafte. Auch aus dem Übergabeprotokoll könne dies nicht geschlossen werden, weil das Übergabeprotokoll nur eine Dokumentation der bei der Übergabe vorgefundenen tatsächlichen Gegebenheiten sei und dies nicht zur Erweiterung der zuvor getroffenen vertraglichen Vereinbarungen führe.
Nach dem Mietvertrag seien Geschäftsräume im Vorderhaus Erdgeschoss vermietet. Der im Exposé sowie im Übergabeprotokoll als Büroraum bezeichnete Raum befinde sich jedoch nicht im Erdgeschoss.
Nach dem Versagungsbescheid der Behörde sei nicht generell die Nutzung der Mieträume als "Ladengeschäft mit Verkaufsraum, Kiosk" versagt worden. Die Versagung sei allein wegen der vom Beklagten geplanten Abrissarbeiten erfolgt: nämlich wegen des Abrisses der linken Trennwand unter Herstellung eines größeren Durchbruchs in der rechten Trennwand, welches das Denkmal in seinen schützenswerten Bestandteilen wesentlich beeinträchtigt hätte. Die Genehmigungsfähigkeit sei nicht daran gescheitert, dass der oberhalb der Durchfahrt gelegene Raum die Anforderungen an einen Büroraum nicht erfülle.
2. Für die Zeit nach Rückgabe der Mieträume am 16.07.2019 stünde der Klägerin Anspruch auf Nutzungsentschädigung und für den Zeitraum danach Mietausfallschaden zu. Der Beklagte sei mit den Mietzahlungen für April und Mai 2019 in Verzug gewesen, so dass die Klägerin das Mietverhältnis außerordentlich hätte kündigen können und Mietausfall bis zur vereinbarten festen Mietzeit maximal bis zu einer vorzeitigen Neuvermietung verlangen könne. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei die Klägerin nicht zur Darlegung verpflichtet gewesen, dass sie einen neuen Mieter hätte finden können. Die Klägerin sei zudem ihrer Schadensminderungspflicht nachgekommen, indem sie die Verwaltung, die Fa. F ..., mit der Neuvermietung beauftra...