Leitsatz (amtlich)
Ist das Bestehen einer Vollkasko-Versicherung unstreitig und macht der Beklagte geltend, die Ansprüche des Klägers wegen Beschädigung seines Pkw seien nach § 67 VVG auf den Vollkasko-Versicherer übergegangen, so trifft den Beklagten dafür die Beweislast.
Fährt der Führer eines Polizeifahrzeuges nur mit Blaulicht - ohne Einsatzhorn - in eine durch Rotlicht gesperrte Kreuzung ein, bewirkt dies kein Wegerecht und die Verkehrsteilnehmer aus dem durch grünes Ampellicht freigegebenen Querverkehr sind rechtlich nicht gehalten, gem. § 38 Abs. 1 S. 2 StVO freie Bahn zu schaffen.
Zwingt der Fahrer des Polizeifahrzeuges durch eine solche Fahrweise die Verkehrsteilnehmer des Querverkehrs zum Bremsen, haftet sein Dienstherr für den Frontschaden des dritten Fahrzeugs (Kläger), das auf das zweite Fahrzeug auffährt, nachdem dieses eine Vollbremsung vollzogen hatte im Hinblick auf das starke Abbremsen des ersten Fahrzeuges.
Diese Haftung kann allerdings gem. § 17 Abs. 1 StVG wegen Mitverschuldens des auffahrenden Klägers auf 50 % beschränkt sein, wenn dieser den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis nicht erschüttert.
Die allgemeine Unkostenpauschale kann mit 20 EUR bemessen werden (§ 287 ZPO).
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 21.01.2004; Aktenzeichen 24 O 558/02) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird das am 21.1.2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 24 des LG Berlin - 24 O 558/02 - teilweise abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.586,69 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.6.2000 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat die durch seine Säumnis entstandenen Kosten der ersten Instanz zu tragen. Die weiteren Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger und der Beklagte zu je ½ zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
I. Entgegen der Ansicht des LG ist der Kläger aktivlegitimiert. Der Beklagte hat nicht dargelegt, dass bzw. in welchem Umfang die streitgegenständlichen Ansprüche gem. § 67 VVG auf den Vollkasko-Versicherer übergegangen sind. Ist nämlich das Bestehen einer Vollkasko-Versicherung unstreitig und macht der Beklagte geltend, die Ansprüche des Klägers wegen Beschädigung seines Pkw seien nach § 67 VVG auf den Vollkasko-Versicherer übergegangen, so trifft den Beklagten dafür die Beweislast (KG v. 6.12.2004 - 12 U 28/04, KGReport 2005, 151).
II. Der Kläger kann von dem beklagten Land gem. §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 839 BGB, Art. 34 GG, § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 PflVersG seinen unfallbedingten Schaden aus dem Verkehrsunfall am 11.12.1999 auf der Kreuzung Louis-Lewin-Straße/Landstraße 33 (Berliner Straße) in Hönow nach einer Quote von ½ verlangen kann, während die Mithaftung des Klägers aufgrund eigener Unaufmerksamkeit gem. § 7 Abs. 1 StVG, § 823 BGB mit ½ zu bemessen ist (§ 17 Abs. 1 StVG).
a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht aufgrund der glaubhaften Aussage des glaubwürdigen Zeugen B. zur Überzeugung des Senats fest, dass der Fahrer des Einsatzfahrzeuges bei Rotlicht in die Kreuzung bis in den Bereich der vom Kläger benutzte Fahrbahn eingefahren ist, ohne zuvor das Sondersignal Martinshorn in Betrieb gesetzt zu haben. Anhaltspunkte, aus denen an der Richtigkeit dieser ausführlichen und detaillierten Aussage gezweifelt werden könnte, sind nicht ersichtlich. Die Aussagen der Polizeibeamten H., S. und L. stehen dem nicht entgegen, da diese Zeugen sich an den Vorfall nicht mehr erinnern können. Die Zeuginnen A.B. und K.B. haben wiederum übereinstimmend bekundet, vor dem Unfall ein Martinshorn nicht wahrgenommen zu haben.
Mithin steht fest, dass der Fahrer des Einsatzfahrzeuges gegen die ihm obliegende Amtspflicht verstoßen hat, wegen der für seine Fahrtrichtung rotes Licht abstrahlenden Lichtzeichensignalanlage vor der Kreuzung anzuhalten (§ 37 Abs. 2 Nr. 1 StVO) und dem Kläger sowie den beiden vor dem Kläger fahrenden Fahrzeugen die Vorfahrt zu gewähren, die bei grünem Ampellicht in die Kreuzung eingefahren waren. Der Fahrer des Polizeifahrzeuges war von der Beachtung des Vorrechts anderer Verkehrsteilnehmer nicht aufgrund eines ihm nach §§ 35, 38 StVO zustehenden Sonderrechts befreit. Denn das Sonderrecht mit dem Gebot, nach § 38 Abs. 1 S. 2 StVO freie Bahn zu schaffen, darf der Fahrer eines Einsatzfahrzeuges nur in Anspruch nehmen, wenn er beide Sondersignale, also Blaulicht und Martinshorn in Betrieb gesetzt hatte (BGHZ 63, 327 = NJW 1975, 648 = VersR 1975, 380 = DAR 1975, 111; KG VerkMitt 1981, 95; VersR 1987, 833; VRS 1970, 432). Sind beide Sondersignale ausgelöst, ist das Sonderrecht von den anderen Verkehrsteilnehmern sofort und unbedingt ohne Prüfung des Wegerechts zu beachten (Senat, MDR 1997, 1121 = VerkMitt 1998, 14 Nr. 19; VerkMitt 1998, 90 Nr. 111). Das Blaulicht allein begründet indessen keinen Vorrang i.S.d. § 38 Abs. 1 StVO (freie Bahn), sondern darf nur als Warnzeichen an Unfall oder sonstigen Eins...